7 - Verrat oder Freundschaft?

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Noch immer hallen diese Worte in ihrem Kopf wider. Dieses Angebot ist ja doch sehr verlockend.
Es ist zu verlockend.

Ihre Gedanken schweifen zu Anni und Amy zurück.
An die Erlebnisse mit den beiden, was sie schon gemeinsam durchgestanden haben. Wie oft sie sich aus gefährlichen Situationen herausgeholt haben, Drachen, Pflanzen und Wikinger kennenlernten. Und vor allem das gegenseitige Vertrauen.
Sie vertrauen ihr, obwohl sie manche Dinge verschweigt. Sie vertrauen ihr so sehr, das sie nicht einmal nachfragen, wohin sie immer wieder mal verschwindet.
Schleichend kommt das schlechte Gewissen in ihr hoch, versuchend, ihre Gedanken einzunehmen. Ein Teil von ihr könnte es einfach nicht übers Herz bringen, auch wenn sie ihnen einiges sowieso nicht erzählt, so fühlt es sich dennoch falsch an.

Und doch erhält sie dadurch die Chance, mehr über ihre Vergangenheit zu erfahren.
Stumm sieht sie aus dem Augenwinkel zu dem unbekannten Mann. Dunkelbraunes Haar und ein kurzer Bart, was aber nichts Ausschlaggebendes ist. Nichts, was sie mit irgendeiner ihr bekannten Person irgendwie in Verbindung bringen könnte. So sehr sie es auch versucht, sie kann ihn nicht zuordnen.
Doch davon lässt sich ihr Gegenüber nicht verwirren. Stur behält er seinen Griff bei, wobei ein unmerkliches Lächeln seine Lippen umspielt. „Es gibt keine Verpflichtung, dies anzunehmen. Wenn du es dir nicht zutrauen kannst, dann lass es. Aber dieses Angebot werde ich dir nur einmal zukommen lassen. Nimm das Pergament. Traust du dich, dann komm. Wenn nicht, lass es bleiben."

Gerade diese Worte saßen, definitiv!
Unmerklich sieht sie auf, als sie das Gefühl hatte, das sein Griff sich gelockert hätte.
Ob dem auch so ist?
Wieder fällt ihr Blick auf die Pergamentrolle, die der Unbekannte ihr noch immer entgegenstreckt. Eine Chance... Eine Chance, die ich vielleicht nie wieder bekomme! Langsam streckt sie der Rolle ihre Hand entgegen, wobei sie die Stimme in ihrem Kopf ignoriert, welche laut „Nein!" schreit. Entschlossen ergreift sie die Rolle, das raue Papier mit Siegel in ihrer Hand spürend.
„Du wirst diese Entscheidung nicht bereuen", wieder ihr Gegenüber, welcher ein kühles Lächeln auf seinen Lippen hat. Und am Ende wird dies mein größter Fehler sein... Selbst ein Lächeln versuchend sieht sie ihn an, hat es aber schon längst aufgegeben diesen Mann zu erkennen.
Behutsam lässt er ihren Arm los und geht einen halben Schritt zurück, um die bedrohliche Atmosphäre zu mindern.

„Alles Nötige steht da drin. Ich weiß, dass du dich an die Bedingungen halten wirst", kaum hat er diese Worte gesagt, wendet sich der Unbekannte ab und verschwindet zwischen den Bäumen in der Dunkelheit.
Das Pergament noch immer fest umschlossen, so fest, damit es ihr niemand aus der Hand reißen könnte, so steht sie da.

Ein leiser Wind schlängelt sich durch die Bäume und die Felsenlandschaft. Durchbricht so die Stille, in der der Unbekannte sie zurückließ. Nur zögernd sieht Violene zu dem Pergament in ihrer Hand, mehr als unschlüssig. Fast schon lautlos und zögernd schält sich der hellblaue Drache aus dem Dickicht hervor, besorgt seine Reiterin musternd. Mit langsamen Schritten kommt Schocker auf ihre Höhe und stupst mit der Schnauze ihre Hand an.
Aus den Gedanken gerissen schreckt sie auf, wobei sich gleichzeitig auch ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen schleicht. „(DS) Ich habe dich vermisst, mein Freund. Wie geht es deinem Flügel? Gab es irgendwelche Probleme?" Schnell schüttelt der Drache seine Schnauze, unmerklich grinsend.
„Da drüben war alles ruhig! Dieser Drache hat sich bis jetzt nicht wieder gezeigt. Aber... hier war jemand. Ein Mensch, ein Fremder!" Ein unmerkliches Knurren entfährt Schockers Kehle, während er deutlich die Zähne zeigt. Es ist nicht so, dass sich an einer einzigen Fährte die Absichten des Menschen zeigen, aber die Unbekanntheit der Fährte im Hinblick auf die letzten Jahre lässt in der Regel nur Gefahr erahnen.
Mit schnellen Blicken sieht er sich um, die Umgebung im fahlen Licht des Mondes mustern. Gerade mit den letzten Ereignissen können sie neben diesem durchgeknallten Drachen nicht noch einen weiteren Spinner von Wikinger gebrauchen.

