Kapitel 1

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Mein großer Bruder Aarón stand hinter mir und hielt ein Notizbuch fest, welches er mir gerade aus der Hand gerissen hatte. ,,Gib es zurück!" sagte ich sauer und griff danach. Er zog es weg. Na so willst du es also? dachte ich und entzog mich seinem Griff. Ich schlich mich hinter ihn und schmiss ich mich auf ihn. ,,Hah!" entfuhr es mir als ich das Notizbuch aus seiner Hand zog. ,,Hey du hast gefoult!" sagte er lachend. ,,Hab ich nicht!" sagte ich mit gespielt empörtem Ton und verschränkte die Arme. Unsere Mutter kam ins Zimmer. ,,Hey Mädels hört auf." sagte sie und mein Bruder guckte sie nur empört an während ich losprustete. Ich nahm mein Notizbuch, welches viel mehr ein Zeichenblock war und ging mit Lauten schritten in mein Zimmer während mein Bruder mir nachrief ,,Pass auf das du vor Stolz nicht die Treppe runterfällst." Ich lachte in mich hinein.

Wenig später saßen wir am Esstisch und aßen zu Abend. Es gab Tacos und ich nahm mir gleich drei auf den Teller, die ich in Rekordzeit verschlang. ,,Pass auf das du dich nicht verschluckst." sagte meine Mutter lachend während sie mir liebevoll die Hand auf die Schulter legte. Dann drehte sie sich auch zu meinem Bruder und ihr Gesicht bekam einen ernsten Ausdruck. ,,Kinder ich hab euch was zu sagen" sagte sie und ihr Gesicht verriet das es nicht einfach für sie war die nächsten Sätze zu Formulieren. ,,Ma, was ist los?" fragte ich besorgt während mein Bruder an ihre Seite ging. Sie war sonst immer fröhlich und ich glaube nicht das ich sie je vorher so besorgt gesehen habe. ,,Es ist nicht einfach zu erklären." sagte sie während sie aufstand. ,,Ihr- nun ja..."sie brauch erneut ab um ihre Gedanken zu sammeln. ,,Ich werde euch jetzt etwas großes erzählen und ich fürchte ihr könntet mich danach hassen." sagte sie mit wässrigen Augen. ,,Mamá wir könnte dich niemals hassen." sagte mein Bruder liebevoll während ich nun auch neben sie trat. ,,Ich habe euch früher erzählt das euer Vater mich verlassen hat, es schien mir das einfachste es so hinzustellen." Ich atmete aus, ja die Geschichte über unseren Vater der meine Mutter verlassen hat nachdem wir geboren waren. Ich hatte diese Geschichte immer doof gefunden und war immer sauer auf unseren Vater gewesen, doch meine Mutter hatte nicht viel von ihm erzählt. Sie hatte immer wieder seine schönen Grünen Augen erwähnt und die Schwarzen lockigen Haare, doch nie hatte ich ihn mir wirklich vorstellen können. ,,Ich habe euch angelogen. Euer Vater hat euch nicht verlassen, er hat mich verlassen. Ich und er hatten einen große Streit als ich gerade erfahren hatte das ich schwanger mit dir war." sagte sie und guckte zu Aáron. ,,W-wie bitte?" fragte er und sah mich an. Ich sah die Verwirrung in seinen Augen doch es schien noch etwas anderen zu sein. Eine kleine Träne glänzte in seinem linken Auge. ,,I-ich hatte so Angst, all diese Ängste die ich zu der Zeit hatte und dann noch der Streit. Euer Vater wusste zu dem Zeitpunkt gar nicht das er einen Sohn habe würde. Ich habe es ihm nie erzählt. Er hatte seine Sachen gepackt und war verschwunden. Ich habe ihn verletzt." schluchzte sie und hielt die Hände vor ihre Stirn. Mein Bruder stellte sich abrupt hin und machte ein Paar schritte zur Treppe. ,,Entschuldigung...." murmelte er und hastete in sein Zimmer. Ich stand an unserem Tisch neben meiner sitzenden Mutter und war den Tränen nahe. Ohne was zu sagen ging ich ebenfalls die Treppe hoch und betrat das Zimmer meines Bruders. Er saß auf dem Bett und starrte aus dem Fenster. Unter seinen Augen waren nasse Spuren zu sehen. ,,Hey, hm?" sagte ich und stupste ihn an der Schulter an. Er guckte mich an. ,,Entschuldige das ich dich alleine gelassen habe, doch ich konnte das nicht so schnell verarbeiten." sagte er leise und legte seinen Arm um mich. ,,Ist schon gut." sagte ich und drückte mich an seine Schulter. Nun begannen die Tränen bei mir ebenfalls und ich holte Ruckartig Luft. ,,Es wird alles gut." sagte er und dann begann er eine mir bekannte Melodie zu summen. Es war die die er mir früher immer zum einschlafen vorgesungen hatte. Wir weinten zusammen etwas, während mein Bruder immer wieder summte. Mein Atem beruhigte sich nach einiger Zeit und ich lehnte ruhig neben ihm. ,,Weißt du ich wusste immer das ich diese Melodie von unserem Vater kenne." Sagte er und lächelte. ,,Es musst doch nicht schlimm sein das wir unseren Vater nicht kennen, das heißt ja das wir ihn noch kennen lernen dürfen." sagte er und ich setzte mich auf. ,,Ja, ich schätze du hast Recht sagte ich zögerlich." ,,Hab ich doch immer." sagte er neckend aber liebevoll und stupste mich nun an. ,,Atme einmal tief durch." sagte er und stand auf. Ich folgte ihm wieder nach unten, wo unsere Mutter mittlerweile nicht mehr weinend saß. Sie lächelte uns Schwach an als sie uns sah. ,,Hey ihr beiden." sagte sie mit einem fragenden ton als ob sie wissen wollte ob es okay zwischen uns war.  Ich nickte ebenfalls lächelnd und meine Mutter atmete auf.

