Im Büro war ich gezwungen, Anzug mit Krawatte zu tragen, dazu schwarze Socken und nach Möglichkeit ein weißes Hemd. Zumindest bei der Farbauswahl des Hemdes waren die Kleidungsvorschriften ein bisschen lockerer. Für Frauen gab es keine Kleidervorschriften, mal abgesehen davon, nicht anzüglich zu erscheinen. Wie hängt das zusammen?
Wäre es umgekehrt, gäbe es Kleidungsvorschriften für Frauen, aber nicht für Männer, würde man schon in den Zeitungen Schlagzeilen lesen, wie "Das ist diskriminierend", "Das ist sexistisch", "Das ist frauenfeindlich". Als Mann, der sich solche Freiheiten wünscht, wirst du da nur verhöhnt. Selbst der Gesetzgeber scheint da mit zweierlei Maß zu messen.
Dann: Man hört immer wieder davon, dass Frauen geringer bezahlt werden, dass sie weniger Karrierechancen haben. Ist das dann der Preis, den Männer zahlen müssen, dass sie sich in einen Einheitslook stecken lassen müssen? Dass sie sich in der Welt der Wirtschaft und Politik fast uniform präsentieren müssen? Mit Anzug und Krawatte, wobei der Anzug schwarz, anthrazit oder dunkelgrau sein darf, und die Krawatte auch mal Farbe zeigen darf. Doch alles in allem erscheinen diese Männer nebeneinander gestellt wie graue Mäuse, der eine sieht aus wie der andere. Farben verpönt, Muster verpönt, Schnitte verpönt.
Was haben eigentlich die Klamotten zu tun mit der Fähigkeit und dem Engagement, seine Arbeit erledigen zu können? Was haben sie damit zu tun, wie seriös jemand ist? Vielleicht wird Frauen deshalb weniger zugetraut, weil ihr Rock, ihr Kleid, ihre Hose auch mal farbig sein dürfen? Da könnte man die These aufstellen: je mehr Farben, desto weniger Geld. Mehr Geld gibt es nur für Schwarz.
Gerade schwarz! Ich weiß gar nicht, wieso schwarz als so nobel und vornehm dargestellt wird. Schwarz ist nekrophil. Schwarz ist die Nacht. In den 60ern fuhren nur Bestattungsunternehmer schwarze Karossen, ansonsten waren die Straßen voller bunter Autos. Schwarz ist die Farbe der Toten. Oh, Moment. Schwarz ist ja gar keine Farbe. Schwarz ist das Nichts. Und so geht es mir beim Anblick von Wirtschaftsführern oder hochrangigen Politikern - sie lösen nur ein gelangweiltes Gähnen bei mir aus, allein schon vom Anblick.
Und für alle, die denken, ein Mann im Rock müsste schwul sein. Wenn es denn so wäre, ihr wärt gar nicht auf der Welt. Schaut euch einfach mal Bilder aus vergangenen Zeiten an, ägyptische Arbeiter beim Pyramidenbau, Alexander der Große, Cäsar, Karl der Große, Bauern im Mittelalter, Ludwig der XIV. Niemand trug Hose. Kleider, Röcke, Farben, Muster - alles ganz normal. Und lebensfroher wirkend als heute.
Wie heißt es an manchen Stellen? Die Hose wurde erfunden, als man auf Pferden ritt. Die Zeiten sind längst vorbei. Heute fährt man Auto, und die meisten Leute sitzen tagsüber im Bürostuhl. Nun ja, ich kann nur aus eigener Erfahrung sagen, dass zum Autofahren oder im Büro ein Rock komfortabler und besser geeignet wäre als eine Hose. Insofern ist eigentlich die Hose ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, total überholt.
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Als Mann im Kleid
Non-FictionKleidung hat kein Geschlecht! Ich bin ein Mann, der heute nur noch Röcke und Kleider trägt. Irgendwann trieb mich die Neugier und Experimentierfreude, wie es sich eigentlich anfühlt, Strumpfhosen, Röcke und Kleider zu tragen. Anfangs war eine große...