Kapitel 4 | Gar nicht gut

24 8 12
                                        

DER WEG, welcher sich vor uns erstreckt, ist dunkel und nass. Ich bin hin- und hergerissen; das Abenteuer wartet ist gar verführerisch und ich muss meinen Bruder finden, aber es könnte auch den Untergang bedeuten; ich habe keine Ahnung.

Matthew drängelt. «Bitte, Di», sagt er. «Wir müssen dahin. Genau dort habe ich ihn das letzte Mal gesehen.»

Ich setzte mich langsam in Bewegung und sehe mich um. «Warum warst du hier? Ich meine; wir hatten uns doch verabredet», frage ich.

«Wir? Uns verabredet?» Ich drehe mich um und sehe in sein verwirrtes Gesicht.

«Ja», sage ich. «Du hast mir diese Nachricht geschickt.»

Ich hole mein Telefon raus und lese seine Worte laut vor. Er schaut verwirrt vom Handy zu mir und wieder zurück. «Das ist durchaus seltsam.»

«Allerdings.» Ich setzte mich wieder in Bewegung und suche die Wände nach geheimen Eingängen ab; halt, stopp, wer sagt, dass sie nicht weiter sind?

Die Mauer.

Ich drehe mich um die eigene Achse; den Kopf in den Nacken gelegt, und blicke explizit jedes Fenster an.

«Kuhfuß?», frage ich.

«Nope», antwortet Matthew. «Nicht mal ein kleiner Hammer; und erst Recht zum Glück kein Messer. Ich habe echt Angst um Lawrence.»

Ich tippe mir an die Nase. «Seit wann kümmerst du dich um meinen Bruder?», frage ich mehr oder weniger interessiert. «Ich dachte, ihr hasst euch!?»

«Nein», sagt Matthew entsetzt. «Ich soll ihn hassen? Was glaubst du; warum war ich just in dem Moment auch dort, wo er verschleppt wurde!?»

«Ihr hattet ein Date», sage ich trocken.

«Nein», wehrt er wieder ab; aber sogar aus dem Augenwinkel sehe ich, wie rot er ist. «Wir haben uns getroffen, ich musste ihm helfen!»

«Bei was? Er ist ein Genie», sage ich leicht abfällig und untersuche einen herausragenden Mauerstein nach Fluchtspuren.

«Ähhh.»

«Na also, gib's zu. Du liebst Lawrence», sage ich trocken. «Schön zu wissen.»

Vielleicht wirkt es falsch auf ihn, wie grob ich bin. Vielleicht denkt Matthew nun, ich komm damit nicht klar, ich fände es komisch; doch so ist es nicht. Im Gegenteil, wahrscheinlich tut er meinem Bruder sogar gut.

Aber ich kann Matthew angsterfülltes und aufgeregtes Gesicht hinter mir förmlich spüren; er tut mir leid.

Aber für Lieblichkeit haben wir gerade keinen Platz; ich brauche nur eine Idee, wo mein verDAMMter Bruder stecken kann.

Ich rufe einige unschöne Flüche in die Nachmittagsluft, dann kicke ich gegen eine Mülltonne; Dampf ist Dampf und wenn er raus muss, muss er raus.

«Das geht aber gar nicht; der Teufel höchstpersönlich würde dich in Beschlag nehmen», meldet sich eine empörte, hohe Stimme ganz nahe an meinem Ohr zu Wort.

«Hart!», rufe ich erfreut, ja, tatsächlich, ich freue mich über diesen Engel.

«Was ist?», fragt Matti einige Meter entfernt.

«Oh ... ähm, nichts. Ich habe nur befürchtet, dass die Mülltonne ein Geheimweg ist, da habe ich dagegen getreten ... ähm, ja und ich war erfreut, dass wir nicht ... äh, eine Rutschpartie durch Bananenschalen machen müssen!»

Er fragt zum Glück nicht weiter nach, sondern scheint ganz in Kummer versunken zu sein. Ich lasse ihn und wende mich Hart zu; er sitzt auf meiner Schulter, so eine Frechheit!

«Welcher der vier Nordwinde hat dich denn hergeweht?», frage ich.

«Es gibt nur einen Nordwind; einen Südwind; einen West –» «Das ist mir verdammt egal», unterbreche ich ihn. «Also, kannst du mir helfen? Mein Bruder ist weg. Wenn nicht schon mausetot, kann das nicht einschätzen; weiß nicht, wie gut die Wünsche in Erfüllung gehen!»

«Klappe», sagt Hart.

Ich gehorche; eigentlich nicht gerne, aber das hier ist eine Ausnahmesituation. Okay? Da gelten andere Regeln.

«Ich glaub ich spüre einen Luftzug», sagt er.

«Haben Engel feine Sinne?», frage ich. Nein, ich bin doch nicht still, es klappt doch nicht. Präg dir das ein, Federvieh!

«Ja», sagt Hart empört über meinen Zweifel. «Und der Luftzug ist der dritte Südliche!»

«Ah, drei Südliche gibt es, vier nördliche nicht?», beschwere ich mich höchst pikiert. «Danke auch!»

Hart geht nicht auf mein Gelaber ein, sondern hebt ab und fliegt zu einem Lüftungsschach.

Engel sein hat Vorteile. Vielleicht will ich doch nicht in die Hölle; aber nur vielleicht.

«Hier», sagt er.

«Bist du dir sicher?», frage ich.

«So sicher, wie William Shakespea –» «Der Typpie interessiert mich reichlich wenig», motze ich. «Wie kommen wir da durch?»

«Öffnen», sagt er. «Schraubenzieher.»

---

Haha, schaff es doch jeden Tag ^^

Irgendwie.

Muss jetzt Englisch lernen; morgen Klausur.

𝐃𝐈𝐀𝐍𝐀 - 𝐬𝐡𝐨𝐫𝐭 𝐬𝐭𝐨𝐫𝐲 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt