Von Tannen und Pannen

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Hier ist das letzte Kapitel und ich kann euch gar nicht sagen, wie oft ich beim Schreiben beinah eingeschlafen bin. Verzeiht also die tausend Rechtschreibfehler. Ich hab nur zwei der dreizehn Kapitel Korrektur gelesen. Über Feedback freu ich mich trotzdem, weil das hier echt Arbeit war :) Danke fürs Lesen!

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Thiel wurde von Weihnachtsmusik und Stimmgewirr aus seinem Mittagsschlaf gerissen. Nicht irgendwelche Weihnachtsmusik, nein - Boernes Geplärre aus seinem Plattenspieler. Und nicht irgendein Stimmgewirr, nein - das waren Stimmen, die er nur zu gut kannte.
In den letzten zwanzig Jahren hatte Thiel ja schon einiges miterlebt, aber die bisherige Obergrenze der Verrücktheit würde regelmäßig weiter nach oben gesetzt. Meistens durch Boerne, so auch heute.

Im St. Pauli Shirt, Bademantel und Winrerschuhen stiefelte Thiel nach draußen. Kaum hatte er die Tür geöffnet, wollte er schon wieder umdrehen und sie schließen. Er konnte nicht glauben, was er da sah...
Mitten im viel zu kleinen Vorgarten stand eine viel zu große, mindestens drei Meter hohe Tanne.

Für einen ohnehin übermüdeten Thiel dauerte es einige Zeit, bis er die Geschehnisse einordnen konnte.
Erstmal war da Boerne, der voll in seinem Element alle herumkommandierte, aber selbst keinen Finger krümmte. Wie besessen hüpfte er um den schiefen Baum herum und wedelte aufgeregt mit den Armen. Dann waren da Mirko und Vaddern, die unter größter Anstrengung versuchten das Monstrum von einem Baum gerade aufzustellen. Ohne Erfolg jedoch - die Tanne blieb schief. Mit je einer Tasse Glühwein in der Hand standen Frau Haller und Frau Klemm etwas abseits und beobachteten das Spektakel.

"Was wird'n das, wenn's fertig ist?" fragte Thiel jetzt, da ihn anscheinend noch keiner bemerkt hatte.

Boerne drehte sich um und deutete stolz auf den Baum. "Das hier, mein Lieber Thiel, wird unser Weihnachtsbaum! Den haben ich und Alberich vorhin selbst ausgesucht und Ihr Vater und Schrader waren so nett mir beim Aufstellen zu helfen."

"Helfen? Die ganze Arbeit machen wohl eher." Thiel gesellte sich zu den Damen. Frau Klemm reichte ihm freundlicherweise ihre Tasse. "Was ist Ihre Rolle in dem Zirkus?" wollte er wissen und gab ihr ihre Tasse zurück.

"Bekennende Schaulustige. Ich hoffe, Boerne fällt nachher noch von seiner Leiter."

"Tun wir das nicht alle?" brummte Thiel und Frau Haller schmunzelte amüsiert. Eine Weile beobachteten sie das Spektakel. Auch die Nachbarn aus dem ersten Stock standen am Fenster und sahen neugierig zu. Die Klemm ging zwischendurch nochmal Glühwein machen und Thiel holte sich seinen dicken Anorak.
Mittlerweile stand der Baum auch fest und sicher, aber leichter noch immer schief. Boerne war unzufrieden, aber Vaddern und Mirko verweigerten den weiteren Dienst und genehmigten sich stattdessen ebenfalls ein Tässchen Glühwein.

Indes hatte Boerne die XXL Lichterkette ausgepackt und versuchte diese zu entwirren. Bei dem Versuch aber verwickelte er sich selbst völlig. Allesamt grölten vor Lachen, nur Frau Haller erbarmte sich ihrem Professor irgendwann und half ihn zu befreien.
Die Lichterkette brachten dann Thiel und Mirko an, während Boerne eine kleine Weihnachtsdepression durchlief.

"Kann denn nicht ein-einmal was klappen? Eiiiinmaaal!" jammerte er zwischen Glühwein und Tränen. Frau Haller saß mit stoischer Geduld neben ihm und redete auf ihn ein. Sogar eine Umarmung war fällig.
Thiel schüttelte nur den Kopf über die hauseigene Drama-Queen.

Trotzdem hatte Frau Haller ganze Arbeit geleistet, denn das Häufchen Elend war wieder ein heiterer Klos, als sie den Baum schmückten. Alle zusammen diesmal. Es war zwar schon dunkel, aber die Lichterkette war hell genug.

Nach zwei geschlagenen Stunden betrachteten sie alle ihr Werk.
Der Baum stand zwar noch immer schief, die Spitze war auf dem Pflaster zerschellt, weil sich eine fette Taube draufgesetzt hatte, die Kugeln waren ungleich verteilt und die Farben passten nicht zusammen, die Strohsterne hatten schon bessere Tage gesehen und die neue Lichterkette flackerte bereits. Außerdem war der Boden übersät mit Tannennadeln, Scherben von zerbrochenen Kugeln und einer umgekippten Tasse Glühwein.

Das pure Chaos und trotzdem war das Gesamtbild wunderschön auf eine groteske Art und Weise, die nur sechs ganz bestimmte Menschen verstehen konnten.

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