Verschlittert

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Der Schnee hat aufgehört zu rieseln.
Ich stehe neben mir selbst und frage mich, wann ich mir so fremd geworden bin.
»Es ist vorbei«, meinst du.

Es ist  tatsächlich vorbei; kein Schnee, keine Kälte, keine Masken, endlich Frühling.

Deine Krone ist zertrümmert.
Als ich sie dir abgenommen hab, hab ich gemerkt, dass du genauso bist wie ich, klein, verloren, untergegangen in der breiten Masse wie jeder von uns.

Gestern bin ich geschlittert, heute gefallen, denn
unser kleiner Eislaufplatz vor meiner Haustür ist nur noch Wasser.

Nasser Schlamm statt Eis, jedenfalls war es vor wenigen Tagen so; ich war schon lange nicht mehr außer Haus.  Früher hat es mir besser gefallen, aber so ist es eben, Neubeginn nach zweieinhalb Jahren,  muss man ja mal anfangen. Vielleicht ist ja Schlamm besser als eis, denn irgendwann hab ich den Fehler gemacht, hab mich verschlittert, bis wir zusammen gestolpert sind.

»Es ist vorbei«, meine ich und sehe dir an, dass du hoffst, dass ich bloß die Pandemie meine und nicht uns. Nie gedacht, dass es soweit kommt, kann endlich das Haus verlassen, verschwinden,
von der Eintönigkeit, der Furcht, von dir.

Die Masken sind gefallen.

MitternachtsnoemaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt