Ganz schön persönlich

früher wollte ich eine schwester.

Es liegt mir im Blut, schnell ein paar Texte zu schreiben,
oder die richtigen Worte in Situationen zu finden,
die andere lieber meiden.

Mit dir ist das anders,
irgendwie fällt's mir schwer,
zu sagen was du für mich bist,
und ich kann es nicht erklären.

Ich weiß noch,
damals,
da habe ich geflennt,
als Mama mir getrichtert hat,
dass man schon erkennt,
dass ich keine Schwester bekomme,
und das waren für mich Nachrichten für die Tonne,
weil,
früher wollte ich eine Schwester,
weil mit der geht sicherlich alles besser.

Und,
dann warst du da und schaust zu mir auf
mit deinen doofen, blauen Kulleraugen
und mehr hat's nicht gebraucht,
denn,
da war schon früher dieser Instinkt,
dass es eigentlich gar nichts für mich gibt,
das mir
in irgendeiner Weise,
je mehr bedeuten könnte,
als du,
und
ich hoffe, dass du weißt,
dass das nach wie vor der Fall ist
und, dass ich schon fast traurig bin,
wenn du mal ein paar Tage lang weg bist,
aber,
dass ich dich irgendwann
auch gehen lassen muss,
das war und ist mir klar,
doch meine Fürsorge gegenüber dir ist nunmal so groß
deswegen weiß ich nicht,
ob ich das je kann.

Weil,
du bist zwar größer als ich, und lange nicht mehr klein,
aber, ob du es willst oder nicht,
du wirst immer jünger als ich sein,
und
ich bin vielleicht nicht mehr deine Lieblingsperson,
so, wie ich's früher mal war,
aber,
damit kann ich leben, das passt schon
und das war ja auch klar.

Und manchmal,
da hab ich das Gefühl, du willst gar nicht mehr bleiben,
aber vielleicht täuscht das, denn du bist älter und kannst dir deine Zeit vertreiben
mit wem auch immer du willst,
und wenn du mir mal nichts erzählen möchtest, ist das okay,
weil du mir auch schweigend ziemlich gut gefällst.

Und,
wenn du dann doch redest,
dann tu ich manchmal so, als würde es mich nicht interessieren,
obwohl ich innerlich schon darüber fantasier,
wie ich es schaffen kann,
dass du weitererzählst
über das,
was du die Woche über so machst.
Nur,
damit du nicht aufstehst und gehst,
weil du mir dann direkt wieder fehlst.

Du erzählst mir von Dingen, die kann ich nicht mehr verstehen,
aber das liegt weder an dir, noch an mir oder sonst irgendwem.
Ich schieb das auf den Altersunterschied,
weil das sind ja doch ganze fünf Jahre,
und die Hauptsache ist,
dass ich überhaupt etwas erfahre.
Von dir.
Was du so magst
und,
welche Leute du gerade hasst
oder,
über welche Videos du gerade am liebsten lachst.

Und ich weiß nicht, wann das passiert ist,
aber unsere Rollen haben sich getauscht,
weil ich bin jetzt meistens leise
und du sprichst lieber laut.

Und,
du hast deine Pläne und weißt genau,
was du willst,
während ich daran zurückdenke,
wie du hinten im Zimmer mit den Legosteinen spielst
und,
früher waren wir uns ganz schön ähnlich und waren überall gemeinsam
und jetzt seh ich alte Fotos in meiner Wohnung an und muss gestehen,
ohne dich hätt echt was gefehlt
und das merk ich so langsam.

Und dann frage ich mich, ob du das eigentlich verstehst,
dass das nicht nur für Mama und Papa schwierig ist,
wenn du in die andere Richtung gehst.
Dahin,
wo ich nicht stehe,
sondern nur stumm hinterhersehe
und das lächelnd, während ich versuche nicht zu heulen,
denn das geht nicht,
weil du bist endlich bei dir selbst angekommen,
und das sollte mich viel eher freuen.

Und das tut es ja auch.

Deshalb ist es vielleicht dämlich,
so zu denken,
trotzdem bete ich, unser Bund wird nie brechen,
und keine Ahnung, wie du dazu stehst,
aber ich würde daran keinen Gedanken verschwenden,
weil,
ich geb dir hiermit mein Wort,
du hast mein Versprechen,
und
ich weiß,
unsere Umarmungen werden seltener,
und manchmal könnten wir uns hassen,
doch dafür drück ich dich jedes Mal aus Trotz noch fester.
So stark, ohne jemals ganz Loszulassen,
weil
mit dir ist alles besser,
und
wenn es bei einem Punkt nie einen Zweifel gab,
dann ist's der,
dass ich dich unsagbar lieb hab.

|15.12.2021|

Florian, lat. Florianus, "florus" = "blühend"Ich hoffe, du blühst dein Leben lang so sehr, wie du es gerade tust.