Danach lebten wir viele Jahre glücklich in dem Glauben dies hinter uns gelassen zu haben doch eines Tages wurde unsere Mutter krank. Sehr krank. Ich war zu dem Zeitpunkt 14 Jahre alt und mein Bruder 19. Schließlich musste meine Mutter in ein Heim gebracht werden, weil sie nicht mehr selbst für sich sorgen konnte. Es war eine schlimme Zeit für uns doch wir halfen und trösteten uns gegenseitig. Nachdem wir das alles ein bisschen verarbeitet hatten beschlossen wir das es jetzt an der Zeit währe unseren richtigen Vater kennenzulernen. Unsere Mutter hatte uns einen Brief hinterlassen. Es war nicht viel darauf geschrieben, nur ein kleiner Text und drei dick angestrichene Wörter.

Lieber Aarón, Liebe y/n,

Keine Sorge ich vertraue euch und aus welchem Grund auch immer ihr diesen Brief bekommt möchte ich dass ihr wisst das ich euch liebe. Ich wusste schon sehr früh über meine Krankheit aber man konnte nichts dagegen tun. Ich möchte ebenfalls dass ihr wisst das euer Vater kein schlechter Mensch ist, im Gegenteil er hat so viel Glück in mein Leben gebracht. Deshalb möchte ich das ihr wenn es so weit ist und ihr auf euch allein gestellt seid eurem Vater wenigstens eine Chance gebt. Bitte beurteilt ihn nicht ohne ihm wenigstens begegnet zu sein er ist ein Guter Mensch. Ich habe bereits mit der Familie kontakt aufgenommen, als ich noch gesund war und habe der Abuela Alma gesagt das ihr irgendwann kommen werdet. In Liebe Mamá

Bruno Madrigal, Encanto

Camilo Madrigal// You and I?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt