Mir war zum Heulen und zum Kotzen zumute. Am liebsten wollte ich beides gleichzeitig tun.
Mein Bruder hatte mich an den Mörder unserer Mutter ausgeliefert. Selbst wenn die Absprache nur für einen Abend galt, kam ich mir wie ein Gegenstand auf einer Auktion vor, der an den Meistbietenden verkauft worden war.
Ich fuhr mir mit beiden Händen über das Gesicht, atmete tief aus und setzte mich dann in dem Bett auf, in dem ich für die letzte Stunde gelegen hatte. Mir war es nicht gerade schwergefallen, Malikov vorzugaukeln, dass mir schlecht geworden war und ich einen Moment für mich allein brauchte.
Sicherlich war er nicht gerade erfreut darüber gewesen, doch immerhin taktvoller als Enzo, der mich vermutlich am liebsten erwürgt hätte. Also hatte mich der Russe, die Hand konstant auf meinem Rücken, galant unter Deck navigiert, wo er mir ein Zimmer zur Verfügung gestellt hatte.
Erst war ich auf- und abgelaufen, weil mich die Aufregung mit so viel Adrenalin gefüllt hatte, dass ich sie unbedingt loswerden musste, und dann hatte mich die Erniedrigung gepackt.
Ich stand auf und lief zu dem Spiegel, der zugleich als Tür des modernen Schrankes diente und betrachtete mit einer abwertenden Grimasse meine Haare, die durch das ganze Raufen und Herumliegen einem kleinen, unfertigen Vogelnest glichen. Mit den Fingern kämmte ich durch die Strähnen und versuchte, sie in ihre ursprüngliche Form zurückzulegen.
Als es an der Tür klopfte, hielt ich inne. Mein Bruder konnte das nicht sein, er würde gegen die Tür hämmern, bis sie aus den Angeln fiel oder einfach hineinstürmen.
Vorsichtshalber trat ich einen Schritt zurück Richtung Bett, um mich notfalls schnell auf die andere Seite retten zu können, sollte mir Gefahr drohen.
»Wer ist da?«, fragte ich mit brüchiger Stimme.
»Darf ich reinkommen?«
Als ich Malikovs Stimme hörte, die verdächtig höflich und sanft klang, wusste ich nicht, ob ich mich ent- oder anspannen sollte. Mein Körper nahm mir die Entscheidung ab und reagierte auf seine Bitte mit einer Mischung aus beidem. Mit einem mehr oder weniger beruhigendem Gefühl im Bauch, aber butterweichen Knien, lief ich zur Tür und öffnete sie.
Malikov stand mit auf den Boden gerichteten Blick davor, den er hob, als ich vor ihm erschien. Seine Augen verhakten sich sofort mit meinen und schienen sie kaum noch loslassen zu wollen. Die Hände hatte er entspannt in den Hosentaschen vergraben, die er auch nicht herausnahm, als ich wortlos beiseite trat und ihn ins Zimmer ließ.
»Geht es dir besser?«, wollte er wissen und mir kam es so vor, als wäre sein russischer Akzent deutlicher durch das Englisch zu hören.
Als ich nicht antwortete, legte er den Kopf schief. »Kenna?«
Sofort räusperte ich mich verlegen und übersah das kleine Lächeln nicht, das seine Lippen erfasste.
Eilig glättete ich eine nicht vorhandene Falte in meiner Tunika, um von meiner Verlegenheit abzulenken. »Ja. Ja, mir geht es gut«, krächzte ich und negierte meine Aussage damit im selben Moment gleich wieder.
»Soll ich dir Wasser bringen lassen?«, bot Malikov an und hob die Hände bereits aus den Hosentaschen, um mit einem Klatschen nach seinen Angestellten zu rufen.
Schnell winkte ich ab. »Nein, danke. Es geht schon.«
Dann kehrte Schweigen zwischen uns ein. Es war nicht unangenehm, aber so richtig wohl fühlte ich mich nicht dabei, wie Malikov mich eindringlich musterte.
»Kenna ...«, hob der Russe an und trat einen Schritt auf mich zu. »Ich weiß, dass dir meine Forderung zusetzt. Aber du sollst wissen, dass ich nicht von dir verlange, deinen Körper zu verkaufen.«
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Blutschuld
Romance𝐄𝐫 𝐢𝐬𝐭 𝐢𝐡𝐫 𝐯𝐞𝐫𝐟𝐚𝐥𝐥𝐞𝐧, 𝐠𝐞𝐧𝐚𝐮 𝐝𝐚𝐬 𝐰𝐚𝐫 𝐢𝐡𝐫 𝐏𝐥𝐚𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐬𝐞𝐢𝐧 𝐅𝐞𝐡𝐥𝐞𝐫. Er ist der Kopf der russischen Mafia und nimmt auf nichts und niemanden Rücksicht, wenn es um seine Geschäfte geht. Das musste Kenna am eig...