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» Erzähler «

Yoongi stieß einen langen Seufzer aus und massierte sich angestrengt die Schläfen, nachdem er den Anruf beendet hatte.

Er saß auf dem Sofa in seinem großen Appartement, den Arm auf der Armlehne gelegt, den Kopf an diesem abgestützt, und schaute abwesend aus der Glasfront. Hinaus in die Nacht, die von den Lichtern der anderen Wolkenkratzer beleuchtet war. Von hier oben waren die zahlreichen Autos, die an einem Samstagabend durch die vielbesuchten Straßen fuhren, sowie die vielen Leute, die ihr Leben in vollen Zügen genossen, winzig.

Doch nach diesem Telefonat mit seinem Vater war es Yoongi, der sich winzig fühlte.

Seit er denken konnte, hatte er alles besessen.

Der Reichtum seiner Eltern, die in jungen Jahren ihr eigenes Business errichtet und mit viel Arbeit und Mühe erfolgreich geworden waren, ermöglichte ihm die materialistische Leichtigkeit, die sich so mancher wünschte. Aber niemand wusste, dass desto wohlhabender die Familie war desto eingeschränkter war man.

Sämtliche lebenswichtigen Lebensentscheidungen wurden ihm seit klein auf abgenommen. Eine durchplante, durchstrukturierte Planung seines Lebens und seiner Zukunft war etwas, das völlig selbstverständlich war, ob er nun zustimmte oder ablehnte.

Hohe Erwartungen und Druck in jedem Aspekt, ob in der Bildung oder in Interessen und Hobbys.

Glücklicherweise hatten sich die Vorstellungen seiner Eltern nie von seiner eigenen Vorliebe und seinem Können unterschieden.

Yoongi hatte schon immer ein hervorragendes Talent im Lernen, weshalb seine Noten in der Schule und im Studium mehr als nur zufriedenstellend waren. Auch ohne seine Eltern hatte er früh Interesse an Wirtschaft, weshalb sie sich einig waren, dass er ein Wirtschaftsstudium anstreben würde.

Unter den Reichen und Wohlhabenden konnte es natürlich auch nicht schaden, wenn die Kinder kulturelle Hobbys hatten und dann auch noch gut darin waren, damit die Erwachsenen untereinander damit angeben konnten, als wäre es ihre eigene Leistung.

In seinem Fall war es das Klavierspielen, was er für sich gefunden hatte. Und er war gut, weshalb die zahlreichen Klavierstunden, die ihm als Kind aufgezwungen wurden, ihn nie gestört hatten.

Er war vermutlich der perfekte Sohn. Zufälligerweise passte er wie dafür gemacht in die Vorstellungen seiner Eltern, die nicht zufriedener sein konnten. Dadurch hatte es nie Auseinandersetzungen und Diskussionen darüber gegeben, dass er keine Lust mehr auf dieses Leben hatte. Selbst das persönliche Verhältnis zu seinen Eltern war nicht schlecht, da es auf beiden Seiten keine Beschwerden gab.

Yoongi seufzte erneut und lehnte sich nach hinten zurück, die beiden Arme auf seiner Stirn voreinander verschränkt, als er an das Gespräch zurückdachte, das er gerade mit seinem Vater geführt hatte.

Zunächst fing es wie einer der gewöhnlichen monatlichen Unterhaltungen an, in denen er seinen Eltern und Lebensupdate gab, da er seit dem Studium allein lebte. Sie waren ohnehin die meiste Zeit mit ihren Unternehmen beschäftigt und zudem gefühlt öfter im Ausland als in ihrem eigenen Heimatland.

Doch dann sprachen sie über die Zukunft.

_____

„Das ist dein letztes Semester, nicht wahr?"

„Ja."

Ein verstehender Laut war von der anderen Seite des Lautsprechers zu hören. „Du wirst nach deinem Abschluss bei einem unserer Standorte in Seoul arbeiten."

Es war keine Frage und schon gar keine Bitte, aber für ihn war es genauso wenig ein Problem.

„Ja, Appa", erwiderte er also, wie von ihm erwartet.

Our Love ᵛᵏᵒᵒᵏ [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt