06. Juni, 1983. 12:48 UhrGespräch direkt vor dem Prozess
B. Meier (Anwältin): Und wie sind die blauen Flecken am Hals entstanden, sagten Sie?
E. Forster (Klägerin): Er hat mich gewürgt, nachdem ich ihn für seine Alkoholprobleme kritisiert habe.
B. Meier: Wie hat er Sie gewürgt?
E. Forster: Soll ich es Ihnen demonstrieren?
B. Meier: Frau Forster, ich möchte Ihnen helfen. Das geht nur, wenn Sie mir endlich die Antworten geben, die ich brauche, um Sie vor Gericht zu verteidigen. Wie fest hat er zugedrückt?
E. Forster: schweigt
B.Meier: Frau Forster, Ich weiß, Sie sind traumatisiert, aber-
E. Forster: Unterbricht sie
Da hat er seine Hand hingelegt, genau hier. Als ob er mich küssen wolle.B. Meier: Und dann?
E. Forster: Dann hat er zugedrückt. Zuerst sanft, dann immer fester und fester. Ich hab gesagt, er soll aufhören.
B. Meier: Hat er aufgehört?
E. Forster: Ich weiß es nicht. Er hat zugedrückt und dann... dann hab' ich das Bewusstsein verloren.
03. März 1983.- drei Monate vor dem Prozess-Rückblickend
Ich mag die Sonne nicht, Aiden. Ich hasse sie. Die Sonne erinnert mich an dich. An das viel zu heiße Italien und daran, wie du mich zu dieser kleinen Kapelle mitgenommen hast. Wie wir uns so lange an der steinernen Mauer vor dem Meer geküsst haben, bis meine hellweiße Haut von der Sonne ganz verbrannt war.Wie deine Hände schließlich meinen Rücken hinunterglitten, heiß, kribbelnd, aufregend, und du mir Ich will mit dir schlafen, Elisa ins Ohr geflüstert hast. Du warst der Erste. Das wusstest du aber nicht. Du warst nicht gerade zärtlich, Aiden. Es war schrecklich. Ich frage mich bis heute, ob du gemerkt hast, dass ich Angst vor diesem Gefühl, hatte und dass du mir einmal auf den Hals gegriffen und mir die Luft fast abgedrückt hast. Ich war gleichermaßen fasziniert wie angeekelt. Von dir und mir und dem, was wir in Italien hinter der Kapelle vor dem Meer waren. Ich habe dich geliebt, Aiden. Ich war so naiv.
13. September 1973.- Zwei Monate nach Italien
Ich blute nicht mehr. Hoffentlich ist es nicht das, was ich denke. Ich hab's Mutter gesagt, kurz nach der Kirche. Sie hat ganz komisch drauf reagiert. Mir ist so schlecht. Ich bin so müde in letzter Zeit. Gott, ich hoffe, dass es nichts Schlimmes ist. So hab' ich mich noch nie gefühlt.
Mutter hätte die Briefe fast gefunden, als sie mein Zimmer aufgeräumt hat. Sie darf nicht wissen, dass ich mit Aiden in Italien war. Ich muss besser aufpassen.05. März 1983.- drei Monte vor dem Prozess- Rückblickend
Sie hat mir geholfen es abzutreiben. Ich hatte so viel Angst, ich war erst siebzehn. Aber sie war die ganze Zeit dabei, hat meine Hand gehalten. Ich bin da für dich, mein Schatz, hat sie geflüstert. Ich frage mich bis heute, ob meine Mutter anders reagiert hätte, wenn sie gewusst hätte, dass das Kind von dir war. Dass du in die Wand neben dir eingedroschen hast, als dir davon erzählte. Dass du mir nicht geglaubt hast, als ich dir gestanden habe, dass es von dir ist. Dass du geglaubt hast, die Pillen, die ich täglich schlucke, wären gegen Babys und nicht gegen die Traurigkeit. Dass du mir geglaubt hast, als ich sagte, ich sei zwanzig. Du bist mindestens genauso so naiv wie ich, Aiden.
An dem Tag hat die Sonne nicht geschienen. Es hat geschüttet wie aus Eimern. Der Regen hat mir geholfen. Hat meine sonnenverbrannte Haut berührt, die schmerzenden Stellen rein gewaschen, so wie Weihwasser. Ist Regen nicht viel klarer als Weihwasser? Schließlich kommt er vom Himmel. Mutter sagt, Regen seien die Tränen Gottes. Vielleicht hat Gott geweint, weil das Baby jetzt tot ist. Ich hab' auch geweint. Da war Blut, so viel Blut.
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Mitternachtsnoema
Historia Corta✧Worte sind doch die schönsten Farben. Mit ihnen kann man Bilder malen, deren Vielseitigkeit nur von der eigenen Vorstellungskraft begrenzt ist.✧ Um Mitternacht kommen sie, die Gedanken. Gedanken, die zu Worten werden. Worte, die zu Sätzen werden. S...