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Ich werde geweckt durch ein Klopfen an meiner Tür. Zunächst versuche ich, es zu ignorieren, doch das Klopfen wird immer eindringlicher und die Stimme meiner Beraterin dringt durch die Tür „Königin...die Sonne ist bereits aufgegangen und ihre Pflichten werden nicht auf sie warten". Ich brumme nur „die Sonne ist hier zulande durch den Nebel eh nie zu sehen", doch sie war bereits gegangen. Auch wenn ich meine königlichen Pflichten hasste, ich wusste ich kann sie nicht umgehen und so schleppe ich mich aus dem Bett. Ich nehme meinen Morgenmantel von dem mit dunkelroter Seide bezogenen Hocker und mache mich auf den Weg in mein Ankleidezimmer, wo auch schon die ersten Bediensteten auf mich warten. „Guten Morgen eure Majestät" kommt es wie im Chor aus ihren Mündern, so leise, dass man meinen könnte, sie flüsterten. Den Blick dabei gesenkt und einen leichten Knicks andeuten, man kann ihre Anspannung förmlich spüren. In meiner Gegenwart, sind das die meisten Menschen. Jedenfalls jeder, der meinen Ruf kennt. Lediglich ein paar lassen sich dadurch nicht abschrecken. Eine davon ist meine Beraterin Dorotis, weswegen ich sie auch schätze. Sie begegnet mir auf Augenhöhe und in einer respektvollen Distanz.
Ich blicke nun zu den Bediensteten und sage  „Heute liegt mir der Sinn nach etwas Königlichem, da ich heute Verpflichtungen nachgehe, sucht mir etwas mit goldenen Verzierungen raus". Kaum habe ich zu. Ende gesprochen, so rannten die Bediensteten förmlich um meiner Bitte nachzugehen. In wenigen Augenblicken hielten sie verschiedene Kleidungsstücke in den Händen, aus denen ich wählen soll. Ich entscheide mich für ein Korsett und Rock mit einem schlichten Schnitt, aber aufwändigen goldenen Details. Da ich heute wahrscheinlich nur einer kleinen Runde beistehen werde, entscheide ich mich für einen nicht allzu breiten Rock. Die Bediensteten helfen mir beim Ankleiden und legen meine Haare zurecht. Nach wenigen Minuten bin ich angekleidet und verlasse nun meine Gemächer auf dem Weg zum Speisesaal. Ich gehe den ewig langen Raum entlang, der jedoch nicht gerade prächtig dekoriert ist.
Früher war dies anders, zu anderen Zeiten, standen an jeder Ecke frische Blumen und die Teppige variierten jedes Jahr. Doch nun ist alles anders. Jetzt steht hier nur ein langer dunkler Holztisch mitsamt seinen Stühlen und den goldenen Bezügen. Den farbenfrohen Teppig habe ich entfernen lassen, denn die bunten Zeiten sind längst Vergangenheit.
An meinem Platz, am Kopf des Tisches, wartet Dorotis bereits mit meinem Frühstück „Da ihr nun auch endlich wach seid, will ich nur schnell euren Tagesplan für heute durchgehen". Ich setze mich und beginne zu essen. Währenddessen fährt sie fort „Zur Mittagsstund findet ein Handelsabkommen mit dem nördlichen Teil des Landes Friga statt. Deren König kommt mit samt seinen Vertretern angereist. Wie bereits beschlossen werden diese hier nächtigen, da es mehrere Tage der Diskussion bedarf und der König ohnehin einige Erledigungen hier im Süden tätigen muss. Außerdem..." es folgt eine bedeutsame Pause „würde ich euch Raten, heute einen guten Eindruck zu hinterlassen, da seine Majestät euren Vorfall und die Geschichte nicht kennt. Es wäre ein Vorteil die Gunst des Nordens zu erlangen, da der Osten und der Westen eher zurückhaltend sind nachdem sich einiges rumgesprochen hat". Zum Schluss schenkt meine Beraterin noch einen vielsagenden Blick, bevor sie ihren anderen Tätigkeiten nachgeht. >Einen guten Eindruck hinterlassen< bei einem König, der vermutlich genauso einen Stock im Hintern hat, wie alle anderen seiner Sorte auch, darauf habe ich besonders wenig Lust. Doch da musste ich durch. Ich esse also mein Frühstück zuende und mache mich auf den Weg in den Garten, wie jeden Morgen auch.
Wie der Name meines Reiches schon, sagt, ist es bedeckt von Nebel und so auch der Garten. Zwischen den getrockneten roten Rosen, die mittlerweile schwarze Ränder bekommen haben, liegt Nebel. Dieser gibt allem eine düstere Stimmung. Seit meine Eltern verstorben sind, ist es so, als hätten sie all die Vitalität und Lebenskraft der umliegenden Pflanzen mit sich in den Tod gezogen. Oder es liegt daran, dass sich seit ihrem Tot, keiner um den Garten kümmert. Er ist nun genauso verkümmert wie Ich, es passt also habe ich im Moment nicht vor die Lage des Gartens zu ändern. Mittlerweile gefällt mir die finstere Atmosphäre sogar. Inmitten des Gartens, auf einer kleinen, mit Steinen ausgelegten Fläche, wo früher mal ein prächtiger Pavillon stand, bleibe ich stehen. Ich schaue auf die Überreste von spitzen Holzbrettern, die aus der Erde ragen, und lasse mich im Schneidersitz nieder. Ich habe diesen vor nicht allzu langer Zeit zertrümmert, in einem Anfall meiner Wut. Ich wende meinen Blick ab. Ich atme tief durch und wende mich nach Innen, um meine tägliche Meditation zu beginnen. Ich fühle hinein, in die dunkle Macht, die in mir schlummert und grinse ein wenig bei der gewaltigen Kraft, die ich spüre. So sammle ich mich und meine Gabe jeden Tag, teilweise auch stundenlang. Ich lasse mich fallen in diese Dunkelheit, eins der Dinge, die mir früher von meiner Mutter verboten wurde. Mein Vater hätte mich geschlagen, hätte er hier von mitbekommen. Die roten Striemen auf meinem Rücken werden mich immer an seine Strafen erinnern. Mit einem starren, ja fast toten Blick habe ich stumm vor ihm gekniet, als er die Peitsche losgelassen hat auf meinen Rücken. Ich spüre das Brennen bis heute, wenn jemand aus versehen meinen Rücken berührt. Es ist als ob die Striemen nie heilen, wie auch nicht das, was mein Vater damit in mir gebrochen hat. Ich sollte aufhören, darüber nachzudenken, da meine immer Wut bereits aufschäumt. Ich kehre langsam wieder in die Wirklichkeit zurück, öffne meine Augen und stehe auf. Als ich mich umdrehe, sehe ich bereits die Kutsche, die in das Schloss einfährt. In den Scheiben, Augenpaare die sich neugierig auf mich richten. Als ich dies bemerke, mache ich mich auf den Weg ins Innere des Schlosses. Dort ist bereits alles in Fahrt. Bedienstete laufen umher, decken den Tisch und was nicht alles. Alle machen einen großen Bogen um mich, als ich durch den Flur laufe, um mich bloß nicht anzurempeln und meine Wut auf sich zu ziehen. Denn jeder von ihnen weiß, wer mich verärgert, kommt nicht immer Lebend davon, je nach meiner Gemütslage. Ich mache mich auf den Weg zum Tronsaal, um die Gäste zu empfangen. Ich stelle mich auf die erste Stufe des Throns, wo Dorotis mich bereits erwartet. Sie und die königliche Leibwache stehen ein paar Schritte hinter mir. Zwar habe ich Wachen selten nötig, doch der Eindruck, den es hinterlässt, wenn man eine Reihe bewaffneter Soldaten hinter sich hat, gefällt mir. Ich stelle mich gerade hin, ziehe die Schultern runter und hebe mein Kinn, niemand soll mich für schwach halten, nur weil ich ein paar Mondjahren jünger bin als die üblichen Königlichen. Ich höre ihre Schritte schon, bevor die Herrschaften eintreten. Rechts und links, wie ich vermute, Berater, hinten 3 Leibwachen und inmitten der König. Alle in kühlen blau-schwarzen Tönen gekleidet und mit Silber verziert. Selbst die dunklen Haare und blaue Augen des Königs, passen in sein Erscheinungsbild. Jedoch nur sein Alter nicht, er muss nur ein paar Jahre älter als ich sein. So wie wir sie, so Mustern auch sie uns, treten vor uns und machen einen Knicks zur Begrüßung. Der König erhebt zuerst seine Stimme „Seid gegrüßt Königin Achlys von Nebula, ich bin König Luceat von Friga und das sind meine Vertreter und Berater". Ich nicke ihnen zu und komme von der ersten Stufe des Throns runter und antworte so Förmlich wie es sich gehört, jedoch ohne auch nur eine Miene zu verziehen „Sehr erfreut, die Speisen, vor unserer Debatte, stehen bereits zum Verzehrt bereit, folgt mir". Und so gehen wir in den bereits vollkommen gedeckten Speisesaal, wo Bedienstete mir und dem König sie Stühle nach hinten Schoben und uns Wein anboten. Ich schaute an das andere Ende des Tisches, um die Antwort des Königs mitzubekommen. Er verneinte, ich bejahte. Ich halte politische Debatten nicht ohne Wein aus. Ihr müsst wissen, solche Kleinigkeiten wie das Verneinen von Wein, sagen viel über Menschen aus und ich mache mir jeden Mal ein Spiel darauf in ihnen zu Lesen. Ich  werde einen Blick auf den Tisch, während der Diener  mein Glas füllte. Allerlei Speisen, die man sich nur wünschen konnte standen auf dem Tisch, von herzhaft wärmend zu unwiderstehlich süß. Meine Beraterin weiß genau, wie man Eindruck schindet vor Gästen. Ich schaute zu ihr, sie saß zu meiner rechten und hat bereits einen vollen Teller vor sich stehen. Die anderen hatten ausgelassene Gespräche angefangen. Ich nahm mir ein wenig von dem gebackenen Schafskäse überzogen mit Honig und ein Stück des noch warmen Brotes. Während ich das erste Stück zu meinem Mund führte, hörte ich König Luceat fragen „Mir ist eben zu Ohren gekommen ihr reißt euren momentane Tempel ab und baut einen Neuen. Haben euch im alten die Götter nicht erhört oder was ist der Anlass? Denn Neubau-bedürftig sieht dieser Momentan nicht aus". Welch eine Ironie. Ohne auch nur nachzudenken zu müssen antworte ich „Ich glaube nicht mehr an Götter - ich glaube an mich selbst!". Ich habe wohl zu viel Strenge in meine Worte gelegt, denn für ein paar Sekunden verstummt der ganze Raum. Ohne mich davon beirren zu lassen fahre ich fort „Es soll ein Ort zum Meditieren für mich selbst werden", bei meiner mum ruhigeren Stimme, fängt auch der Rest wieder an die Gespräche auszunehmen. Nicht mal die kleinsten Anzeichen von Schock, wie bei den Anderen, erkenne ich in des König Blicks, lediglich geweckte Interesse. Doch er lässt das Thema fallen und wir alle wenden uns unserem Essen zu.

When the evil never turns good Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt