Kapitel 16

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Jamie

Stunde um Stunde verstreicht und von Harry ist noch keine Nachricht eingetroffen. Er hätte vor einiger Zeit seinen Tag im Institut beenden dürfen, immerhin haben die meisten bereits Feierabend. Dabei wollte er im Anschluss noch  bei uns vorbeisehen und berichten, wie es war.  

"Jean, ich mache mir Sorgen", sage ich leise und hole meinen Freund aus seinen Gedanken über den sich vor uns abspielenden Film. "Hm?" Er sieht mich fragend an, scheint jetzt erst meine Worte wahrzunehmen. "Ach so, du machst dir Sorgen. Worüber denn?"  Ich nehme einen kleinen Schluck aus der Kaffeetasse in meinen Händen und kuschle mich näher an den angehenden Arzt. "Um Harry... er hat sich noch nicht gemeldet. Bei keinem von uns." 

Jean seufzt und sieht mich an. "Das hier ist so unheimlich gefährlich... ich will nicht, dass dir was passiert. Und..." Seine Hand streichelt sanft über meinen Bauch. Noch sieht man es nicht, aber ich bin seit einem Monat schwanger.

"Ich hoffe nicht, dass etwas passiert. Aber was ist mit..." Meine Worte werden durch ein lautes Klopfen an der Tür abgeschnitten. Erschrocken sehen wir uns an. Jean steht auf und ich will ihm folgen, doch er macht mir mit der Hand ein Zeichen, ich solle im Wohnzimmer bleiben. Unsicher stelle ich mich, etwas entfernt von der Tür zum Flur, neben den Esstisch und sehe aus dem Fenster.

"Patric? Aber der Einsatz ist doch erst..." Doch ich höre nur, wie der starke Patric mit großen Schritten ins Wohnzimmer stürmt, mich erblickt und auf mich zukommt. Ich gehe vor Schreck einen Schritt zurück. In diesem Moment kommt auch Jean wieder zu mir. Patric nimmt meine Hand in seine. "Jamie, es tut mir leid. Harry hat mir gesagt ich solle mir keine Sorgen machen und, dass er das schon schafft und ich habe ihm geglaubt und-" Doch ich fahre nur mit meiner Hand vorsichtig seinen Arm auf und ab. Er atmet schnell und ist völlig aus der Puste. "Beruhig dich erst einmal. Hier, setz dich. Möchtest du Kaffee? Tee? Kakao?" Er schüttelt den Kopf, setzt sich aber dennoch langsam auf einen der Stühle.

"Also, erzähl uns was los ist." Jean's Stimme ist beruhigend, sofort wird unser Besuch etwas lockerer. Er schließt die Augen und kommt langsam wieder zu Atem. Dann holt er etwas aus seiner Jackentasche. Es ist die Spionage Brille, die Morgen von Harry aus dem Fenster geworfen werden sollte. Ich sehe zu meinem Freund. Er sieht mich ebenfalls an. Die Brille ist völlig kaputt, wir können froh sein, wenn sie später noch funktioniert.

"Es ist so: Harry hat mir gestern gesagt, dass ich schon heute beim Treffpunkt erscheinen und auf sein Zeichen warten soll. Er hat gemeint, dass er den Plan ein klein wenig umgeändert hat und es Morgen schon zu spät sein könnte... und damit ist er wieder verschwunden. Es tut mir leid, wenn ihm nun etwas passiert ist... ich habe nicht weiter nachgefragt, weil er genau wusste, was er zu tun hat. Das hat er mir versprochen..."

Der junge Student sieht mich aus roten Augen an, sein von einem Sixpack geschmückter Oberkörper bebt unregelmäßig. Mit einer zittrigen Hand fährt er sich durch die kurzen Haare, die er sich vor einigen Monaten aufgrund eines Militäreinsatzes abrasieren musste.

"Sie haben mich erwischt. Also habe ich mich versteckt, aber ich konnte nicht mit meinem Auto wegfahren, weil das zu laut gewesen wäre. Also bin ich durch den Wald und bis hierher. Sie werden vermutlich herausgefunden haben, dass das mein Wagen sein muss und deswegen...", er schließt kurz die Augen, "Deswegen haben sie meine Daten und können meine Adresse abrufen. Aber zu Hause ist doch meine Freundin ganz alleine mit unserem Sohn! Oh Gott..." Er stützt seinen Kopf auf seine Hände und kämpft mit dem Zusammenbruch.

"Zur Polizei", sagt Jean. "Jetzt sofort."

Eine Viertelstunde später sitzen wir im Revier und Patric füllt letzte Angaben aus. "Wir werden eine Besatzung von vier Mann losschicken, die Sie mitnehmen werden, sind Sie einverstanden?" Ein älterer Mann hat den Hörer am Ohr und spricht auf unser Nicken mit einem Beamten am anderen Ende der Leitung. Nur wenige Sekunden später hört man draußen Reifen über den Kiesweg rollen. "Steigen Sie bei dem Braunhaarigen, Officer Payne, mit ein. Er ist unser Personalsicherheitsbeauftragter, der sich um Ihren eigenen Schutz kümmern wird. Officer Laurence wird sich dann um den Rest kümmern."

Hybrid InfectionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt