Kapitel 9 - Albtraum

102 8 0
                                    

Ich weiß weder ihre, noch meine letzten Worte.

Ich wünschte ich könnte mich daran errinnern.

Ich wünschte ich dürfte mich verabschieden. Ihnen danken.

Ich will sie nochmal umarmen.
Noch ein letztes mal.

-

2 Monate vorher:

Ich keuchte.
Ich konnte nicht atmen.

Ich sah nichts. Alles war schwarz.

"Hallo? Können sie mich hören?"

Grelles Licht blendete mich.
Ich kniff meine Augen fester zusammen.

Mir war so schwindelig. Mir war schlecht und ich hatte keine Ahnung wo ich war.

Ich erinnerte mich schwach an Scheinwerfer. An den Lärm und an den Aufprall.

Was war passiert?

Ich blinzelte.

Weiß. Ich sah nur weiß.

Meine Sicht wurde schärfer und ich erkannte einen Mann im weißen Kittel vor mir.
Neben ihm zwei Frauen, ebenfalls in weiß.

Vorsichtig schielte ich im Raum umher.
Weiße Wände, ein Sessel und ein Bett. Zwei Betten, wenn man meins mitzählt...

Wer lag neben mir?

Ich versuchte meinen Kopf zu drehen, doch ein stechender Schmerz durchzog meinen Körper.

"Miss Reyes? Wie geht es ihnen?"

Ach mir, kein Ding du, mir geht's supi dupi...
Man, schau mich doch mal an, du Hohlkopf...

Innerlich schimpfend nickte ich leicht.

"Wissen sie was passiert ist?"

Und das Verhör ging los.

"Ich..." Krächzend versuchte ich zu antworten "...da war..ein Auto...es kam auf uns..zu.."

Ein hechelndes Hüsteln entfuhr mir und meine Lungen schrieen nach Luft.

Ich war so müde.

"Na gut, ruhen sie sich jetzt lieber aus."

Ich wollte gerade meine Augen schließen, als sie mir einfielen.
Wie konnte ich sie nur vergessen?

"Warten sie...mein Bruder..meine Eltern..."

"Ihrem Bruder geht es gut."

Ein Felsen fiel mir vom Herzen.

"Wir geben unser bestes was ihre Eltern angeht, versprochen."

Sie verließen das Zimmer und eine Träne verließ mein Auge.

Danach schlief ich ein.

-

...noch ein letztes mal.

Ich legte den Stift aus der Hand.
Seid neuesten schrieb ich Tagebuch.
Mein Therapeut meint, es würde helfen.

Keine Ahnung ob er Recht hat.

Meine Eltern starben vor zwei Monaten bei einem Autounfall.

Mein Bruder hatte eine Platzwunde am Kopf, eine Gehirnerschütterung, einen gebrochenen Fuß.

Ich hatte unzählige Prellungen und Blutergüsse. Außerdem wurde mein Knöchel gequetscht.

Ansonsten bin ich echt gut davon gekommen.

Nach etwa einer Woche - sie wollten uns zur Beobachtung noch ein wenig dort lassen - wurden wir endlich aus dem Krankenhaus gelassen.

Und von da an sind wir in Therapie gekommen.

Meine Tante, Kate, war uns eine große Hilfe.

Sie ist extra aus Los Angeles, hier her gekommen.

Sie hat dort einen Job und da sie unser Sorgerecht übernommen hat, werden wir mit ihr dorthin ziehen.

Sie ist erst 30 und noch Single.

Aber wir haben genug Geld geerbt.

Sie hat dort ein neues größeres Haus gekauft.

Ich hab Angst davor wegzuziehen.

Angst davor, meine Freunde zu verlassen. Shay zu verlassen.

Aber ich verstehe es und ich will keine Umstände machen.

Es klopfte leise an meiner Zimmertür.

"Lia? Bist du fertig?" Kate hatte eine sanfte Stimme und ich verstand mich super mit ihr.

Es war also so weit.

"Klar." Ich rang mir ein Lächeln ab und verstaute das Tagebuch in meiner Tasche.

Simon und ich wollten in L.A. neu anfangen. Das hieß wir wollten versuchen dort ohne Therapie auszukommen.

Ich war ganz froh darüber.
Vielleicht konnte ich das ganze dann einfach vergessen.

Ich atmete einmal tief durch, dann setzte ich mich ins Auto.
Ich konnte ja nicht mein ganzes Leben lang Angst vor Autos haben.

Ich weiß nur, dass der Fahrer betrunken war. Er saß betrunken am Steuer und fuhr in die falsche Richtung. In uns rein.

Vermutlich würde ich nie wieder Alkohol trinken, aber ich wollte mich da noch nicht so ganz festlegen.

"Ich hoffe euch gefällt das neue Haus." Kate versuchte eine Unterhaltung zu starten.

Dankbar ging ich auf sie ein.
"Bestimmt. Wie weit ist die Highschool nochmal weg?"

"Ich glaub es waren ungefähr 15 min. mit dem Fahrrad." Sie lächelte.

"11. und 6. Klasse oder? Ihr seid so schnell groß geworden."

Ich nickte. Sie hatte recht, die Zeit verging schnell.

Manchmal zu schnell.

FlaresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt