Ich steige in den Gleiter. Die Türen schließen sich und der Gleiter fährt los. Er ist lautlos, nicht zu hören. Sanft gleitet er dahin, und die Sonnenstrahlen des Morgenlichts scheinen auf mein Gesicht. Der Gleiter wird langsam schneller, bis er so schnell fährt, dass man von draußen nichts mehr erkennen kann. Die andern Leute in meinem Abteil unterhalten sich leise oder dösen auf ihren Sitzen herum.
Ich setzte mich auf einen der hellblauen Sitze. Er ist bequem und sauber, ohne jegliche Makel. Fast wünschte ich, er hätte welche. Denn wenn er welche hätte würde das bedeuten dass in der Produktion etwas falsch gelaufen ist und das würde bedeuten das die Regierung, unsere Ordnung unser System, unsere Welt,...auch mal Fehler macht. Dass sie nicht unverbesserlich, nicht perfekt, nicht unfehlbar ist.
Aber genau das ist sie eben doch. Nicht, dass ich gegen die Regierung wäre, es ist nur einfach so, dass es mir lieber wäre, wenn sie nicht so wäre. Wegen mir, wegen uns.
Eben gerade deswegen, weil wir nicht perfekt sind. Kennt ihr dass nicht auch wenn ihr etwas ganz neues bekommen habt, es aber nicht benutzen wollt weil ihr Angst habt dass es aufhört zu glänzen, dass es dreckig wird, dass es Risse bekommt? Vielleicht, weil es perfekt ist, aber ihr nicht? Vielleicht wollt ihr es nicht beschmutzen, seinen Ruf nicht dreckig machen? Und vielleicht auch, weil euch ganz viel an der Sache, zumindestens in dem Moment, liegt?
Mir geht es fast genauso mit der Regierung. Weil die Regierung keine Fehler macht, habe ich Angst selber Fehler zu machen. Wenn ich im Test einen Fehler habe oder wenn ich noch eine CD vergessen habe ins Regal zu räumen, werde ich traurig und wütend auf mich selbst. Aber nicht deswegen, weil ich ein gutes Zeugnis oder ein aufgeräumtes Zimmer haben will.
Dann denke ich jedes Mal an die Regierung, und denke dass sie diesen Fehler niemals gemacht hätte.
Dass sie besser ist als wir, dass sie schlauer und überlegener ist.
Warum können wir nicht perfekt sein?
Weil wir erbärmliche, dumme Menschen sind, die ein erbärmlich, kurzes Leben haben. Natürlich sind in unserer Regierung Menschen, aber sie sind nicht wie wir. Sie haben einen Chip im Arm, der es ihnen ermöglicht so schlau und perfekt zu sein. Er wird mit in das Nervensystem und den Körperkreislauf eingebunden. Mehr weiß ich nicht. Und sie sterben nie. Erst wenn ihnen der Chip raus implantiert wird, können sie sterben. Aber natürlich werden die Mitglieder der Regierung auch ausgewechselt, damit neue Ideen und neue Leute reinkommen. Der Chip wird den ehemaligen Mitgliedern dann natürlich wieder herraus operiert, aber es tut nicht weh und ist auch nicht gefährlich.
Aber um Mitglied der Regierung zu werden, muss man erst mal ordentlich Klugheit, Schlagfertigkeit und Grips beweisen. Auch ohne Chip.
Ich will kein Mitglied werden und könnte es auch nicht, denn erstens kann ich überhaupt keine Reden halten und zweitens habe ich einfach nicht genug Grips.
Ich bin ein Durchschnittsschüler und um Regierungsmitglied zu werden, müsste ich ein Masterzeugnis haben und das setzt einen Notendurchschnitt von 1.0 voraus.
Ich bin einfach ein scheuer, dummer Durchschnittsschüler.
Ich hole den Frühstückssaft aus meiner Seitentasche und fange an zu trinken. Zuhause hatte ich keine Zeit mehr dazu. Wieder ein Beweis dafür, dass ich, dass wir unperfekt sind.
Der Saft rinnt mir die Kehle hinunter und ich genieße es. Der Saft schmeckt für jeden anders, je nachdem was er am liebsten trinkt. Bei mir ist es Apfelshake mit einer Prise Zimt.
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Lüge // On Hold
Science FictionEine Stadt der Zukunft. Perfekt, ohne Fehler, alles ist schon erfunden, die Menschen leben in Frieden und Einklang. Carlie Hill ist eine von ihnen, ein ganz normales Mädchen, das in der Einheit 048 lebt. Bis sie etwas erfährt, ein Geheimnis, das die...