Kapitel 13

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Die Sekunden vergingen und die Zeit schien kein Ende zu nehmen. Mein Herz hämmerte so stark gegen meinen Brustkorb, dass ich sicher war, es würde gleich herausspringen.

Ich starrte unverwandt in das Gesicht des dicken Russen, der mich mit seinen kleinen Augen anblickte. Er nickte kurz, schien mich aber nicht zu erkennen.

»Eine wunderschöne Frau haben Sie da, Nikolaj«, sagte Yakov mit einem Zwinkern und musterte mich danach eindringlich. »Wo haben Sie sie ... na, Sie wissen schon.«

Sofort zog Malikov verärgert die Brauen zusammen. Er umschlang meine Hüfte und zog mich an sich heran. Ich überwand mich dazu, ihm eine Hand auf die Brust zu legen und eine liebevolle Miene aufzusetzen.

»Sie ist keine Nutte«, stellte er richtig und blickte auf mich herab, als würde ich ihm wirklich etwas bedeuten. »Sie ist meine Verlobte.«

Yakovs pikante Züge entgleisten. »Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Nikolaj. Ich wollte Sie nicht –«

»Kommen wir doch zum Geschäftlichen«, unterbrach Malikov ihn, während er mir den Stuhl in die Kniekehlen schob und sich schließlich neben mir niederließ.

»Ja, richtig.« Yakov schien, als hätte er das folgende Gespräch am liebsten noch weiter rausgeschoben.

»Haben Sie die Zahlen dabei?«, fragte mein Schein-Verlobter und streckte fordernd die Hand aus.

Er machte deutlich, dass er hier das Sagen hatte und Yakov schien das deutlich zu spüren. Mit zitternden Händen überreichte er Malikov eine schwarze Mappe, der sie aufklappte und in den darin liegenden Dokumenten blätterte.

»Wo sind die Zuarbeiten zu der ersten Lieferung in diesem Monat?«, fragte er nach einer Weile und zog eine Augenbraue hoch, als Yakov anfing, hektisch in seiner Aktentasche zu kramen.

»Hier! Hier!«, rief er laut aus und klang dabei ziemlich erleichtert.

Malikov griff das Blatt und studierte die Zahlen. »Das sieht alles soweit in Ordnung aus.«

Sein Kunde stieß einen lauten Seufzer aus. Sicherlich hatte er sich schon irgendwo tot in einer Gasse gesehen. Doch er war noch nicht aus dem Schneider.

Mein Begleiter legte die Akten beiseite und sah Yakov auffordernd an, der nur zurück starrte und darauf wartete, etwas gefragt zu werden. Malikov verdrehte genervt die Augen. »Meinen Anteil, Yakov ...«

Nun schien dem dicken Russen ein Licht aufzugehen. Er griff zähneknirschend in die Innentasche seines Jackets und reichte seinem Boss einen dicken Umschlag. Dieser öffnete ihn und ließ konzentriert die Finger durch die Blüten gleiten. Schließlich runzelte er die Stirn.

»Wo ist der Rest?«

»Der Rest?«, hakte Yakov mit brüchiger Stimme nach.

»Ja, der Rest. Ich habe 5000 für diese Woche angesetzt, ich halte nur 3000 in den Händen ...«

Der Capo schluckte. »Nikolaj, ich dachte –«, hob er an, doch wurde von einem schrillen Klingeln unterbrochen.

Malikov schmiss den Umschlag auf den Tisch und holte sein Handy heraus. Mit zusammengekniffenen Augen blickte er auf das Display, stöhnte dann laut und stand auf. Er sah mit ernster Miene auf seinen Kunden herab. »Da muss ich rangehen. Meine Verlobte wird Sie solange unterhalten.«

Bevor er mit schnellen Schritten das Restaurant verließ, warf er mir einen bedeutenden Blick zu. Anscheinend hatte ich nun meinen Einsatz, und da ich Yakov schon einmal Informationen entlockt hatte, würde es mir auch dieses Mal nicht schwerfallen. Selbst, wenn ich jetzt auf mein kleines Hilfsmittel verzichten musste.

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