„Er ist weg, Schocker...", nur leise durchbricht ihre Stimme die angespannte Stille, die sich auf diesem Platz breitgemacht hat. Begleitet von einem unverkennbaren Brüllen, was einem doch das Blut in den Adern gefrieren lässt. Dieser Drache...
„Schocker, hör mir zu. Wir werden diesen Drachen jetzt gemeinsam verjagen, damit er keine Gefahr mehr für die anderen ist. Okay? Keine Alleingänge mehr! Wir sind ein Team, aber das klappt nur, wenn wir auch so zusammenarbeiten. Ich bitte dich, vertraue mir und was auch immer da in dir los ist, du kontrollierst es. Es hat keine Macht dich zu beherrschen!"
Genauer mustert sie ihren langjährigen Freund, welcher vorsichtig zu ihr kommt.
„Wir sind ein Team. Vergiss das nicht!"

Nachdem sie seinen Flügel und die Versorgung der Wunde auf Berk noch einmal kontrollierte und das Pergament unter ihrem Anzug verschwinden ließ, machten die beiden sich wieder auf in die Luft.
Obwohl die Idee schwachsinnig ist, so lässt sie Schocker doch einmal die Dracheninsel umkreisen, in der Hoffnung, ein fremdes Schiff oder auch nur die kleinste Spur von diesem Mister Unbekannt zu finden. Doch das Ergebnis kam wie gedacht: Fehlanzeige.
Weder auf dem offenen Meer noch in den verwinkelten Buchten lässt sich auch nur die geringste Spur eines Schiffes ausmachen. Es wirkt schon fast so, als wäre dieser seltsame Typ nie da gewesen. Allein die Pergamentrolle unter ihrer Rüstung zeugt von etwas anderem.
Er war also da... und konnte einfach so lautlos verschwinden? Jedenfalls war weder ein Drache mit Reiter am Himmel, noch ist ein Schiff unterwegs... oder er ist noch immer auf der Insel! Oh man... wirklich besser ist das auch nicht...
Doch so gerne sie ihn zur Rechenschaft ziehen oder wenigstens zur Rede stellen würde, so gibt es jetzt doch noch wichtigere Dinge zu tun!

Seit dem letzten Brüllen – passend zum Verschwinden von Mister Unbekannt – hat sich der Drache nicht mehr zu Wort gemeldet. Die kurze Zeitspanne, die ihnen dadurch blieb, nutzten sie, um über die Leuchtalgen noch etwas nachzuforschen. Dies in der Hoffnung, so etwas über ein mögliches Motiv herauszufinden.
Jetzt gibt es nur noch ein Ziel: Diesen Drachen in die Schranken zu weisen.
Danach kann sie sich die Pergamentrolle in Ruhe anschauen, so ist es nicht. Aber mit diesem irren Drachen im Schlepptau nicht gerade einfach. Wir schlagen ihn mit den eigenen Waffen! Horchend verharren sie so auf den Überresten eines alten Vulkans, der schon länger nicht mehr existiert.
Es ist einer der höchsten Punkte auf der Dracheninsel mit Vor- und Nachteil. Man hat alles im Blick, aber man sitzt auch förmlich auf dem Präsentierteller für alle anderen. Entweder sie finden den Drachen oder der Drache findet sie.
Doch nicht einmal Violene kann sagen, welcher der beiden Fälle ihr lieber wäre. Beide können gut ausgehen, beide können eine Katastrophe werden.

Es ist das leise, plötzlich aufkommende Geräusch von rutschendem Geröll, was sowohl Reiter als auch Drache innehalten lässt. Schnell lässt sie ihren Blick über die Abhänge des Vulkans schweifen, als sich ein unmerkliches Schimmern den beiden immer mehr nähert. „Da bist du ja..."
Unmerklich gibt sie Schocker ein Zeichen, sich in den Sattel setzend und bereitmachend. Die Flügel zu einem großen Stück ausgebreitet, fixiert Schocker das Schimmern, welches jeden Moment um die Ecke biegen könnte.







Hey, danke dir fürs lesen :p
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Das Verhängnis der Leuchtalgen (Httyd)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt