Kapitel 5

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Noch eine Weile saß sie am Strand des Flusses. Sie liebte den Sand, das Wasser, die Brücke, welche man in einiger Entfernung erkennen konnte und sogar das Gras hier, auch wenn dieses schon so manchen Fleck auf ihren Kleidern verursacht hatte.

Warum Sie diesen Ort so liebte, war ihr selbst auch nicht so ganz klar. Er gab ihr einfach Zuflucht, hier war sie niemand, den die Leute kannten, hier wurde sie nicht verurteilt, nicht geschlagen. Hier war sie einfach nur eine Frau die auf das Wasser blickte und ihren Gedanken freien Lauf ließ.

Und sie liebte es! Es war das schönste der Welt für sie ein Niemand zu sein, den man nicht ansprach, welcher vielleicht ein wenig merkwürdig wirkte, der aber für diesen Ort keinerlei Bedeutung hatte, so dass man ihn einfach übergehen konnte.

Ganz anders war es in ihrer Siedlung. Dort war sie bekannt, als die Frau die sich gegenüber ihren Eltern sträubte und einfach ihre eigene Entscheidung traf.

Sie konnte sich sicher sein Blicke zu ernten wenn sie nur aus dem Fenster sah. Die meisten waren verachtungsvoll oder angeekelt, nur einige wenige waren bewundernd oder strahlten zumindest Akzeptanz aus.

Noch ein Grund zu gehen! Sie war sich sicher, wo auch immer sie nach ihrem Tot landen würde, wäre sie nicht so mit Vorurteilen belastet wie hier. Ob in Himmel oder Hölle, es würde dort bestimmt weitaus einfacher sein, einen Weg zu finden, auf welchem sie nicht mit angeekelten Blicken bedacht werden würde.

Die Gedanken an Himmel und Hölle erinnerten sie an das eigentlichen Ziel dieses Abends.

Sie guckte nochmals auf die leichten Wellen hinaus, welche durch den Wind immer wieder an- und abgeschwemmt wurden, konzentrierte sich auf die leisen Schreie der Möwen, die ein Stück weiter herumschwirrten. Am liebsten würde sie diesen Moment greifen und niemals wieder loslassen, würde für immer hier sitzen bleiben nur um die leichte Brise zu genießen, welche ihre Haare nach hinten wehen ließ und ihr den Geruch des Wassers entgegen blies.

Langsam drehte sie sich um, damit sie den Moment vollends aufnehmen und sich das Bild dieses Ortes bis ins kleinste Detail einprägen konnte, als sie plötzlich etwas zum innehalten brachte. Ihr Blick lag nun auf leuchtend, grünen Augen, welche gleichzeitig in die ihren starrten. Vorsichtig tastete sie sich weiter voran. Das Augenpaar gehörte zu dem Gesicht einen Mannes, dessen Haut braungebrannt und ledrig aussah, der aber trotzdem nicht älter als 25 wirkte. Seine dunklen Haare wurden vom Wind immer wieder zerzaust und als er ihren Blick auf sich bemerkte bildeten sich zwei Grübchen auf seinen Wangen, während sein Mund sich zu einem Lächeln verformte.

Sie wusste nicht woran es lag, aber er zog sie in seinen Bann. Ihr Blick lag immer noch auf ihm und sie hatte das Gefühl ihn nie wieder abwenden zu können. Merkwürdiger Weise störte diese Tatsache sie eher weniger und so beließ sie es dabei, dass ihr Blick auf diesem Fremden lag. Auch seine Augen durchbohrten sie und sie hatte die starke Empfindung ihr Gegenüber schon viel länger als ein paar Sekunden zu kennen.

Erst als er Anstalten machte aufzustehen erwachte sie aus ihrer Starre. Leicht schüttelte sie ihren Kopf und rappelte sich auf.

Dieser Mann verwirrte sie. Sie kannte ihn vielleicht eine Minute und dennoch hatte sie das Gefühl er wäre die Lösung all ihrer Probleme.

Wie konnte dieser Blickwechsel ein so intensives Gefühl bei ihr auslösen?

Schnell wandte sie sich nun also ab und ging zügig an ihm vorbei. Es kostete sie enorme Kraft sich nicht noch einmal umzudrehen, doch sie richtete ihren Blick starr nah vorn, während sie versuchte ihre Tränen zu unterdrücken.

Er hatte ihr Hoffnung gemacht. Hoffnung, welche sie schon längst aufgegeben hatte. Hoffnung, die ein glücklich Leben ohne James beinhaltete. Das alles hatte sie in seinem Blick gesehen. Eine glückliche Zukunft, die sich aber so niemals ereignen würde.

Sie beschleunigte ihren Gang noch ein wenig mehr und konzentrierte sich auf den Weg, der vor ihr lag, was ihr half die Tränen weiter zurückzuhalten, als sie plötzlich Schritte neben sich hörte. Sie musste nicht einmal hingucken um zu wissen wer es war, das Gefühl seiner Anwesenheit war präsent genug.

"Was wollen sie?", fragte sie wobei ihr ein Schluchzen entglitt. Ohne eine Antwort zu geben ging er weiter neben ihr her. Sie spürte deutlich wie sein Blick auf ihr lag und am liebsten hätte sie ihn ebenfalls betrachtet, nur um das Gefühl der Zufriedenheit, das sie bei seinem Anblick überkam, nochmals auszukosten.

Doch so sehr sie es auch wollte, mindestens genauso klar war ihr, dass sie sich nach diesem so stark erwünschten Blick nicht mehr die Kraft hätte ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Also starrte sie Stur nach vorne und versuchte das Bild einer glücklichen Zukunft wieder zu verdrängen.

Nachdem sie noch ein Stück weitergelaufen waren, kamen sie endlich an der Straße an, an welcher ihr Auto schon bereit stand. Schnell öffnete sie die Tür und setze sich auf den Fahrersitz.

Auch ein Grund, weshalb sie von vielen nicht akzeptiert wurde. Eine Frau am Steuer war nicht üblich und somit von der Gesellschaft ausgegrenzt. Dabei spielte es keine Rolle, das James gewollt hatte, dass sie Autofahren lernte, falls er auf Grund der Handverletzung es irgendwann nicht mehr könnte. Es galt einfach nicht als normal und somit war sie eine Außenseiterin, die von den Leuten schräg angeguckt wurde.

Nun richtete sie ihren Blick zur Frontschreibe und Griff zur Tür um diese wieder zuzuziehen. Doch dazu kam es nicht, denn eine starke, schwielige Hand umfasste ihr Handgelenk und hielt sie somit davon ab. Ihr Blick wanderte nach oben, in dem Wissen dass sie einen riesigen Fehler beging, aber sie konnte es nicht verhindern.

"Was?", fragte sie wieder, wobei die leuchtend grünen Augen von vorhin sie betrachteten, über ihre Haare fuhren, ihr Gesicht besahen und schließlich bei ihren Augen landeten. Sie rechnete schon nicht mehr mit einer Antwort, als eine raue, aber dennoch wunderschöne Stimme anfing zu sprechen:,,Ich wollte nur, dass sie wissen, dass sie geliebt werden. Ich will nur sagen, dass sie eine wunderschöne Frau sind und ich nicht verstehe warum eine so schöne Frau, wie sie, jeden Abend allein und traurig am Flussufer sitzt und sich die Wellen besieht, als gäbe es kein Morgen mehr. Ich wollte nur das sie das Wissen.''. Bevor er ihr geflüstertes "Danke" hören konnte hatte er sich schon zum Gehen gewandt und schritt eilig davon.

Weinend saß sie nun im Auto und erst als sie sich wieder beruhigt hatte machte sie sich auf den Weg.

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Soooo ich versuche ab jetzt etwas längere Kapitel zu schreiben.

Danke für fast 1000 reads!! :oo

Wie findet ihr das Kapitel?

Und wer hat erkannt wo die Szene schonmal war? ;D

LG _only_smile__

Emma Louis HamiltonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt