All Is On My Side

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All Is On My Side (Titel by Sam Fender) 

Rianne sah zu wie Jays Kopf langsam aber sicher zur Seite kippte und wusste, dass er wahrscheinlich gleich aus dem Schlaf aufschrecken würde, sobald sein Kinn ins Nichts fiel. Also streckte sie ihre Hand aus und stützte damit seinen Nacken ab. Er kuschelte sich im Schlaf daran. Wenn sie ihn so friedlich und entspannt sah, löste das, wie so viele andere Dinge an ihm, immer ein schmerzliches Ziehen in ihrem Herzen aus.Dass er seine Augen geschlossen hatte, sobald die Lichter im Flugzeug ausgegangen waren und jetzt vor sich hin döste, sagte eine Menge über den Grat seiner Entspannung aus. Sie musste also lächeln als sie daran zurückdachte wie frustriert und verärgert er noch vor ca. 12 Tagen über sich gewesen war:

"Ich fürchte ich bin einfach nicht besonders gut darin!" hatte er ihr beinahe entgegen geschrien.

"In was?"

"Urlaub machen? Locker lassen, entspannen!"

"Na und? Dann bist du's halt nicht. Vielleicht werden wir uns deswegen noch streiten, vielleicht sogar mehrfach, und dann gucken wir was wir damit machen!"

"Ich will mich aber nicht mit dir streiten!"

"Hast du vergessen wie gut wir darin sind uns auch wieder zu vertragen?"

Wo sich jetzt entspanntes und angenehmes Schweigen zwischen ihnen ausgebreitet hatte, hatte es auf ihrem Hinflug eine Menge Diskussionsbedarf gegeben. 15 Stunden Reisezeit waren mehr als ausreichend, um über manche Dinge zu sprechen. Auch wenn Rianne ihm bis Dallas zunächst die kalte Schulter gezeigt und ihn angeschwiegen hatte. Sie hatte sich bei ihrem Zwischenstopp erst einmal ein bisschen Mut antrinken müssen, nur für alle Fälle. Schon aus Prinzip hatte sie ihn nicht so leicht vom Haken lassen können. In der ersten Stunde zusammen, hatte sie am ganzen Leib gezittert, versucht mit diesem schrecklichen Gefühl fertig zu werden, das sein beinahe verpasster Flug, beinahe im Stich gelassen zu werden, verursacht hatten. Sie hätte das ihrer Familie nicht so gerne erklären wollen, gerade wo alle so erpicht darauf waren Jay kennenzulernen.

"Was ist, wenn dein Vater denkt ich sei nicht gut für dich?"

"Oh, hast du jetzt auch noch ein Vater Thema? Jay, es ist doch scheißegal, was mein Vater denkt! Ich werd dich immer meiner Familie vorziehen, soll ich's dir schwarz auf weiß geben?"

Sie hatte das auch schon für Andrea gemacht und sie würde es für ihn noch einmal tun, wenn es denn nötig wäre. Nur glaubte Rianne, dass es dafür gar keinen Grund geben würde. Er hatte ihre Mutter überlebt und sich sogar ziemlich gut dabei geschlagen, besser als sie. Also sollte ihr Vater kein Problem darstellen. Jay hatte argumentiert, dass es mit Vätern und Töchtern immer etwas Anderes war. Wenn sie an diese lange und ermüdende Diskussion dachte, wollte Rianne ihn erneut dafür erwürgen, dass er nicht genug an sich selber und seine Fähigkeit glaubte, Menschen für sich einnehmen zu können, indem er einfach nur er selbst war. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass er sich darüber überhaupt keine Gedanken zu machen brauchte.

"Warum ist es so schwer für dich zu glauben und zu sehen, dass alle dich lieben und nur wollen, dass du glücklich bist?"

"Weil ich mich dann frage warum? Warum kümmert es alle so sehr? Ich hab doch gar nichts Besonderes gemacht, um das zu verdienen!"

Our Scars (German Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt