Kapitel 4

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Ein komplett weißes Gebäude, es strahlt von außen, genauso wie von innen. Leute mit Anzug und Aktentasche gehen ein und aus. Drinnen steigen sie ihn eine Art Lift mit dem sie nach Oben gesogen werden und in die entsprechenden Abteilungen gehen. Ganz oben hat das Gebäude einen riesigen Balkon. Zwei Menschen stehen dort oben und schauen in die Tiefe. Ihr Haar weht im Wind und schließlich ergreift einer der beiden das Wort. „Ganz schön windig nicht?" sagt ein Mann mit weißen Haaren. Er wirkt etwas hager und dünn, aber er hat ein Lächeln im Gesicht, das von tiefer Fröhlichkeit und Zufriedenheit scheint, als ob es nichts schöneres, als diesen Moment geben würde, den Wind, als müsste er ihn mit seinem Lächeln einfangen. Die Frau lächelt auch, allerdings wirkt ihr Lächeln eher kühl und abweisend, strahlt aber dennoch sehr viel Selbstbewusstsein und Autorität aus.

„Ja. Aber ich finde ein sehr starker Wind ist besser als ein sehr schwacher. Ein starker kann besser tragen und man weiß woran man ist. Bei einem schwachen nervt diese leichte Brise immer." Der Mann lacht. „Ja. Könnte man so sehen. Aber im Grunde ist es Ansichtssache." Die Frau zuckt mit den Schultern. „Was ist los?" fragt er ganz unvermittelt und sein Blick wird forschend. „Mich nerven diese Reden immer." sagt sie und erwidert seinen Blick ohne zu blinzeln. „Ich will auch einmal Zeit für mich haben." Ihre Miene bleibt ausdruckslos. Der Mann lächelt nachsichtig. „Nur wer hart arbeitet erreicht sein Ziel. Sie wollen doch Präsidentin werden?" Doreen lächelt auch, aber ihr Blick bleibt unverändert. Schließlich schaut der Mann in Richtung der anderen Häuser die vom Balkon aus zusehen sind. Er geht auf den Rand des Balkons zu, Doreen geht ihm nach. „Und?" fragt sie.

„Endlich kommen wir zu den wichtigen Dingen." erwidert er. „Ja, wir haben alles im Griff. Die Lage ist stabil, sie hat sich jetzt wieder einigermaßen beruhigt. Die, die es trotzdem noch wagen, sind ..." er räuspert sich. „Nun ja, wir wissen es ja beide. Ich glaube sie sollten sich jetzt lieber auf ihre nächste Rede vorbereiten." Gespräch beendet. „Ok. Aber ich glaube ich laufe vorher noch ein bisschen." sagt sie. Beide gehen wieder rein. Doreen schaut sich kurz um, dann macht sie sich auf den Weg zum Lift. „Guten Morgen Ms Clarks" ruft ihr eine Frau mit geröteten Wangen zu. „Guten Morgen Ms Lewis." Sie setzt ihr strahlendstes Lächeln auf und geht weiter. Die Frau läuft ihr hinterher. „Wie wäre es mit einer Tasse Tee heute Nachmittag? Meine Tochter würde sich wirklich freuen. Sie wissen ja was für ein Fan sie von ihnen ist." Doreen verengt die Augen und ihr gekünsteltes Lächeln verschwindet. „Ich habe keine Zeit. Heute nicht, morgen nicht und auch nicht irgendwann anders. Ich mache keine Fanbesuche und unterschreibe auch keine Autogrammkarten. Auch meine Geduld hat ein Ende. Wenn sie mich noch einmal mit ihren privaten Angelegenheiten nerven dann..." Sie schnaubt verächtlich. Plötzlich verändert sich ihre Stimme und sie wird förmlich und tonlos. „Jetzt lassen sie mich bitte in Ruhe und verschwenden sie meine restliche Zeit nicht." Auch die Frau hört auf zu Lächeln. Schnell huscht sie davon.

Doreen steigt in den Lift, tippt kurz auf Erdgeschoss und wird nach unten gesogen. Dann geht sie zielstrebig auf den Ausgang des Gebäudes zu. Vor dem Ausgang tippt sie kurz auf einen Knopf und ein Display erscheint, sie gibt kurz etwas ein und der Display verschwindet. Die Türen öffnen sich und sie betritt einen weitläufigen Park. Der Wind, der auf dem Balkon so stark war, ist hier unten nur noch als eine leichte Brise zu spüren. Sie saugt die Luft in sich ein, dann beginnt sie zu laufen. Ihre Gesichtszüge entspannen sich kaum merklich. Der Sandweg knirscht unter ihren Füßen, während sie in gleichmäßigen Schritten weiterläuft. Die Vögel zwitschern und die Sonne kommt langsam hinter den Wolken hervor. Ihr Strahl breitet sich im Park aus und scheint auf den Sandweg. Der Weg gabelt sich. Ohne zu zögern läuft Doreen rechts weiter. Nach einiger Zeit erhebt sich vor ihr ein Zaun aus Stahl, ca. 6 Meter hoch, erstreckt er sich tausende Kilometer in beide Richtungen. In einem kleinen Bogen läuft Doreen zurück zum Regierungsgebäude und fährt mit dem Lift wieder hoch. Sie lächelt, nicht künstlich, sondern ehrlich, ein wirkliches Lächeln, das nicht kühl wirkt, was sehr selten bei ihr vorkommt. Sie geht einen Gang entlang und öffnet die Tür am Ende. Systematisch aufgereiht stapeln sich Ordner und Akten, in Schränken, die fast überquellen. Doreen geht zum Schreibtisch und fährt den Labtop hoch. Sie öffnet ihr Emailpostfach und beginnt zu schreiben. Löscht die Wörter wieder und beginnt von neuem.

Lüge // On HoldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt