Kapitel 8

149 15 30
                                    

In den nächsten Tagen redeten weder Sara noch David viel mit mir. Ich konnte es ja verstehen, aber es frustrierte mich zusehends. Ich zog mich in meinen Panzer zurück, sprach kaum noch und versperrte mich jedem Aufmunterungsversuch. Kelly gab das auch relativ schnell auf, aber Luke blieb hartnäckig. Wenn ich morgens zur Arbeit kam, plauderte und scherzte er mit mir, er nahm mich ungeachtet meiner Proteste zu verschiedenen Mitarbeitertreffen mit und lud mich auch ab und zu einfach so zum Essen ein. Ich war mir nicht sicher, ob er allein auf freundschaftlicher Basis agierte oder irgendwelche Hintergedanken hegte. Aber im Inneren war ich einfach nur froh, dass sich irgendjemand um mich kümmerte. Und ich wollte nicht über die Konsequenzen nachdenken. An einem Nachmittag, ich war gerade mit der Arbeit fertig, wartete Luke vor der Umkleide, als ich heraustrat. ,,He, wartest du auf mich?”, fragte ich ihn. ,,Ja. Kommst du eben mit in mein Büro?”, fragte er. Ich hatte keine Ahnung, was er von mir wollte, aber ich folgte ihm widerstandslos. Wie ein perfekter Gentleman öffnete er mir die Tür. ,,Nach Ihnen.” Ich lachte und trat hindurch. Hinter mir fiel sie ins Schloss und es wurde abgeschlossen. Erschrocken drehte ich mich um. ,,Was soll das?”, rief ich. ,,Sprecht euch aus! Ihr seid beide unausstehlich, wenn ihr euch nicht vertragt!”, rief Luke zurück. Ich drehte mich wieder um und sah David auf dem Chefsessel herumlümmeln. Ich lehnte mich an den Schreibtisch, weil ich nicht wie ein unartiges Mädchen auf dem harten Stuhl gegenüber Platz nehmen wollte. Wir schwiegen uns an. Die Minuten verstrichen langsam. Ich räusperte mich leise. Keine sichtbare Reaktion von David. Es wirkte fast so, als wäre ich die Einzige, der das unangenehm war. Ich schluckte. Mein Atem kam mir unnatürlich laut vor. Ich hätte gerne gewusst, ob David sich genauso fühlte. Ich atmete noch einmal tief durch und krächzte dann: ,,Es tut mir leid, dass ich so komisch reagiert habe. Ich komm nicht so gut mit privaten Fragen zurecht.” Meine Stimme klang, als hätte ich sie seit gefühlten zwanzig Jahren nicht benutzt. David sah mir zum ersten Mal seit dem… Was war das eigentlich gewesen? Nicht mal ein Streit. Einfach nur eine …Verstimmung. Jedenfalls sah er mir zum ersten Mal seitdem wieder direkt in die Augen. Dann räusperte er sich ebenfalls. ,,Schon gut. Mir tut es auch leid, dass ich immer so persönliche Fragen stelle. Aber so bin ich halt.” Seine Stimme klang nicht im geringsten kratzig. Ich beneidete jeden darum, bei dem das so war. Ich streckte ihm die Hand hin. ,,Wieder Freunde?” Ein freches Grinsen huschte über sein Gesicht und er schlug ein. ,,Klar.” Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Bis zum letzten Moment hatte ich nicht geglaubt, dass wir uns wieder zusammenraufen würden. Umständlich hievte David sich aus seinem Sessel. ,,Dann wollen wir mal meinen lieben Bruder davon überzeugen, dass er uns rauslassen kann”, meinte er und schlappte langsam zur Tür, als wäre er ein uralter Mann. Ich folgte ihm. Nachdem wir eine gefühlte Ewigkeit geklopft und gerufen hatten, bekamen wir endlich eine Antwort. ,,Seid ihr schon fertig?”, fragte Luke verwundert. ,,Ja, du Keks und jetzt lass uns frei”, antwortete David und ich wunderte mich fast gar nicht über diesen ungewöhnlichen Spitznamen. Ein Klacken im Schloss und schon war die Tür offen. Stürmisch fiel ich Luke um den Hals und rief: ,,Du bist mir einer. Sperrst uns einfach ein. Aber danke.” Kurz darauf löste ich mich unbeholfen von ihm und wir standen verlegen im engen Flur herum. Niemand hatte mit so einem Gefühlsausbruch gerechnet. In diese betretene Stille platzte Kelly. ,,Ähm, störe ich? Egal, Luki-Boy, ein Gast verlangt nach deiner Anwesenheit. Kommst du?” Erleichtert, der Situation entkommen zu können, floh Lukas fast hinter Kelly in den Gastraum. David und ich blieben zurück. Ich zuckte mit den Schultern. ,,Wie auch immer. Ich geh dann mal, bevor ich wieder Ärger krieg. Außerdem werde ich mich heute wahrscheinlich mit Sara aussprechen”, sagte ich. ,,Kann ich dich begleiten? Dann kannst du mir erzählen, warum ihr euch gestritten habt. Ich stelle auch keine privaten Fragen”, fragte David. Ich stimmte ohne zu zögern zu. Schließlich sollte sich unsere Freundschaft normalisieren. Und wenn er eh nichts zu tun hatte, warum nicht?
