⁎ 24.10.2021 ⁎ Erste Seite der 1. Rohfassung

146 27 32
                                    

(Rohfassung: Schreiben ohne inneren Kritiker)

--------

„Diesmal muss es klappen, Sardia. Wir haben keine Zeit mehr."

Die Stimme ihres Vaters war hart wie der kühle Boden der unterirdischen Arena. Mit einem faustdicken Klos im Hals nickte sie und sah zu Boden. Trotz der Schutzkleidung war ihr kalt bis in die Knochen. Ein grobe Hand packte ihre Schulter. „Aufrecht. Wie oft habe ich es dir gesagt? So wird er dich nicht einmal eines Blickes würdigen." Sein Griff tat weh. Sardias Lippe zitterte, doch sie drückte ihre Brust heraus und richtete sich auf soweit sie konnte. Ihr Vater trat vor sie und sah prüfend auf das kleine, rundliche Mädchen hinab. Sardia wandte den Blick ab, als sich das grelle Licht der Arena gleisend in den Knöpfen seines makellosen Anzugs spiegelte.

Sie hörte ein tiefes, brummendes Seufzen, bevor er zur Seite trat und ihr mit verschränkten Armen bedeutete, anzufangen. Mit stocksteifen Beinen stolzierte sie über den rauen Sandstein und versuchte, mit knirschenden Zähnen die Bilder ihres letzten Versuchs zu verdrängen. Positiv denken, sagte sie sich. Doch es funktionierte nicht.

Ihre Hand schloss sich noch enger um den Griff ihres Schwertbogens und sie widerstand dem Drang, sich sofort hinter den Schutzplatten zu verkriechen. Stattdessen atmete sie ein und aus wie ein rostendes Ofenrohr und räusperte sich. „Kann losgehen." Sardia wäre am liebsten im Erdboden versunken beim Klang ihrer eigenen piepsigen Stimme.

Der gewaltige Raum wurde von einem dumpfen Dröhnen erfüllt. Auf der gegenüberliegenden Seite öffnete sich ein massives Tor und wenige Augenblicke später klaffte ein tiefschwarzes Loch in der elfenbeinfarbenen Wand.

Sardias Mund war staubtrocken. Ihr eigener Schweißgeruch stieg ihr in die Nase, ihre Nackenhaare stellten sich auf.

Der erste Impuls.

Keuchend ging sie in die Knie, unwillkürlich entwich ihr ein Wimmern. Die Luft summte vor Energie, ein schrilles Pfeifen durchbohrte ihr Trommelfell. Während Sardia sich zurück auf die Beine kämpfte, spürte sie etwas Nasses ihre Wange hinablaufen. Tränen.

Ein Umrisss zeichnete sich im Katakombentunnel ab. Selbst über diese Distanz brannte Sardias Stirn von der mächtigen Präsenz, die sich ihren Weg in die Arena bahnte.

Sardia blickte hilfesuchend über die Schulter, doch ihr Vater war bereits aus der Arena verschwunden und stand weit entfernt auf dem Aussichtsbalkon, seine langwüchsige Gestalt starr und still. Keine Anstalten, seiner Tochter zu helfen.

Hektisch wandte sie sich wieder dem Tor zu. Bedrohlich langsam trat die schemenhafte Gestalt aus der Dunkelheit, ein massiger Körper verdrängte Schritt für Schritt die zaghafte Aura, die Sardia mit größter Anstrengung aufgebaut hatte. Geradezu mühelos zerbrach er ihre Konzentration, ließ ihre Präsenz zerbröseln wie trockenes Laub. Verunsichert und mit einem weiteren Blick über die Schulter machte sie einen Schritt rückwärts.

Augen, lodern gelb, hielten sie fixiert. Sie wich noch einen Schritt zurück. „Sardia, wappnen! Geradestehen!", bellte die schneidende Stimme ihres Vaters und sofort stemmte sie ihre Beine in den Boden. Hob den Schwertbogen höher und reckte das Kinn. Ihr Gegenüber verharrte nun ebenfalls, sein gewaltiger Kopf auf ihrer Augenhöhe.

Das Mädchen und [Spoiler]standen sich gegenüber.

Nach einer gefühlten Ewigkeit gelang es ihr, Worte zu formulieren. „Ich möchte ein Band mit dir....", fiepste sie und verstummte jäh, als sich ihre Stimme grausam schrill überschlug. Wütend presste sie ihre Lippen zusammen. Sie waren trocken wie Sandpapier. Mit geballten Fäusten presste sie hervor: „Ich möchte ein Band mit dir formen. Ich werde dich verwandeln und dann..."

Der zweite Impuls. Sardia schrie gequält auf und schlug ihre Hände auf die Ohren. Der Bogen landete mit einem stumpfen Laut auf dem Boden. Ein stechender Schmerz zog sich scharf wie ein Blitz durch ihre Stirn und schwoll in ihren Ohren an. Das Pfeifen wurde zu einer jaulenden Sirene, ihr Nacken ächzte unter dem plötzlich gestiegenen Luftdruck.

Mich verwandeln? Du?

Ein Schatten fiel auf ihre zusammengekrümmte Gestalt. Sie hielt vor Schmerzen winselnd die Luft an, ihr Körper fühlte sich an wie Stein. Das schneeweiße Raubtier schob seine Schnauze dicht an ihr Gesicht. Zahlreiche Narben zogen sich durch das feine Fell, sein Blick war voller rasender Wut und Verachtung.

Sag mir, Mädchen. Gibt es auch nur einen einzigen Grund, dich nicht sofort in Fetzen zu reißen? Nachdem, was ihr mir angetan habt?

Seine Zunge fuhr zwischen seine gebleckten Reißzähne und von seinem Zahnfleisch tropfte Speichel.

Sardias Hand fischte für den Bruchteil einer Sekunde nach ihrem Bogen, kurz dachte sie an die Dolche an ihrem Unterarm, doch die Luft wummerte so übermächtig, dass sie vollkommen die Orientierung verlor. „Es... ich... wenn wir ein Band... es... es tut mir leid... ich..." Sie verlor vollständig die Beherrschung. Aus der ehrenvollen, stolzen Erbin des Vizekanzlers wurde ein panisches, 14 jähriges Mädchen, das nur noch ein Ziel hatte: Überleben.

Na dann, komm. Verwandle mich. 


------

Ich freue mich über konstruktives Feedback und alle anderen Formen davon! <3

Danke!

Mein (Schreib- und Mal-) Tagebuch  | Mein Weg zum Leben als Autorin & KünstlerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt