Kapitel 5

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Pov Rezo
Schnell zog ich das Tshirt hoch und sah, dass alles voller Schnitte und Narben war und, dass einige wieder aufgeplatzt waren. Ich starrte geschockt auf seinen Oberkörper. Was war das bitte. Wie konnte er sich überhaupt noch bewegen? Das musste doch unfassbar schmerzhaft sein.. "Omg, du musst zum Arzt. Ab zu mir." Ich nahm ihn im Brautstyl hoch und zu dritt liefen wir zu mir. Ich kramte nach meinen Schlüsseln und sperrte die Türe auf. Ich schrie nach meiner Mutter. Sie kam aus der Küche und schaute mich erstaunt an, als sie sah, dass ich schonwieder Ju in meinen Händen hielt. "Was ist passiert?" Ich war mir selbst nicht so sicher. Also meinte ich, dass ich glaubte, dass seine Wunden wieder aufgeplatzt wären, weil jemand ihm in den Bauch getreten hatte. Sie nickte und ich legte ihn auf die Liege. Sie zog ihm das Tshirt aus und ich betrachtete seinen Oberkörper. Seine Rippen und Beckenknochen stachen hervor. Seine Haut war bei seinem Becken eingefallen und seine Taille war dünn. Er war generell sehr dürr. Seine Arme waren überraschend muskulös. Sein ganzer Bauch war voller Schnitte und Blut. Auch an seinen Armen erkannte man Schnitte. Ich atmete schwer aus. Ich hatte ihn gesehen und mich verliebt. Im ersten Augenblick. Jetzt lag er vor mir. Kurz vorm Sterben, ein zweites Mal, in wenigen Tagen. Es tat weh ihn so zu sehen. Der Arme. Meine Mutter desinfizierte seine Arme und seinen Bauch und verband Ju anschließend. Sie stand auf und umarmte mich "Keine Sorge, er wird schon wieder. Aber wir sollten ihn jetzt erst mal alleine lassen." Ich nickte und wir gingen zu dritt in die Küche. Lena schaute mich etwas unsicher an und ich zeigte ihr den Platz, wo sie sich hinsetzen konnte. Wir setzten uns auf die Stühle und tratschten ein wenig. Mir fiel wieder auf, wie gut sie erzogen war. Sie saß aufrecht auf dem Sessel und führte ein angemessenes Gespräch mit uns. Ungefähr eine Stunde später hörte ich auf einmal ein Getapse hinter mir. Ich drehte mich um und Ju stellte sich neben mich. Ich umarmte ihn. "Na, wie geht's?" "G-gut und d-dir?" "Mir auch" er ging zu meiner Mama und streckte ihr seine Hand hin. Sie nahm sie an und grüßte ihn. Lena fiel ihrem Bruder sofort um den Hals. Sie sprang auf und hang sich ihm um den Hals, die Füße um seine Hüfte schlagend. Bei dem Anblick konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Süß die beiden...

Pov Ju
Wir redeten ein wenig. Mein Blick wanderte zur Uhr. Es war 15:00 Uhr. Fuck, meine Arbeit hatte vor fast einer Stunde begonnen. Ich verabschiedete mich und stand auf. Lena gab mir ihre Hand und wir gingen nach Hause. Ich musste mich umziehen und dann Lena zu Johanna bringen. Ich hasste sie abgrundtief und sie mich, aber die kleinen mochte sie. Sie war immerhin unsere Tante. Die Schwester meines Vaters und mindestens genauso sympathisch wie er. Aber ich fühlte mich wohler die Kinder ihr zu geben, weil sie sie echt mochte und die kleinen mir immer erzählten, wie sehr sie sie mochten. Von dem schlechten Verhältnis zwischen uns wussten sie nichts. Ich wollte nicht, dass sie wussten, wie kaputt unsere Familie war. Meine Oma und mein Opa waren die einzigen netten in dieser scheiß Familie gewesen. Sie hatten mich immer vor meinem Dad beschützt, weil meine Mum nichts dagegen tun konnte, und mich immer zu sich genommen, wenn ich Angst hatte oder mal wieder halbtot irgendwo rumlag. Ich vermisste sie. Ich ging fast jeden Tag zu ihrem Grab und sprach mit ihnen. Ich erzählte ihnen, was es neues gab und wie es mir ging. Meine Geschwister kamen auch manchmal mit, aber sie kannten sie nicht mehr. Sie sind kurz vor der Geburt von Lena verstorben. Mit den beiden zu reden gab mir ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit. Aber jetzt stand ich gerade vor der Tür zu Johanna. Ich klingelte und Louis öffnete die Türe. Er begrüßte mich und ich schickte Lena zu den anderen hinein. Jetzt musste ich erstmal arbeiten gehen. Ich war fast zwei Stunden zu spät. Mein Chef würde mir den Kopf abreißen. Ich rannte so schnell ich konnte und riss die Türe auf. Mein Boss stand gefährlich vor mir. Ich bekam Panik. Ich entschuldigte mich und machte mich immer kleiner. Er hob blitzschnell seine Hand. Mein Herz blieb kurz stehen, doch er kratzte sich nur am Kopf. "Du bist zu spät." "Es tut mir leid. Ich musste meine Geschwister von der Schule zu meiner Tante bringen." "Hm." Er machte eine Handbewegung, dass ich gehen sollte. Feuern würde er mich bestimmt erst später. Ich lief in die Küche und machte mich an das Geschirr, dass sich bereits stapelte.

Endlich. Fast war meine Schicht um. Draußen war es bereits dunkel und ich wusch noch die letzten 10 Teller ab. 9,8,7,6,5,4,3,2,1. Fertig. Wenige Minuten später nahm ich mir die Schürze ab und wusch meine Hände. Aufeinmal rief mein Chef nach mir. Ich drehte mich um und ging zu ihm. Ich setzte mich in seinem Büro gegenüber von ihm und er fing das Gespräch an. "Julien, so geht das echt nicht. Immer kommst du zu spät. Das ist inakzeptabel und somit muss ich dich leider schweren Herzens Feuern. Ich kann mich nicht auf dich verlassen und ich kann dir nicht vertrauen." War ja klar, jetzt hatte ich auch noch meinen Job verloren. Tränen stiegen in meine Augen. Was war mit den kleinen? Ich konnte uns ohne Geld nichts zu essen kaufen. Wir würden verhungern. Meine Geschwister hatten doch noch ihr ganzes Leben vor sich. Ich stand auf und ging mit gesenktem Kopf nach draußen. Wir würden sterben. Egal was ich tat, es war immer das Falsche. Ich war so ein Loser. Ein Nichtsnutz. Wieso lebte ich eigentlich noch? Ohne mich wäre die Welt so viel besser. Tränen rannten mir über die Wangen, als ich auf dem Weg war meine Geschwister abzuholen. Ich musste jetzt aber Stark sein. Für sie. Sie waren mein ein und alles. Für sie würde ich alles tun.

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