Der Duft von Baumwolle und Zitrus

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Beomgyu POV:

"Beomgyu sieh zu, dass du dir diesen Samstag nichts vornimmst.", sagte meine Mutter, während ich noch verschlafen einen Bissen meines Toasts nahm.

Bis auf mein Vater, der sich bereits auf seiner Arbeit befand, waren alle gemeinsam am frühstücken. Das hieß also ich, meine Mutter und mein ach so perfekter, großer Bruder, der die Erwartungen meiner Eltern bis aufs kleinste Detail erfüllte, während ich mit meinem Musikstudium völlig aus der Reihe tanzte.
Da ich morgens kaum ansprechbar war, nickte ich vorerst nur als Antwort auf die Aussage meiner Mutter. Wissend, dass sie den Satz noch(ohne dass ich sie nach dem genaueren Grund fragen müsste) weiter ausbauen würde.

"Gut. Diesen Samstag gibt es ein Familientreffen. Eure Oma lud uns alle zum Essen ein.", sagte sie anschließend und ich unterdrückte ein Seufzen.

Ich nahm stumm einen Schluck meines Kaffees und genoss wie die warme Flüssigkeit meine Kehle runter wanderte und wie der leicht bittere Geschmack auf meiner Zunge verweilte. Ich liebte Kaffee und ich gab zu meine Liebe für dieses koffeinhaltige Getränk war schon ungesund. Es war eine Sucht. Ich war süchtig und stolz drauf!

"Mutter, an dem Tag werde ich leider nicht lange bleiben können.", sprach mein Bruder.

Ich hob den Blick und musterte diesen neben mir interessiert.

"Ist es wegen dem Treffen von dem du mir erzählt hast?", fragte sie und Jinyoung nickte, während ich allein bei dem Gedanken, dass ich wohl als einziger Sohn meiner Mutter dort verbleiben müsste stöhnen wollte.
Das hieß die meiste Aufmerksamkeit würde dann nach dem Abgang meines Bruders auf mir liegen.

"Alles gut, mein Sohn. Das Treffen ist schließlich wichtig für deine Zukunft. Mach dir also keine Sorgen. Die Familie wird Verständnis dafür zeigen."

Diesmal konnte ich ein Seufzen nicht unterdrücken, aber der blieb unbemerkt, als ich aufstand und meinen Teller stumm weg räumte.

"Bist du jetzt weg?", fragte meine Mutter auch schon neugierig.

"Ich habe mich heute mit Soobin verabredet. Wir wollen danach gemeinsam zur Uni.", erklärte ich dann kurz.
Bevor ich jedoch aus dem Zimmer rauslaufen konnte, sprach mein Bruder und hielt mich so vom Gehen ab.

"Studierst du eigentlich immer noch diesen Unsinn? Wann willst du eigentlich etwas Gescheites aus deinem Leben machen?"

Nicht schon wieder dieses Thema.

"Ich studiere Musik, Hyung. Nicht Unsinn."

"Das ist dasselbe, Beomgyu. Wie willst du das den anderen Familienmitgliedern erklären?"

"Ähm, gar nicht?"

Warum sollte ich das erzählen? Solange sie nicht fragten, werde ich nichts sagen. Sollten sie fragen, dann würde ich wahrscheinlich schnell das Thema wechseln oder drum herum reden, da ich wenig Lust auf die danach kommenden Bemerkungen hatte.
Mir war schon bewusst, dass ich eine Enttäuschung für die ganze Familie war, das musste mir nicht ständig unter die Nase gerieben werden.

Auf meine Antwort hin seufzte mein Bruder auf und mein Kiefer spannte sich bei dieser Geste sofort an.
Er behandelte mich wie ein unbelehrbares Kind und ich hasste es.

"Jinyoung, lass deinen kleinen Bruder."

"Er ist so, weil du ihn verwöhnst Mutter. Vater ist doch auch gegen sein Studium."

Bei der Erwähnung unseres Vaters, setzte sich ein unangenehmes Gefühl in meiner Magengrube ab.

Unsere Mutter seufzte, dann sah sie sanft zu mir und bedeutete mir zu gehen. "Bevor du noch zum Treffen zu spät kommst", sagte sie und ich ließ mir das nicht zweimal sagen.
Als ich raus lief, streckte ich meinem Bruder noch demonstrativ die Zunge raus. Wenn er mich wie ein Kind behandelte, dann bekam er dies auch von mir.

Nach dieser Auseinandersetzung mit Jinyoung fühlte ich mich aufgewühlt. Ich war wütend und frustriert. Ich fühlte mich so ungerecht behandelt und ich hasste es, dass es mein großer Bruder Mal wieder schaffte mir mit seinen Anschuldigungen tatsächlich Schuldgefühle zu machen.

War ich wirklich egoistisch nur weil ich das machen wollte, was mich erfüllte?

+++

"Alles okay mit dir?", fragte mich Soobin alarmiert, als ich mich sofort in seine Arme schmiss, mein Gesicht in seine Brust drückte und ihn nicht mehr los ließ. Ich ignorierte dabei die Tatsache, dass wir uns am helllichsten Tag mitten auf der Straße befanden total und ließ meine Tränen freien Lauf.

Sofort zog mich Soobin in einen nahe gelegenen Park; wir stoppten in einer ruhigen Ecke, wo er mich dann auf eine Bank setzte und mir fragend ins Gesicht starrte.
"Was ist passiert, Beomgyu? Heute morgen klangst du noch super gelaunt.", merkte er an und ich presste mit tränen-gefüllten Augen die Lippen aufeinander in dem verzweifelten Versuch meine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen.

"Ist es wieder die Familie?", fragte mein bester Freund dann und ich war ihm noch nie so dankbar für seine schnellen Denkprozesse wie jetzt. Ich nickte.

Soobin wusste von meinen Familienproblemen, es war eigentlich immer dieselbe Story. Demnach war dem Anderen bewusst, was mir in dem Moment am besten half.
Der Ältere nahm mich in den Arm, rieb mir sanft über den Rücken und ich versteckte mein Gesicht in seine Halsbeuge; dabei sog ich seinen vertrauten Duft tief ein, der es immer wieder schaffte mich zu beruhigen und ein warmes Gefühl in meiner Brust auslöste.

Soobin trug ein sanft und frisch- duftendes Parfüm, welches mich an den Geruch von Zitrusfrüchten und Baumwolle erinnerte.
Ein Bild aus meiner Kindheit von einer sonnengetrockneten Bettwäsche im Sommer kam mir in den Sinn, die meine Mutter immer aus dem Garten von der Wäscheleine nahm und in unser damaliges Haus reinbrachte.
Ich hatte mich als Kind super gerne in den weichen Baumwollstoff reingeworfen und mich in ihm eingewickelt.

Dieser Duft passte meiner Meinung nach perfekt zum Älteren und beschrieb seine Wirkung auf mich haargenau.
Wie die warmen Laken von damals, umhüllte mich nämlich die Umarmung des Anderen mit demselben wohligen und schönen Gefühl. Ich fühlte mich sicher und geborgen.

"Geht's wieder?", fragte er und riss mich somit aus meinen schönen Erinnerungen, als er bemerkte, dass ich aufgehört hatte zu weinen.
Der jetzt fehlende Kontakt seines warmen Körpers an meinem hinterließ ein leeres Gefühl in meiner Brust, aber ich ignorierte es und schenkte ihm stattdessen nur ein schwaches Lächeln von mir.

"Danke, Soobin."

Er lächelte breit und dann sah ich sie. Seine hübschen und für ihn ganz typischen Grübchen, welche mir problemlos, als wäre es Magie, ein breites Lächeln ins Gesicht zaubern konnten.
Soobin winkte mein Danke verlegen ab, klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter und stand dann auf, um mir seine Hand hilfsbereit entgegen zu strecken.
Diese Gesten erweckten ein bitter-süßes Gefühl in mir, aber ich nahm seine Hand trotzdem dankbar in Meine und gemeinsam machten wir uns schließlich auf dem Weg zur Uni.
Während des Gehens schimpfte ich mit mir selbst, erinnerte mich wieder an meinen ursprünglichen Plan.

Das Treffen war diesen Freitag, es verblieben noch zwei Tage.
Bis dahin, musste ich mir weitere Gedanken über die nächsten Schritte machen, damit Soobin seiner großen Liebe näher kommen konnte.

Reiß dich also zusammen, Choi Beomgyu, mahnte ich mich wieder selbst.

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Author's Note
Hoffe das Kapitel hat euch gefallen.
Kennt ihr auch den Geruch von frisch getrockneter Bettwäsche im Sommer?
Habe ihn als Kind geliebt und bis heute ist das einer meiner schönsten Kindheitserinnerungen💕

Dance With The Devil ||Taegyu||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt