Chaos im Kopf

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Beomgyu POV:

"Willst du seine Nummer haben?", fragte mich Taehyun in einem seltsam prüfenden Ton. Mein erster Instinkt war es ganz laut "Nein!" zu schreien, aber dann kam mir Soobins Gesicht wieder in den Sinn und ich zögerte. Ich bemerkte wie mein Gegenüber interessiert die Augenbraue hob, aber ignorierte es gekonnt, weil ich gedanklich schon mit Jemand anderem schwer beschäftigt war.
Soobin hatte schon echt lange Gefühle für Choi Yeonjun, aber bis jetzt nie die Chance bekommen mit dem Musikstudenten in Kontakt zu treten. Jetzt bot sich mir so eine gute Gelegenheit an, sie nicht anzunehmen wäre doch Verschwendung. "Wenn ich Yeonjun vielleicht näher komme, dann könnte ich ihm Soobin vorstellen", dachte ich.
Ein Räuspern riss mich aus meinen Gedanken und ich sah wieder Taehyun in die Augen, welche mich abwartend musterten. Ich bekam ein seltsames Kribbeln im Bauch bei dem Gedanken, was der Preis für meine Loyalität schlussendlich war. Diesen Gedanken schüttelte ich jedoch schnell ab, denn Soobins Glück trug in meinen Augen viel mehr Wert. "Es ist nur ein bedeutungsloser Knutschfleck, Beomgyu.", sagte ich mir selbst. Wenn es das braucht, um einem geliebten Menschen von mir einen lang ersehnten Wunsch zu erfüllen, dann konnte ich das tun.

"Würdest du sie mir wirklich geben?"

"Solange du nicht sagst, dass du die von mir hast."

Ich ließ mir Zeit zum Antworten, aber dann öffnete ich entschlossen meinen Mund.

"Na gut, ich werde dir helfen. Mach es aber schnell und so kurz wie möglich."

"Okay."

"Wenn ich 'Stop' sage, musst du sofort aufhören!", fügte ich panisch hinzu, als er mein T-Shirt einige Zentimeter runterzog, um mehr Fläche zu schaffen.

"Keine Sorge, ich will das auch so schnell wie möglich hinter mich bringen.", versicherte er mir und fügte noch hinzu, "Ich gehe davon aus, dass du ihn an einem unauffälligen Ort haben willst?"

Ich konnte ihm darauf keine verbale Antwort geben, die Nervösität verschlug mir die Sprache. Ich nickte stumm aus Angst, dass meine Stimme versagen würde, wenn ich es auch nur versuchen würde. Diese Bloßstellung wollte ich mir nicht geben, aber meinen Schluckreflex konnte ich dennoch nicht kontrollieren. Das bemerkte auch Taehyun, welcher aufmerksam die Bewegung meines Adamapfels verfolgte, dann wanderte sein Blick wieder zu meinem Gesicht hoch und ich spürte wie meine Ohren begannen zu brennen. Mein Gegenüber grinste amüsiert, aber ich schloss daraufhin nur wehleidig meine Augen. Trotz nicht vorhandener Sicht, spürte ich wie Taehyun mit seinem Gesicht näher kam und sein Atem mich leicht streifte, bevor seine Lippen anschließend in Kontakt mit meiner erhitzten Haut kamen.

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In meiner panischen Eile hatte ich nicht bemerkt, dass ich auf dem besten Wege war in jemanden rein zu laufen. Erst nachdem meine Nase schmerzhaft auf Widerstand stieß, war mir diese Tatsache bewusst.

"Beomgyu?", sprach zu meinem Glück eine vertraute Stimme und ich sah in zwei bekannte Augen hoch.
"Oh mein Gott, Soobin!", äußerte ich erleichtert und warf mich zeitgleich an seine Brust, dabei umschloss ich seinen Körper fest mit meinen Armen und suchte beim Größeren meinen ersehnten emotionalen Halt, den ich in dem Moment ziemlich nötig hatte.
Ich war völlig aufgewühlt und geschockt, hinterfragte seit dieser fragwürdigen Situation im Zimmer mehrmals meine eigene Wahrnehmung.
Bei dem Gedanken für wen ich das tat und das obwohl dieser jemand mich auf dieser Party zuvor alleine zurückgelassen hatte, durchfuhr mich ein Schwall an Wut, den Soobin dann in Form meiner Faust kosten durfte.
"Aua! Was sollte das?!", zischte dieser dramatisch.

"Bedank dich bei mir! Einen Freund wie mich findest du nirgendswo, du Idiot!"

"Da hast du Recht, nur von dir werde ich aus dem Nichts ohne Grund geschlagen und beleidigt. Ich bin dir ja so dankbar, Freund." Es war sein unangebrachter Sarkasmus, der meine nächste Reaktion triggerte.

"Beomgyu, Fuck! Was zur Hölle? Trainierst du neuerdings? Woher kommt aus deinem Körper diese unmenschliche Kraft?!"

Soobin rieb sich mit einem schmerzerfüllten Gesicht seine Brust, aber mein Mitleid bekam er nicht.

"Du hast mich einfach im Stich gelassen!", warf ich ihm an den Kopf.

"Yah~ das klingt ja so, als wäre ich voll das Arsch. Ich wollte außerdem auch sofort wieder zu dir, aber du warst verschwunden. Es ist doch nichts Schlimmes passiert, oder?", fragte er ahnungslos und ich konnte mir nur frustriert auf meine Unterlippe beißen. Wo sollte ich nur mit meiner Erklärung anfangen?
Im Endeffekt wurde mir langsam bewusst, dass meine Entscheidung, in anderen Worten, doch irgendwie verrückt klang. Klar, ich hatte nur gute Absichten gehabt, aber würde man normalerweise so weit für einen Kumpel gehen?

"Hey Leute! Da seid ihr ja. Ich habe euch überall gesucht!"

Die bekannte Stimme gewann die Aufmerksamket von Soobin und mir. Es war schließlich Hueningkai, der auf uns zu gelaufen kam und uns kurzdarauf fragend musterte, als er bemerkte, dass die Stimmung um uns herum etwas angspannt wirkte.

"Alles klar bei euch? Habe ich was verpasst?", fragte er und ich ließ sofort von Soobin los, als ich bemerkte, dass ich ihn immer noch fest an mich drückte.

"Beomgyu ist sauer, weil wir ihn allein gelassen haben.", erklärte mein Gegenüber und ich wollte zu meiner Verteidigung hinzufügen, dass das nicht der Hauptgrund für meine jetzige Lage war, aber dann hielt ich wieder inne, da ich selbst nicht genau wusste was der Hauptgrund war. War es die Situation mit Taehyun? Oder doch weil die beiden ihr Versprechen gebrochen hatten? Waren es meine Kopfschmerzen und die Tatsache, dass ich zu viel getrunken hatte? War es vielleicht die laute Musik und die vielen fremden Menschen um mich herum? Oder war es tatsächlich etwas anderes, was ich aber momentan noch nicht ganz zu ordnen konnte, was mich so innerlich aufwirbelte?
Die Beiden wirkten verwirrt, als sie bemerkten, dass ich nichts mehr zu Soobins Aussage hinzufügen wollte.
"Ach egal... ich will jetzt nach Hause. Ihr könnt von mir aus gerne noch bleiben.", verließ es nun schwach meine Lippen.
Es war ein langer, chaotischer und anstrengender Abend für mich gewesen und ich bemerkte, dass ich langsam einen Punkt erreicht hatte, bei dem nicht mehr viel fehlte, bevor ich begann vor Überforderung zu weinen. Ich wollte weg von hier, raus aus diesem stickigen und überstimulierenden Haus. Die stechenden und unerträglichen Schmerzen hinter meiner Schläfe brachten mich sowieso schon den Tränen nahe. Meine Sicht war leicht verschwommen und ich schluckte den Kloß in meinem Hals vergeblichst mehrmals runter, aber er war hatnäckig und erschwerte mir das Atmen weiterhin.
Plötzlich zeichnete sich aufgrund meines Schweigens Sorge auf den Gesichtern meiner beiden Freunde ab und ich spürte eine warme, große Hand an meinem unteren Rücken. Soobin streichelte mir etwas unbeholfen den Rücken und Hueningkai kam panisch zu mir geeilt, bevor er dann aufrichtig sagte, dass es ihnen leid tue und sie mich natürlich begleiten würden. Ich nickte dankbar, denn wenn ich ganz ehrlich war, alleine nach Hause zu fahren hätte mir in dem Moment noch mehr zugesetzt.

So endete der Abend dann für uns. In der Bahn, stützte ich meinen pochenden Kopf auf Soobins Schulter ab, während ich die Augen erschöpft schloss und mich auf seine Körperwärme und seinen vertrauten, süßlichen Duft konzentrierte. Auf dem Weg, war ich die meiste Zeit stumm. Nur wenn die beiden ab und zu fragten, wie es mir gerade ging, gab ich eine kurze Antwort.
Es hatten auch tatsächlich ein paar Tränen geschafft zu entkommen, aber ich rieb sie mir unauffällig aus dem Gesicht, damit es die Beiden nicht noch mehr beunruhigte.

Ich war immernoch total überfordert und verwirrt.

Ich wusste aber eins mit Sicherheit- der Gedanke an mein gemütliches Zimmer und an einer Ibuprofen löste bereits eine Menge Erleichterung in mir aus.

Dance With The Devil ||Taegyu||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt