Damit hatte ich alle Ignis wenigstens flüchtig kennengelernt und die wichtigsten Orte von Atsila besucht. Als wir zum Marktplatz zurückkehrten, spürte ich die Müdigkeit wieder in meine Glieder zurück kriechen wie vorhin schon nach meiner Auseinandersetzung mit Uruk. Ich musste gähnen und Lavita schaute sich belustigt zu mir um. "Platt? Glaube ich dir. Wollen wir schauen, ob dir eines von den Häusern gefällt? Dann kannst du dich bis zum Abendessen noch ein wenig ausruhen!"
"Hört sich gut an...!"
Während wir die offene Fläche erreichten und sie überquerten, fiel mir die Sache mit Kallik wieder ein und ich schaute mich nach ihm um, doch sah ihn nirgendwo herumlungern. Dafür entdeckte ich einen karottenroten Haarschopf und blieb stehen. Levi saß bei Tessa und hörte mit den anderen Kindern zu, was sie soeben zu erzählen hatte. Ihm ging es also wirklich gut, das beruhigte mich.
Und obwohl das zwischen uns und Alec ein riesiges Missverständnis gewesen war, für dessen Ausartung ich nicht wirklich etwas konnte, fühlte ich mich auch schuldig für das, was ihm passiert war. Ich sollte mich bei der nächsten Gelegenheit entschuldigen, am besten beim Abendessen, wenn es sich da ergab.
Das Haus auf der anderen Seite von Melanies Zuhause stand noch leer und es gefiel mir gut genug, dass ich es als meines beanspruchte. Lavita blieb noch kurz, erklärte sich bereit mit mir zusammen die Räume einzurichten wenn ich das wollte und verabschiedete sich dann erst einmal von mir bis zum Abendessen.
Plötzlich war ich wieder alleine und es fühlte sich beinahe seltsam an, dass das Mädchen nicht mit einem belustigten Schnalzen und augenverleiernd zu mir zurückkehrte, mich bei der Hand nahm und wieder nach draußen zog. Aber die Einsamkeit überkam mich nicht mehr mit der selben Stärke wie gestern noch. Rund um mich lebten jetzt ein paar bekannte Gesichter und im Notfall wusste ich, an wen ich mich wenden konnte. Atana wirkte zuverlässig, Lavita war quirlig und sie schien auf meiner Wellenlänge zu sein und mit Benno würde ich mich vielleicht auch ziemlich gut verstehen, wenn ich ihn näher kennenlernte. Ab jetzt würde mein Leben hoffentlich wieder etwas besser werden...!
Wie auch immer ich mir das Abendessen vorgestellt hatte, es kam anders als erwartet. Die Küche im Haupthaus war nicht besonders groß und so saß die Hälfte der Ignis Ellbogen an Ellbogen am kleinen Tisch, die andere Hälfte stand und lehnte sich entweder an oder nahm ihre Portion mit in ihr eigenes Haus. Kallik zum Beispiel kehrte schnurstracks wieder um, sobald er seinen Teller erhalten hatte und für Melanie brachte Atana wieder etwas vorbei. Auch Yumah kam nicht zu uns, dafür war Benno hier und hatte sich ans Fenster gestellt, wo er sich mit Uruk unterhielt. Ich hatte einen Platz am Tisch gefunden, eingequetscht zwischen Tessa und Kilian und gegenüber von Lavita. Es gab einen Auflauf für jeden, dazu Salat und über allem lag ein munterer Klangteppich aus Gesprächen kreuz und quer über den Tisch. Vor allem Tessa hatte eine furchtbar große Menge zu erzählen und ich war ihr dankbar, denn so musste ich weniger sagen und konnte in Ruhe essen.
Bloß als ich mir Nachschlag holen wollte, fiel mir mein Vorhaben mit Levi wieder ein, als ich den Jungen alleine in einer Ecke des Raumes stehen sah. Eine bessere Chance bot sich vielleicht nicht. Also fasste ich meinen Entschluss und machte mit meinem Essen einen Abstecher zu ihm hinüber.
Noch bevor ich meinen Mund für eine Entschuldigung öffnen konnte, hob Levi seinen Blick und zuckte zusammen als er mich erkannte. Seine Hand mit der Gabel darin wanderte instinktiv Richtung Schulter und er machte einen unglücklichen Gesichtsausdruck, bevor er sich hastig sammelte und versuchte, neutral dreinzuschauen.
"Tut es noch weh? Ich wollte mich entschuldigen für-"
Levi unterbrach mich durch ein entschiedenes Kopfschütteln: "Nein, schon gut. Musst nicht. Ist halt passiert."
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Die Geschichte von Feuer und Wasser
FantasíaNat's Leben ist okay und beinahe sogar normal, bis zu dem Tag, als ihn ein Wildfremder auf der Straße anspricht und alles anzweifelt, woran Nat jemals geglaubt hat: Seine Herkunft, das Schicksal seiner Eltern und die wahren Absichten seines Ziehvate...