Our Scars (German Version)

Dream

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Dream (Titel by Imagine Dragons)

"Paola di Varese!" Die Frau streckte ihm eine schmale, leicht runzelige Hand hin, die er etwas abgelenkt ergriff. Ihre Finger waren knochig, aber ihr Griff fest.

"Detective Jay Halstead," sagte er und schalt sich direkt einen Idioten, weil er seinen Dienstrang in die Vorstellung mit eingebaut hatte. Woher kam das denn bitte? Noch nicht einmal vor Riannes leiblicher Mutter hatte er den Drang verspürt den zu erwähnen. Paolas scharfsinnige Augen blieben eine unangenehm lange Weile auf ihm haften, dann entließ sie ihn abrupt."Ich sollte besser nach Hause, cara! Stai bene?" Paola drehte sich zu Rianne um, die sich noch immer nicht von der Couch bewegt hatte. Jay war klar, dass es ihr wirklich nicht gut gehen musste, da sie nicht mal aufgestanden war, als er in diese komische Situation gelatscht war."Kann ich, Sie vielleicht fahren?" bot Jay an, auch wenn er hoffte, dass die Frau ablehnen würde. Er hatte kein ernsthaftes Interesse daran die lange Fahrt nach Berwyn mit einer Frau zu verbringen, der er, dem kleinen Überrest an Trauer in ihrer stoischen Haltung nach zu urteilen, irgendwie die Schwiegertochter geraubt hatte. Aber natürlich hatte seine höfliche Seite wieder die Oberhand gewonnen.

"No, non necessario. Ich werde die L nehmen... grazie!"

Der italienische Akzent in ihrem Englisch war sehr deutlich. Paola nickte ihm grazil zu, ihre listigen Augen schauten ihn noch einmal ganz genau an. Dann nahm sie ihre Handtasche, die bisher auf dem Couchtisch neben ihr gelegen hatte."Lass mich dir zumindest Geld geben, damit du dir einen Uber nehmen kannst. È il minimo che posso fare!" Rianne machte einen schwachen Versuch aufzustehen, ihre Aufmerksamkeit nur auf ihren Gast gerichtet, aber die ältere Frau gebot ihr sich wieder hinzulegen, indem sie nur eine simple Handbewegung machte. Mit einer bestimmenden Aura um sich herum, die keinen Platz für Diskussionen zuließ, drückte die Frau Rianne einen Kuss auf die Stirn und sagte etwas, das Jay nicht verstand. Er bemerkte jedoch, dass Rianne ihr daraufhin mit Tränen in den Augen zunickte und den Arm der winzigen Person in tiefer Zuneigung drückte, scheinbar zu emotional für eine verbale Reaktion. Sein Kopf drehte sich  innerlich als er versuchte zu erfassen, was hier wirklich vor sich ging.

Paola di Varese nickte Jay knapp zu, ehe sie ihren Mantel anzog und zur Vordertür ging, eine Autorität in ihrem Schritt, als ob sie schon diverse Male hier gewesen wäre.

"Erklärst du mir das vielleicht?" fragte Jay abwartend, als er hinter ihrem Überraschungsgast die Türe geschlossen hatte.

Zumindest ihn hatte es überrascht, dass Andreas Mutter so plötzlich aufgetaucht war. Auf welche Weise Rianne darin verwickelt war, war ihm noch nicht so klar. Generell war er sich unsicher, wie er sich verhalten oder fühlen sollte. Was dieses Treffen zu bedeuten hatte, oder warum sie um alles in der Welt so schrecklich krank aussah, wenn sie doch tagsüber behauptet hatte, dass es ihr prima ginge? Aktuell war er gefangen in einem Kampf zwischen besorgt, erschrocken, ein bisschen wütend und ganz sicherlich verwirrt. Mittlerweile war Rianne aufgestanden, um sich einen neuen Tee zu machen. Jay fing sie in der Küche ab, bemerkte ihre langsamen Bewegungen und wurde immer unruhiger, als sie ihm nach Minuten des Schweigens immer noch keine Antwort gegeben hatte. Bevor er aber seine Stimme erheben und vehementer nach Antworten verlangen konnte, drehte sie sich schließlich zu ihm um und seufzte: "Es tut mir leid! So hab ich mir das erste Treffen zwischen euch beiden sicherlich nicht vorgestellt." Dem Ausdruck auf ihrem Gesicht nach zu urteilen, war er sich nicht sicher, ob sie gewollt hatte, dass sie sich überhaupt jemals begegneten. Ihre Stimme klang normal, aber es schien als habe sie ihre ganze Sommerhaut in den letzten 48 Stunden abgelegt. Riannes Gesicht war so aschfahl, dass die blauen Adern unter ihren Augen und an ihren Schläfen durch die blasse Haut hindurchschienen. Jay ballte unbewusst die Hände zu Fäusten: