Hybrid Infection

Kapitel 3

P.o.V eines Unbekannten:

In der Nacht träume ich leider doch von unzähligen, gruseligen und misslungenen Experimenten. Überall blutverschmierte Körperteile von Tieren. Und dann dieses Gesicht. Das Gesicht eines Engels, der in einer Irrenanstalt festgehalten wird. Jemand muss ihn und die anderen, hilflosen Geschöpfe befreien. Der nächste Tag bringt Klarheit in meinen Plan...

"Meine Herrschaften, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit!", ruft einer der Wissenschaftler und Ärzte in den Raum, in dem wir, also der unbedeutende Rest, sitzen. Wir haben bis eben auf unsere Betreuer gewartet, und auf einen weiteren Tag, in dem uns all die Qualen vor Augen geführt werden. Und die Betreuer tun dies auch noch mit einem Lächeln. "Es gibt ein Problem. Wir haben festgestellt, dass alle unsere vertrauenswürdigen Hilfskräfte, ja, selbst die Vollstrecker jeglicher Strafen, in den Winterferien abwesend sind. Da wir unsere Familien nur sehr ungern enttäuschen wollen... rufen wir hiermit zu einem freiwilligen Wachdienst über die Ferien auf." Alles ist still. Ich spüre, dass ich nicht der Einzige bin, der hier einen Plan hat, der sich um die Zerstörung des Systems dreht.

"Also? Erste Freiwillige?" Ich hebe meine Hand. Das passt mir nur zu gut in den Plan. Ich kann nur hoffen, dass die anderen "Freiwilligen" genau das selbe vorhaben. Wie wohl meine Chancen stehen?

Der junge Mann zählt die Meldungen und nickt dann zufrieden. "Dreiundzwanzig Personen? Das ist okay. Es könnte etwas Arbeit für euch werden, aber ihr bekommt das schon hin, nicht wahr?" Allgemeines Nicken.

Kurze Zeit später steht fest, dass sich der Zeitplan für alle Freiwilligen Helfer geändert hat. Ein uns unbekannter Kerl betritt den Raum schweren Schrittes. "Alle, die sich freiwillig zum Hybridensitten angemeldet haben, kommen mit mir." Wir erheben uns von unseren Plätzen und folgen ihm schnell, denn er ist schon beinahe aus der Tür.  Nach zwei langen Korridoren und bestimmt acht verschiedenen Abzweigungen scheinen wir an unserem Ziel angelangt zu sein und betreten einen neuen Raum. Mir stockt der Atem.

"Also Kinderchen", sagt der Typ schroff, "eure täglichen Aufgaben werden sein, dass ihr jedem der Hybride aus eurem Abteil seine Nahrung zukommen lasst. Was genau das jeweils ist, könnt ihr dem allgemeinen Infoschild in der Eingangshalle entnehmen, aber das ist auch nicht mein Problem. Ich bin hier um euch die Regeln klarzumachen. Einmal die für euch und dann noch die für Wesen wie... den da!" Er lacht dreckig und zeigt auf den Hybriden, der mit hängendem Kopf in einer der Ecken des Raumes steht. Es ist der Hybrid, den ich schon gestern zu Gesicht bekommen habe. Dieser wunderschöne, unschuldige Junge, dessen Namen ich immer noch nicht weiß. Wenn er überhaupt einen hat. Seine braunen Haare verdecken aufgrund der Haltung seines Kopfes seine Augen. Seine Katzenohren bewegen sich regelmäßig hin und her, scheinen die Umgebung abzuhorchen. Sein Katzenschwanz schlingt sich krampfhaft um sein Bein und ich kann nicht fassen, dass sie ihn öffentlich so gedemütigt vorführen wollen.

Der Kerl, welcher sich als Mister Hyde vorstellt, fängt an zu "erläutern", welche Regeln beachtet werden müssen:

"Also, aufgepasst: Ihr habt die Hybride nur einmal am Tag zu verpflegen, und keine Mahlzeit mehr als erlaubt, klar? Passt auf, dass die ja ihre Nahrung zu sich nehmen, sonst gehen sie vielleicht doch noch vor die Hunde." Er lacht dreckig über sein eigenes Wortspiel. "Außerdem haben die ihre Zelle und überhaupt das Gebäude nicht zu verlassen! Es sei denn, sie werden bestraft, dann haben sie die Ehre etwa einhundert Meter bis zu Raum 666 gehetzt zu werden. Dem Ganzen ist nur noch hinzuzufügen, dass ihr hier wohnen werdet, damit ihr die Viecher auch nachts bewachen könnt. Ihr wohnt entweder mit ihnen in Zellen", er lacht hämisch auf, "oder ihr bekommt ein kleines Zimmer für jeweils zwei Personen. Die Türen des Gebäudes werden von außen verriegelt, dann könnt auch ihr keinen Unfug anrichten. Verpflegen müsst ihr euch selber, wir sind hier kein Fünf-Sterne-Hotel. Noch Fragen?!" Keiner sagt etwas. "Gut", fährt er fort, "Dann komm ich jetzt zu den Hybriden..." Er sieht pervers grinsend zu dem Hybridenjungen, der nach wie vor in der Ecke steht. "Ey, 0846, schwing deinen Arsch hier rüber!" Der Junge holt tief Luft und geht los. Seinen Kopf lässt er immer noch hängen, doch kaum ist er angekommen, hält Mister Hyde sein Gesicht zwischen Zeigefinger und Daumen und hält es so, dass alle in sein Gesicht blicken können. Auch ich. Und ich sehe in diese atemberaubenden, blauen Augen und hätte fast nach Luft geschnappt, doch ich halte mich im letzten Moment zurück. 0846... einer der "älteren" Versuche... Und definitiv keiner der Lieblinge. Dabei sieht er so liebenswert aus. Und ist es unter Garantie auch.

"Seht euch dieses Gesicht an", sagt Mister Hyde und holt mich gewaltsam aus meinen Gedanken zurück in die Realität. 0846 sieht mich an. Sieht mich an. Wie bei unserem ersten Zusammentreffen. So wundervoll kann nur er gucken. Mister Hyde lacht laut drauf los und lässt 0846's Gesicht los. Er sieht sofort wieder auf den Boden und ich würde diesen Mister am liebsten eine reinwürgen. Dieser spricht weiter. "er ist ein Monster. Ein Monster, welches sich nur selten an Abmachungen hält, nicht wahr mein Lieber?" Wieder dieses Grinsen. Wie ich es hasse! Kein Wesen hat es verdient so behandelt und bloßgestellt zu werden! Doch 0846 nickt nur und sieht vorsichtig auf. Sofort knallt ihm der gewaltsame Wärter eine und ich mache einen Schritt nach vorne. Kurz davor etwas zu sagen- doch es würde alles ruinieren. Dann könnte ich den "Job" hier vergessen, welcher nebenbei erwähnt unbezahlt, aber dennoch unsagbar wichtig für mich ist. Es geht hier um misshandelte Lebewesen. Deswegen tue ich so, als fände ich nur die Art, in der Mister den armen 0846 schlägt, ungemein interessant. 0846 erholt sich kurz vom Schmerz, schließt die Augen und ballt für einen kurzen Moment seine Hände zu Fäusten. Doch er löst sie schnell wieder. Wer weiß, was dieser Mister neben ihm sonst mit ihm macht... "Also", beginnt dieser gerade wieder, "Regel Nummer Eins: Der Hybrid darf euch nicht zu nahe kommen, sollte er das doch tun, wird er bestraft! Ihr dürft sie alle gerne schlagen. Ihnen wurden genverändernde Chemikalien gespritzt, keiner von ihnen wird von ein paar Schlägen sterben. So zum Beispiel" Ich schrecke auf, sobald ich das Gehörte verarbeitet habe, doch 0846 scheint das schon lange vorausgesehen zu haben. Er schließt die Augen und bereitet sich innerlich auf das Folgende vor. Mister Hyde holt aus und schlägt seinem Opfer mit voller Wucht in die Magengrube. Dieses stöhnt kurz vor Schmerz auf und hält sich den Bauch. Ich kann sehen, wie er nach Luft ringt und droht umzukippen. Doch er hält dem Ganzen stand und steht auch nach einiger Zeit und ein paar weiteren Schlägen ins Gesicht und ein paar Tritten gegen seine Beine noch tapfer da.

Die letzten fünfundvierzig Minuten waren die wohl grauenhafteste meines Lebens. Dieser Typ ist die Hölle. Mister Hyde... wie ich ihn jetzt schon hasse. Er quälte 0846 so lange, bis ich irgendwann einfach laut dazwischen fragte: "Und wie sollen wir die Gittertüren auf-und- zuschließen?" Er sah mich verwirrt an und erklärte dann, wendete sich endlich von 0846 ab, dieser klappte beinahe zusammen. Er lag zuckend auf dem Boden und wurde von einem Typen mitgeschliffen. Ja, richtig: er wurde geschliffen. Der Kerl packte einfach seinen Fuß und zog ihn weg. Der Junge lag keuchend auf dem Boden und keiner tat was. "Müssen da nicht mal Sanitäter ran?", fragte ich etwas zu hektisch und versuchte mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass bald alles anders für ihn werden würde. Dafür würde ich sorgen. Denn Mister Hyde antwortete nur auf meine Aussage: "Oh, haben wir hier ein Spitzel?!" Ich schüttelte schnell den Kopf und versuchte ebenso schroff zu klingen, als ich sagte: "Nein, ich will nur nicht, dass jemand sein Blut wegwischen muss..." Etwa die Hälfte der Helfer um mich herum lachte gemein auf. Der Rest sah mich fragend an, einige wissend, andere einfach nichtsahnend.

...

"Jamie Edwards", ruft eine monotone Stimme das Mädchen vor mir auf. Sie steht von ihrem Platz auf und macht sich auf den Weg ins Sekretariat, wo wir alle unsere Daten und Zugangsinfos erhalten. Die Hybride werden Part für Part an Helfer vergeben und ich hoffe mit Haut und Haaren, dass 0846 in meine Abteilung fällt. Über der Tür hängt ein Digitalschild, in dem alle Parts in Buchstaben aufgereiht sind. Unter jedem Buchstaben hängt eine Liste mit den dazugehörigen Nummern. Ich verstreiche meine Zeit mit der Suche nach Nummer 0846 und finde ihn bei Part T. Das ganze geht bis W, es sind also genau 23 Parts für 23 Helfer. Wenn ich das richtig gesehen habe, dann wurde das nach Metern berechnet, also der Entfernung von der Eingangstür des Tracktes bis zu den Zellen. Zusammen mit 0846 ist auch José unter T eingetragen. Jedes Mal, wenn ein Part zugeteilt wurde, wird er in der Tabelle weggestrichen. Bis jetzt ist Part T noch dabei, frag sich nur wie lange. Ich habe das Gefühl, dass dieser Part mit dem nächsten Aufgerufenen seinen Helfer gefunden hat. Und plötzlich höre ich meinen Namen. Bitte lass mich mein Gefühl nicht täuschen...

Ich betrete nervös den Raum, in dem ein robuster Schreibtisch aus dunklem Holz steht. An der Wand gegenüber der Tür hängt der Schädel eines Elefanten. Das ist sicher illegal... aber das ist hier wohl noch das kleinste Problem. "Okay... also für sie haben wir einen Part mit Höhen und Tiefen. Die dazugehörigen Akten sind hier." Ein Mann sitzt hinter dem Schreibtisch und hält mir einen Stapel Blätter entgegen. Ich entnehme sie ihm und starre auf das Deckblatt. "Hybriden-Akten des Part T", steht darauf. Ich kann ein Grinsen nicht unterdrücken. "Na, Sie sind sicher stolz darauf, Jemanden wie José in ihrem Team zu haben?" Ich sehe ihn an. Wenn er doch nur wüsste... "Ja, das ist eine unglaubliche Ehre, Sir. Danke!", sage ich dennoch und will fast schon wieder aus dem Raum gehen, doch er ruft mich noch einmal zurück. "Hey, Mister, warten Sie! Wie war Ihr Name noch gleich?" Ich lächle und bin mit den Gedanken schon wieder bei ihm. Doch diese kleine Info kann ich ihm gerade noch verraten. "Harry Styles."