Kapitel 29: Ganz normal

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Livia


Der erste Morgen seit langem an dem ich nicht mit schwerem Herzen aufwachte. Und zu meiner Freude ein Morgen an dem ich nicht das Bedürfnis verspürte mir eine Zigarette anzuzünden. Mein Nikotinverbrauch schoss in den letzten Tagen gefährlich in die Höhe. Das Rauchen sollte ich mir gar nicht erst angewöhnen. Es störte mich zwar nicht groß, dass ich damit meiner Gesundheit schadete, aber Riley hasste es. Und bevor sie mir ihre Küsse verweigerte, hielt ich mich lieber von Zigaretten fern.

Es kostete mich einige Tage, um zu erkennen, was für ein Idiot ich war. Da hatte ich die treuste und liebenswerteste Person in meinem Leben fast vergrault, weil ich sie auf feige Art und Weise mied. Meine Beziehungstauglichkeit ließ noch immer zu wünschen übrig. In der Vergangenheit hatte ich nichts Vergleichbares und noch erschien mir der Gedanke, dass ein Mensch mich durch schwere Zeiten begleiten würde, abwegig.

Heute würde ich Riley endlich wieder treffen. Nichts wird mich davon abhalten. Kein Direktor, kein Politiker, keine Mutter.

Voller Vorfreude schnappte ich mir mein Handy, das wie immer auf dem Nachtisch lag, um dort aufzuladen. Meine ohnehin gute Laune steigerte sich noch weiter als ich sah, dass mir Riley bereits vor einer Stunde schrieb. Wirklich erstaunlich, wie spät ich inzwischen wach wurde. Die Arbeitslosigkeit hinterließ ihre Spuren.

Komisch, sie schickte mir nichts bis auf einen Link. Neugierig klickte ich drauf und wurde auf ein Dating Portal weitergeleitet. Interessant. War das Rileys Art mir mitzuteilen, dass es zwischen uns nun doch aus war? Das bezweifelte ich stark.

Livia: Wieso schickst du mir diesen Link?

Riley: Heute werden wir uns mal auf normalem Wege kennenlernen 😉

Aha, so langsam dämmerte mir, was sie vorhatte. Irgendwie süß. Also füllte ich brav mein Dating Profil aus, obwohl ich sowas hasste. Es war anstrengend etwas über sich selbst zu schreiben, all die Interessen anzugeben und die Fragen zu beantworte. Meistens übersprang ich diese Punkte, stellte ein paar Bilder rein und wartete bis Anfragen eintrudelten. Erfahrungsgemäß reichte dieser minimale Aufwand aus. Zumindest für ein paar oberflächliche Bekanntschaften.

Diesmal gab ich mir jedoch mehr Mühe, denn ein bisschen was wollte ich Riley dann doch bieten. Statt meines echten Namens benutzte ich ein Pseudonym, welches jedoch so gewählt war, dass Riley direkt wusste, dass ich mich dahinter verbarg.

Eine halbe Stunde später war ich endlich bereit loszulegen, nur wusste ich nicht wie. Ein Bild nach dem anderen wischte ich nach links, denn diese Frauen interessierten mich nicht die Bohne. Ich wurde ungeduldig und wollte Riley schon anschreiben, da sah ich, welche Person mich gerade gematcht hatte.

FavoriteStudent. Ich wusste sofort, dass das Riley sein musste und die Bilder auf dem Profil bestätigten mich in der Annahme. Mit einem Grinsen matchte ich sie ebenso und schrieb ihr ohne Umschweife eine Nachricht.

Grumpy: Guten Morgen. Wie geht es dir?

FavoriteStudent: Hey du! Könnte mir nicht besser gehen. Und selbst? 😊

Grumpy: Gut, aber sparen wir uns dieses belanglose Chatten. Ich habe mich bloß angemeldet, um jemanden abzuschleppen.

FavoriteStudent: Idiot 😂

Grumpy: Heißt das, du hast Interesse?

FavoriteStudent: Ich habe Interesse dich kennenzulernen.😇 Erzähl mir was über dich?

Sie wollte dieses Spiel wirklich durchziehen. Meinetwegen, aber ich hoffe doch, dass Sex beim ersten Date für sie in Ordnung ging. Nach den drei Wochen ohne sie, war ich mehr als bereit wieder ein bisschen nackte Zweisamkeit mit ihr zu genießen.

Gedichte einer LehrerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt