Kapitel 12

15 1 3
                                    

Zurück auf den Bauernhof gingen wir trotzdem nicht. Wir blieben im Feld sitzen, ich zupfte unruhig ein paar Halme aus dem Boden und Alec sammelte sich in der Zwischenzeit.

"Was machen wir jetzt eigentlich?", fragte ich nach einiger Zeit, als so ziemlich alle Halme in meiner Reichweite entwurzelt auf einem Berg neben mir lagen. Alec musste bei dem Anblick schmunzeln, wurde dann aber sofort wieder ernst. "Zuerst müssen wir uns weg teleportieren. Hier suchen meine Leute mit Sicherheit bald nach mir. Und danach... Ich weiß es noch nicht." Einen Moment starrte er in die Ferne. "Weißt du, für einige Zeit hatte ich darüber nachgedacht, ob wir vielleicht nach Noatun gehen sollten. Ich hatte gehofft, wenn ich dich als Gefangenen präsentiere, dann gibt es vielleicht noch eine Möglichkeit, dass die Fluctus nach einiger Zeit bemerken könnten wie ähnlich wir uns sind. Aber das mache ich nicht. Niemals. Die werden nicht zuhören. Oder dich am Leben lassen. Das war eine Schnapsidee von mir."

Kurz hatten sich meine Finger in die Erde unter mir vergraben als er diesen ungeheuerlichen Vorschlag ansprach, doch es gelang mir, mich wieder zu entspannen. Alec würde mich nicht ausliefern. Das würde er nicht. Nicht mehr, nicht jetzt... Trotzdem schaute er weiter düster drein und hob schließlich wieder seine Stimme: "Du Nat? Findest du, ich war dir ein guter Vater?"

"Ja", murmelte ich belegt, aber ich meinte es so. Nicht nur als Vater, sondern auch als Vorbild und bester Freund. "Danke dir. Aber ich finde, ich war nicht gut genug. Ein guter Vater wäre sicher in vielen Sachen strenger gewesen als ich. Bei den Schulsachen zum Beispiel. Was hättest du gemacht, wenn ich in einem Jahr weg gemusst hätte? Ohne Abschluss mit deinen Noten... und ohne Geld... Ich war so nachlässig. Nur weil ich dachte, ich könnte dich nicht zum Lernen ermutigen, da ich selbst niemals die Menschenschule besucht habe. Ugh... Und jetzt sitzen wir hier wegen mir fest. Wenn du mich fragst, hättest du jeden Grund mich nicht mehr zu leiden."

"Sag sowas nicht", bat ich Alec und robbte näher zu ihm. "Hätte ich nicht mit Lavita gesprochen, dann hätten wir nicht vor den Ignis flüchten müssen und du wärst nicht verletzt worden! Das ist auch meine Schuld."

"Wer ist Lavita?", fragte mein Gegenüber verwirrt, aber auch mit einem Hauch von Vorwurf in seiner Stimme. Richtig, das hatte ich Alec nie richtig erklärt. Ich schluckte nervös: "Das Mädchen, mit dem ich mich in meinem Traum unterhalten hatte, in Atsila. Sie wollte wissen, wo ich bin und ich habe ihr gesagt, dass wir bald bei einer Schmiede sind." Im Nachhinein klang es so dumm, wie einfach ich unser beider Leben aufs Spiel gesetzt hatte.

Alec starrte eine Weile vor sich hin, bevor er nickte und sich aufrappelte. "Nat? Ich weiß jetzt, wo wir hinkönnen. Ich bin wieder fit, wir können uns gleich teleportieren. Aber bevor wir das tun, brauche ich von dir ein Versprechen. Okay?"

Verwirrt stand ich vom kalten Erdboden auf und beobachtete meinen Kumpel, der als dunkle Silhouette vor der untergehenden Sonne auf und ablief. "Was für ein Versprechen?", wollte ich wissen.

"An dem Ort... Da ist es sehr wichtig, dass du gut auf mich hörst und genau das tust, was ich dir sage. Ich kann uns nicht den ganzen Weg teleportieren, den Rest müssen wir laufen und es könnte möglicherweise gefährlich werden. Aber wenn wir es geschafft haben, wird alles gut! Kannst du mir versprechen, dass du auf mich hören wirst?"

Alec war selten so ernst, aber wenn er es war, dann gab es einen guten Grund dafür. Vielleicht gab es an dem Ort Fallen und man musste genau wissen, wohin man treten konnte. "Ich verspreche es!", erwiderte ich mit fester Stimme.

"Gut, dann nimm meine Hand", verlangte Alec und streckte mir seine rechte entgegen. Mit der anderen Hand zückte er einen weiteren Warppfeil, den er im Boden versenkte. Er glühte auf, verschmolz förmlich mit der dunklen Erde und bildete dort einen leuchtenden blauen Kreis voller Linien, verschlungener Symbole und Schriftzeichen, die ich nicht erkannte. Jetzt wurde ich doch etwas nervös. Ich schluckte hart: "Wo ist dieser Ort denn? Und warum muss ich-?"

Die Geschichte von Feuer und WasserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt