GRENZENLOS II WINCENT WEISS

Presse

„Also, was ist es dann?", fordere ich Wincent auf und verschränke meine Arme. Das Ganze wirkt noch strenger, weil er zusammengekauert auf dem Bett sitzt und ich vor ihm stehe. „Kannst du mich bitte nicht so ansehen?", entgegnet er mir traurig und will mich an den Beinen zu ihm ziehen, doch ich bleibe vorerst hartnäckig, „Katy, bitte. Wenn du mich so ansiehst.. so als wäre da nichts zwischen uns.. bricht ein Teil in mir." 

Ich seufze lange. Wieso muss er sich jetzt so verletzlich zeigen? Da werde ich doch gleich schwach und will ihn am liebsten in den Arm nehmen. „Um was geht es dir denn jetzt?", frage ich also nach wie vor aber etwas sanfter. „Kev hat Recht. Sonst war mir das auch nicht wichtig, ob du mit den Jungs in einem Bett liegst. Gut, etwas stresst es mich schon, wenn sie dich ansehen, aber ich kann bei dir auch nicht wegsehen und sie sind immerhin meine Freunde und ich vertraue euch." 

„Aber?" „Ich will nicht selbstmitleidig klingen, aber.. Ich frage mich einfach manchmal, ob ich überhaupt gut genug bin für das alles.. für dich." „Wince, wie kommst du auf so einen Blödsinn?", frage ich ihn schockiert. Ich wusste, dass ihn der überraschende und stets steigende Erfolg ohne Pausen zu schaffen macht, aber nicht, dass er dadurch ein Problem auf ihn und mich projiziert. „Das hat man doch gerade gesehen wie ich mit dir umgegangen bin.. Katy, ich.. hab einfach Angst, dass dich ein anderer irgendwann glücklicher macht und dir mehr bieten kann. Ich weiß was zwischen uns ist, aber ein anderer wäre nicht so schlecht drauf wie ich." 

„Schatz, das ist nur eine Phase. Du bist nicht gut drauf, aber das hat nichts mit unserer Beziehung zu tun. Wenn wir wieder zuhause sind, gehst du nochmal zur Therapeutin, okay? Ich geh auch mit, wenn dir das hilft", bitte ich ihn und gehe in die Knie, um ihm direkt ins Gesicht sehen zu können und seine Hände in meine zu nehmen, „Und denke bitte ja nie, dass es jemanden geben könnte, der mich glücklicher machen würde. Es nicht immer leicht, vor allem nicht bei unserem Beruf, aber das wäre es auch mit einem anderen Mann an meiner Seite nicht." „Tut mir leid, dass ich es an euch ausgeslassen hab", murmelt Wincent leise und lächelt mich dann schwach an, „Und etwas eifersüchtig war ich auch." 

„Ist okay, aber sag das bitte einfach nächstes Mal direkt, okay?" „Versprochen. Aber.. über was hast du gestern mit Leo telefoniert? Es klang ziemlich geheimnisvoll." „Ich hatte gehofft, dass du das nicht mehr erwähnst", lache ich leicht, „Du sollst auch noch nicht wissen um was es geht, aber ich verspreche dir, dass ich es dir bald sagen werde. Vertraust du mir?" „Ja", nickt Wincent sofort und ich lächle ihn erleichert an. „Dann wird es umso schöner, wenn ich dich einweihe. Gehen wir dann heute noch zum Schloss?" „Wenn die Jungs mich noch ertragen." „Wenn ich dich ertrage, dann die Jungs erst Recht", scherze ich und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.

„Hey, Jungs. Habt ihr noch Lust auf die Tour?", frage ich Kevin und Fabi vorsichtig, „Wincent hat sich beruhigt. Da hat mehr dahinter gesteckt. Erklärt er euch auch noch." „Wenn ich nicht gleich verprügelt werde, wenn ich mit dir rede", scherzt Fabi, sieht aber tatsächlich etwas besorgt aus. „Keine Sorge, Fabs. Es ist wirklich okay." „War ja auch Blödsinn deswegen so zu reagieren", hilft mir Kevin und Fabi nickt schließlich und endlich machen wir uns fertig, um dann unseren Plan umzusetzen.

Der Ausflug zum Schloss Schönbrunn war insgesamt auch gelungen. Zwischenzeitlich wurden wir mal erkannt und haben dann Bilder mit den Fans gemacht, aber genau so wie es war, war es sehr angenehm. Zu Beginn haben wir uns auch das Gebäude mit samt seiner Geschichte genau angeschaut und Fabi und ich haben versucht so viel Info wie wir noch wussten an Wincent und Kevin weiterzugeben. Vor zwei Jahren war ich mal mit Raf hier, aber das hatte ich schon fast wieder alles vergessen und außerdem waren ihm die Fakten auch nicht sonderlich wichtig. Damals war Fünfhaus die Hauptattraktion. 

Als wir uns am Schloss satt gesehen haben, sind wir uns einig, dass wir zurück in die Stadt gehen und in ein Restaurant besuchen sollten. Den ganzen Weg gehen wir zu Fuß, weil wir ohnehin nicht viel Sport gemacht haben in letzter Zeit. Fabi und Kevin reden vorne über die neue Tonspur, die sie aufnehmen wollen, wenn alle da sind. Da nutzt Wincent die Gelegenheit und legt seinen Arm um mich, doch ich reagiere ziemlich schnell und mache ich aus seinem Griff los. „Alles okay?", wundert er sich berechtigterweise. „Ja, ich brauch nur noch etwas bis ich die Normalität wieder so mag", erkläre ich ihm, obwohl er das bereits weiß. Auch wenn er es nicht so gemeint und sich entschuldigt hat, saßen seine Worte noch tief und ich würde heute definitiv nicht kuscheln oder sonst was machen wollen. Wincent entschuldigt sich wieder, aber ich winke nur ab. „Wir haben's doch geklärt."

„Was ist los?", frage ich Kevin besorgt, als wir im Restaurant sitzen und er mit Blick in sein Handy die Stirn runzelt. „Wird dir aber nicht gefallen", warnt er mich vor also muss es sich wohl um einen Artikel über mich handeln, „‚Ist die Beziehung zwischen Kathleen Griffey und Wincent Weiss schon wieder zerbrochen? Die beiden Musiker haben sich erst vor kurzem wieder angenähert und scheinen auch schnell zusammen gezogen zu sein, wir berichteten. Am Vorabend wurde die Sängerin, die zuletzt in Kreisen der Deutschrap-Szene verkehrte, mit keinem geringeren als Fabian Wegerer gesehen. Der Österreicher ist ein guter Freund und Kollege von ihrem eigentlichen Partner Wincent Weiss. Wie gut die beiden noch befreundet sind, nachdem sie eng umschlungen in einem Wiener Club erwischt wurden, ist noch unklar.'" 

Kevin hält uns noch sein Handy vor die Nase und zeigt uns das Bild, um das es sich handelt. Ich seufze frustriert, als ich feststelle, dass das Bild nicht einmal Grund zur Spekulation gibt. Fabi hatte einfach seinen Arm um meine Schulter gelegt, als wir Getränke bestellt haben. Ganz tolle, journalistische Leistung mal wieder.. „Wincent?" Fabi wirft ihm einen fragenden Blick zu. „So ein dummer Artikel, echt. Macht euch da nichts draus, wir kennen ja die Wahrheit", meint Kevin gleich beruhigend, doch Wincent schmunzelt belustigt. 

„Wenn die wüssten, dass ich euch zusammen im Bett erwischt hab", scherzt er zum Glück nur und ich lege meine Hand auf seine und bin froh, dass er es jetzt locker nimmt, „Ich mach mal eine Story dazu, dass die Fans gleich Bescheid wissen." „Oh ja, gute Idee", nicke ich und tue es ihm schnell gleich, indem ich in der Story meine Zuschauer darüber aufkläre, was wir hier machen und wieso der Artikel nicht richtig ist. Dann lade ich noch zwei Bilder von gestern hoch und lege mein Handy entspannt wieder weg. „Auf die Presse und ihre sinnlos vergeudete Zeit", lacht Kevin und wir stoßen alle darauf an. So hatte ich mir die Zeit in Wien vorgestellt.