„Warte! Bitte, John!"
Nathan joggt hinter ihm her, als er das Gebäude verlässt und sich auf den Heimweg macht. Auch wenn sie länger nicht miteinander geredet haben, erkennt John seine Stimme sofort.
Er lässt Nathan zu ihm aufschließen, schlendert dann gemäßigten Schrittes weiter, während der Mann neben ihm zu Atem kommt. Johns Fingerkuppen reiben erwartungsvoll aneinander, leicht saugt er seine Unterlippe zwischen die Zähne. Nach der tagelangen Funkstille, was will Nathan da mit ihm bereden?
„Können wir..." Nathan nickt zur Seite, deutet somit auf eine Nebenstraße, die von Johns Heimweg wegführt. John zuckt mit den Schultern und folgt Nathan. Sie landen in einer eher verlassenen Gegend mit hohen Fabrikgebäuden und kleinen Grünflächen. Unter einer Birke bleibt Nathan stehen, dreht sich zu John herum. Sein Blick ist wie sonst auch ernst, undurchdringlich, nur die Kurve seiner Lippen lässt Anspannung erkennen.
Er öffnet den Mund, offensichtlich versucht, etwas zu sagen, und schließt ihn mit einem entnervten Ausatmen wieder. Er scheint sich keine Worte zurechtgelegt zu haben und jetzt keine zu finden.
„Tut mir Leid, dass ich dich...", fängt John deshalb an. „-ignoriert habe", will er fortfahren oder „-aus meinem Leben ausgeschlossen, bloß weil deine Gefühle mir Angst machen." Falsch, korrigiert er sich dann selbst. Weil meine Gefühle MIR Angst machen. Aber Nathan schüttelt den Kopf und nimmt Johns Worte als Aufhänger für sein eigenes Anliegen.
„Ich bin dir nicht böse. Damit hätte ich rechnen können. Ich will dich auch nicht überreden, die Zeit zurückzudrehen, damit alles wieder ist wie vorher, das wäre Quatsch. Ich will nur..." Wieder stößt er einen Schwall Luft aus, klingt dabei, als würde das Formulieren seines Wunsches ihn Anstrengung kosten. „Ich würde gerne besser verstehen, warum du so reagierst."
Sein Blick fällt von Johns Stirn ab, auf die er beharrlich fixiert war, und herab auf seine Hände.
„Es gibt mehrere vorstellbare Gründe und ich wüsste gerne, ..." Noch einmal hört John ihn atmen, dieses Mal erzeugt das Einatmen ein Geräusch, klingt energisch. „Wenn du meine Gefühle einfach nur nicht erwiderst und lieber in einer Freundschaft verblieben wärst, oder..."
Es schmerzt John, Nathan so klein zu sehen, und zu wissen, dass er die Schuld daran trägt. Der Gedanke, den Nathan äußert, scheint ihn lange beschäftigt und ihn getroffen zu haben. John reagiert intuitiv, umfasst Nathans ineinander verschlungene Hände jeweils in einer der seinen, und wartet, bis der seinen Blick erwidert.
„Das ist es nicht, ganz und gar nicht. Ich fühle..." Er stockt. „Das Gleiche", will er sagen, kann sich aber nicht dazu bringen, die Worte auszusprechen. Nathan scheint den fehlenden Teil nicht hören zu müssen, um zu verstehen. Eine Veränderung geschieht in seiner Haltung, minimal und nicht genau zu verorten, doch plötzlich sieht er stärker aus, fokussierter, als habe er wieder ein Ziel vor Augen.
„Dann hast du Angst?"
DU LIEST GERADE
Vorgeschrieben
RomanceDer Name, der auf Johns Arm steht, gehört zu der Person, die für ihn vorgesehen ist. In einer Welt, in der jeder im Laufe seines Lebens seinem Seelenverwandten begegnet, wartet John seit seiner Geburt auf die Begegnung mit Esra. Es kommt ihm nicht u...