Als ich in der Wohnung ankam, war Sara schon da. Sie stand in der Küche und kochte irgendetwas, das unglaublich lecker roch. Ich begrüßte sie mit einem vorsichtigen ,,Hallo”. Sie murmelte mir ein paar undefinierte Wörter zu, während sie hochkonzentriert im Topf rührte. Der Tisch war statt für drei wie sonst nur für zwei gedeckt. ,,Machst du einen Paarabend mit James?”, fragte ich. ,,Nein, der ist heute bei einem Kumpel”, antwortete Sara und goss Nudeln ab. ,,Ok.” Wir fühlten uns beide ziemlich unwohl. Ich holte tief Luft und sagte: ,,Ich muss mit dir reden.” Sara nickte und stellte das Essen auf den Tisch. Ich registrierte Gulasch. Dann setzte sie sich mir gegenüber hin und sah mich aufmerksam an. Um Zeit zu schinden, gab ich uns beiden Essen auf. Dann überwand ich aber meinen inneren Schweinehund. ,,Es tut mir leid, dass ich so unzuverlässig bin. Ich weiß, dass ich nicht immer meine Vergangenheit als Entschuldigung nehmen kann, aber ich kämpfe immer noch mit so vielen Dingen. Ich kann nicht versprechen, dass es besser wird, aber ich versuche es. Wirklich. Ich hoffe, du hast genug Verständnis dafür. Sonst gucke ich, dass ich vielleicht bei David und Lukas unterkomme. Ich würde es verstehen. Sag einfach Bescheid.” Das alles ratterte ich herunter, den Blick auf meinen Teller gerichtet. Eine Hand legte sich auf meine. Ich sah hoch und in Saras Augen. ,,Ich bin auch nur ein Mensch und kann nicht von mir behaupten, dass es einfach für mich ist. Aber ich hatte dich schon immer gern und in den letzten Wochen so ins Herz geschlossen, dass ich dich um nichts in der Welt jetzt wegschicken würde. Ich würde mir eh nur die ganze Zeit Sorgen machen”; sagte sie. Ich stand auf und nahm sie in den Arm. Offensichtlich war das die einzige Reaktion, die ich heute auf solche Situationen parat hatte. Dann widmete ich mich endlich dem Essen und wie erwartet war es unglaublich lecker. Ich aß so viel, dass ich wahrscheinlich drei Kilogramm zugenommen hatte. Aber laut Sara tat mir das gut. Nach dem Essen warfen wir Gossip Girl in den DVD-Player und gönnten uns einen richtigen Mädchenabend. Danach schlief ich so gut wie schon lange nicht mehr.
Ein paar Tage später fing mich Luke wieder nach dem Umziehen ab. ,,Hast du ne Sekunde Zeit?”, fragte er. Ich grinste. ,,Willst du mich wieder mit irgendjemandem einsperren?”, fragte ich amüsiert. ,,Das wird mir jetzt ewig anhängen, oder? David zieht mich auch schon die ganze Zeit damit auf”, beschwerte er sich, musste aber auch grinsen. ,,Also, was wolltest du mich fragen?”, erinnerte ich ihn an sein Anliegen. ,,Ach ja, ich wollte fragen, ob du am Samstag Zeit hast? An der Weser eröffnet ein tolles kleines Restaurant, ich wollte mit dir hingehen.” Ich spürte, wie ich errötete. ,,Hast du denn niemanden, den du lieber dabei hättest? Ich war nicht die beste Gesellschaft und bin es immer noch nicht.” Lukas lächelte mir zu. ,,Ich finde dich nicht so schlimm. Dass du nicht über dich redest, macht dich nur interessant. Also, soll ich dich um sechs abholen?” Ich hoffte, in dem dämmerigen Flur sah er meinen feuerroten Kopf nicht so deutlich. ,,Da du dich ja offensichtlich nicht umstimmen lässt, einverstanden”, gab ich jede Gegenwehr auf. Dafür wurde ich mit einem strahlenden Lächeln belohnt. Er sah echt süß aus, wenn er sich so freute. ,,Super, dann hole ich dich ab.” Ich konnte nicht anders und erwiderte sein Lächeln. ,,Muss ich irgendwas Bestimmtes anziehen, keine Ahnung, ein Abendkleid, weil es 12 Sterne hat oder kein ausgeschnittenes Top, weil es eine Dönerbude ist?”, erkundigte ich mich. Lukas schüttelte den Kopf. ,,Etwas schicker als normal, mehr ist übertrieben. Ich komm auch nicht im Anzug.” Ich nickte. ,,Geht klar.” Dann verabschiedete er sich, die Arbeit rief. Und ich lief nach Hause - alleine, David war nicht da - und durchwühlte meinen dürftigen Klamottenbestand nach passenden Klamotten.

Hallihallihallöchen! Da habt ihr den nächsten Teil. Ich hoffe, es gefällt euch. Momentan läuft es ganz gut. ; ) Und nun zu den Fragen:

1) Tag der Entschuldigungen: Wer von euch hätte damit gerechnet, dass Luke den Anstoß gibt? Für alle, die ihn vergessen haben: Er ist der große Bruder von David und Besitzer des Cafés.

2) Wie soll das Café heißen? Noch hat es keinen Namen.

3) Uuuuuh, ein Date mit Lukas! Oder nur ein harmloses Treffen? Was meint ihr? Und was wollt ihr?

Das war´s schon wieder von mir. Heute mal ein bisschen Schleichwerbung: Ich hab vor kurzem eine neue Story angefangen, sie heißt Lila Herzen. Schaut doch mal rein, ich würde mich freuen.

Und vielen Dank für über 800 Reads!!!! Ihr seid die Besten!!! Ich bin sprachlos!

Schönen Tag noch und frohe Ostern!

LG, Vany

Dark MomentsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt