Sequenz 172

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Leila Kalomi blickte einen Moment versonnen aus dem kleinen Fenster des Labors auf die vorbeiziehenden Sternensysteme. In wenigen Stunden würden sie bei Raumbasis 27 sein und sie würde die Enterprise verlassen. Die meisten würden einen zweiten Versuch machen und den angebotenen Planeten im Taurus System besiedeln. Leila hatte für sich beschlossen sich ihnen nicht erneut anzuschließen, sondern das Angebot von Dr. Marcus anzunehmen, die an einem interessanten Terraforming Projekt auf Deneb arbeitete.

Sie würde bereits kurz nach der Ankunft auf Sternenbasis 27 mit einem Transfershuttle dorthin abreisen.

„Leila?"

Leila drehte sich erschrocken um, als sie sofort Spocks Stimme erkannte.

Sie hatte niemanden reinkommen gehört. Es war Bordnacht und sie hatte hier noch an den restlichen Unterlagen gesessen und etwas ihren Gedanken nachgehangen.

Das letzte Mal hatte sie ihn beim Hochbeamen der Kolonisten gesehen. Danach hatte der Vulkanier die ganzen zwei Wochen jede Begegnung vermieden. Sie hatte gehofft, dass er sie noch einmal aufsuchte, doch konnte es ihm nicht verdenken, wenn er es nicht tat.

Nun hatte sie ihn nicht einmal kommen hören.

Wie kindlich naiv war sie gewesen, überhaupt zu glauben, dass ein solcher Mann aufgrund einer Lüge oder beeinflussenden Sporen ihretwegen alles an Kultur und Erziehung, das ihn prägte, wegwerfen würde. Für eine Lüge, die ihm das nahm, was ihn doch eigentlich ausmachte.

Spock trat nur zwei Schritte in den großen Raum, wirkte etwas unsicher und zögerte. „Ich wollte dich nicht erschrecken. Darf ich ..."

Immerhin war er noch beim ‚Du', das war beruhigend.

„Natürlich. Komm herein! Es ist ohnehin dein Labor."

Die typische Augenbraue hob sich und Spock kam mit langsamen, bedächtigen Schritten herein. Selbst jetzt, trotz sichtlicher Unsicherheit, strahlte er eine ihm innewohnende natürliche Eleganz und Würde aus, die nie ohne Wirkung auf sie und vermutlich auch andere Frauen oder empfindungsfähige Lebewesen bleiben würde. Eben Spock, in Leilas Augen ein besonderer Mann. Das würde er immer bleiben und die Erinnerungen konnte ihr niemand nehmen.

Nach einigen Momenten Schweigens, fragte Leila schließlich.

„Spock, was möchtest du? Dich verabschieden?"

„Ich bin nicht besonders gut in diesen Dingen, aber ..." Er räusperte sich. „Ich hatte vor wenigen Stunden ein recht unangenehmes Gespräch mit Dr. McCoy."

Sie schmunzelte unwillkürlich. „Unangenehm für wen? Den Doktor oder dich?"

Wieder die Augenbraue. „Vermutlich für uns beide."

„Was hat er dir gesagt?", fragte Leila nun wachsam geworden, wollte wissen wie weit der Arzt gegangen war.

„Das das bisherige Wissen und das der vulkanischen Heiler, dass ich als vulkanisch-menschlicher Hybride steril und zeugungsunfähig bin, falsch ist."

Leila hielt die Luft an und drehte sich von ihm weg. Zu rasch würde man sonst alles in ihrem Gesicht ablesen. Selbst ein Vulkanier würde genau wissen was in ihr vorging. Zumindest dieser.

Wann hat er dir das gesagt?"

„Vor zwei Punkt vier Stunden. Er hat mich sofort nach meinem Dienstantritt zu sich bestellt."

Also erst nachdem es ohnehin zu spät war und er war quasi fast direkt gekommen, hatte sich nicht gedrückt oder es ignoriert. Irgendwie beruhigte sie auch das etwas.

„Hätte er es mir eher sagen sollen?", fragte Spock vorsichtig.

„Nein", brachte Leila hervor. „Es gab nichts mehr was er oder du hättest tun können. Aber es ist dein Recht es zu erfahren. Eigentlich sollte er es aber erst tun, wenn ich ohnehin fort bin."

Wieder erfüllte Schweigen die Luft.

Eine warme Hand strich unerwartet über ihren Nacken, drehte ihren Kopf am Kinn zu sich. Sie blinzelte gegen die aufquellenden Tränen. Dunkle Augen sogen sie in sich auf und ein Daumen wischte eine Träne fort.

„Was kann ich tun?", fragte Spock leise.

Leila wusste keine Antwort, schüttelte stumm den Kopf. Niemand hätte etwas tun können. Sie hatte es nicht geahnt, dass so etwas passieren könnte und wäre zu lange dieser Strahlung ausgesetzt gewesen.

Bertholdstrahlung und Embryonen in der sehr frühen Zellteilungsphase vertrugen sich nun einmal nicht. Nicht einmal unter Einfluss der Sporen. Sie war Wissenschaftlerin genug, um das bereits in den letzten Jahren herausgefunden zu haben.

Spock strich mit zwei Fingern sanft über ihre Schläfe, verharrte. Trost, Anteilnahme und Geborgenheit erfüllte sie. Schickte Spock das mit seinen vulkanischen Fähigkeiten? Überwältigt schloss sie die Augen und ließ die Tränen leise laufen, spürte wie Arme sie schließlich warm umschlossen.

Ich trauere mit dir um das verlorene Leben und werde mich immer an die nur kurzen, doch glücklichen Momente mit dir auf Omicron erinnern. Ein kleines Stück Paradies?

Sie standen eine lange Zeit so, bis Spock sie schließlich sanft trennte.

„Danke, dass du ..., dass ... ich hätte es besser wissen müssen."

„Wir alle." Spock neigte zustimmend den Kopf und straffte sich etwas. Der Offizier war wieder da.

„Wann fliegt dein Transfershuttle?"

„Gleich nach Ankunft auf der Sternenbasis."

„Soll ich dich ..."

„Nein", wehrte sie ab. „Bitte fühle dich nicht weiter für mich oder meine Zukunft verantwortlich. Du bist es nicht. Ich bin diejenige, die dich ohne deinen Willen in diese Situation und auch in Gefahr gebracht hat. Du hast schon weit mehr getan, als du musst."

„Leila, ich wünsche dir ein erfülltes Leben und die Familie, die du dir wünschst. Vielleicht ist die Enterprise irgendwann in der Nähe deiner Arbeitsstätte. Dann wäre ein Wiedersehen willkommen." Spock hob die Hand zum vulkanischen Gruß, sprach die dazugehörigen Worte auf Vulkan.

Seine Stimme gewann dabei einen tieferen und ganz eigenen Klang, der Leila daran erinnerte, dass er tatsächlich einer komplett anderen Kultur und Rasse entstammte.

„Das erfüllte und lange Leben wünsche ich dir auch, doch ich vermute, du lässt dir mit dem anderen noch etwas mehr Zeit. Wie du sagtest, du hast eine Verantwortung für den Mann auf der Brücke, dieses Schiff und du bist sehr gut in dem, was du tust. Deine Mitarbeiter schätzen dich."

Spock verschränkte die Hände hinter dem Rücken und blickte kurz zu Boden, dann wieder zu ihr. „Ich bin was ich bin, Leila. Ich gehöre hier her."

„Es ist also eher ein ‚Lebe Wohl' als ein ‚Auf Wiedersehen', nicht wahr?"

Die dunklen Augen schienen sie erneut aufzusaugen und sie blickte fort. Sie sah aus dem großen Fenster auf die vorbeihuschenden Sterne als sie aus dem Gedächtnis zitierte.

„Ein vulkanischer Philosoph sagte: Das Universum ist groß und doch besteht es aus Strömungen und Anziehungskräften. Immer wieder werden Dinge abgestoßen und wieder zusammengeführt. Wer weiß schon wo es uns hintreibt."

„Du zitierst Surak? In der Tat wir werden sehen wohin es uns ‚treibt'.", antwortete Spock nach einigen Momenten und nickte ihr zustimmend zu.

Sie schenkte ihm noch ein Lächeln und drehte sich dann wieder zum Fenster. „Es ist besser du gehst jetzt. Lebe wohl, Spock."

„Lebe wohl, Leila." Einige leise vulkanische Worte folgten, dann nichts mehr.

Es dauerte einen Moment bis sie hörte, wie sich seine leisen Schritte entfernten. Sie würde sich nicht umdrehen und hinterhersehen.

Sie musste ihn gehen lassen und sie würden sich vermutlich nicht wiedersehen, doch sie würde nie aufhören ihn zu lieben und nie die Stunden vergessen, die sie miteinander verbracht hatten.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 27, 2022 ⏰

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