Flucht

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Julia war eine junge hübsche Frau geworden. Sie war eher verschlossen gegenüber anderen Menschen und ließ sich nur selten in der Öffentlichkeit sehen. Obwohl jeder in der Stadt wusste, dass man als normaler Bürger nicht an sie herankam, war sie bei den jungen Männern sehr begehrt. Ihr Vater, ein reicher Großgrundbesitzer namens Charles McBreed, hat ihr ausdrücklich verboten, sich mit dem ‚Lumpenpack' aus der Stadt einzulassen. „Die wollen doch alle nur an mein Geld!", wiederholte er immer wieder als Begründung.

McBreed brauchte aber einen Erben, einen Enkel, der die Familientradition weiterführt. Wer also sollte nun eine Familie gründen, wenn nicht Julia, die mit ihren 21 Jahren bereits heiratsfähig war?

Der Bruder, Fred, wurde vom Vater immer zurückgestellt. Er hat sich nicht so entwickelt, wie McBreed es sich erhofft hatte. Fred war faul und in den Augen seines Vaters zu ‚dämlich', das Familiengeschäft erfolgreich weiterzuführen. Und weil Fred die ‚Familienehre beschmutzt' hatte, indem er eine Beziehung mit der Tochter eines Farbigen einging, wurde er prompt enterbt.

So beschloss BcBreed also, seine schöne Tochter zu verheiraten. Einen Schwiegersohn zu finden, war für ihn nicht besonders schwer. So sollte der einzige Sohn des Bankdirektors, Willie Layson, aus dem Nachbarort der Ehemann von Julia werden.

Pete war ein schmieriger und arroganter Mann, und Geld hatte er, soviel, dass er damit spielte. Aber niemand mochte ihn, weil er sich immer vor allen als etwas Besonderes darstellte. Er behauptete stets von sich, dass er jederzeit jede Frau bekommen würde.

An jenem Abend ließ McBreed seine Tochter zu sich kommen, und er teilte Julia seine Entscheidung mit:

Ich habe für dich einen Ehemann gefunden, du wirst in 3 Tagen Pete Layson heiraten." „Aber Dad, ich liebe ihn nicht, er ist so arrogant und widerlich. Lass mir etwas Zeit, ich werde den richtigen Mann finden, den....", und noch bevor Julia zuende reden konnte ergänzte ihr erboster Vater mit forscher und sehr lauter Stimme:"Die Sache ist entschieden. Ich bin dein Vater, und ich entscheide, was gut für dich ist!" Julia konnte nun nicht mehr darauf antworten und verließ mit Tränen in den Augen das Haus.

Sie lief ziellos die Straße hinauf, immer schneller ohne den Blick auch nur eine Sekunde lang zur Seite zu wenden. Die Leute schauten ihr verwundert nach und fragten sich, was die kleine McBreed so beängstigt.

Als Julia den Stadtrand erreichte, blieb sie plötzlich stehen und hebte ihren Blick. Ja, da war es: Das seit 16 Jahren unbetretene finstere Waldgebiet.

Völlig starr und außer Atem stand Julia nun vor dem schmalen Pfad, der in den Wald führt. Geplagt vom Gedanken, dass sie bereits in drei Tagen mit dem grässlichsten Mann aus der Gegend verheiratet sein würde. „Ich werde diesen Kerl niemals heiraten...", sagte sie zu sich selbst, „... lieber sterbe ich. Im Gebirge wird mich sicher niemand suchen." Und sie folgte langsam dem Pfad. Je mehr sie in den Wald hineingelangte, desto vorsichtiger wurde sie. Jedes Geräusch, welches sie hörte ordnete sie genau ein.

Schritt für Schritt arbeitete sie sich in das ungewisse Dunkel vor. Als nach einiger Zeit der Pfad endete, entschloss Julia sich, in die Richtung weiterzugehen, in der man das unbekannte Wesen vermutete: In die Berge.

Die Gewissheit darüber, dass kein Mensch in der Nähe ist, der Julia zur Hilfe eilen würde, erschauderte sie. Aber ihr Entschluss, weiterzugehen, überragte alles.

Als die Abenddämmerung hereinbrach, erreichte Julia den Fuß der Berge. Eine kleine Felsniesche bot ihr geeigneten Schutz, sie entschloss sich, hier die kommende Nacht zu verweilen.

Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf bis sie dann endlich vor lauter Erschöpfung einschlief.

Am nächsten Morgen wurde sie durch ein Geräusch geweckt, das man eher in dieser gefürchteten Gegend nicht vermutete. Es hallte ein rhythmisches Klopfen zu ihr herab, welches von weit her zu kommen schien. Doch das Geräusch kam dem Mädchen sehr vertraut vor:

Da hackt doch jemand Holz", sagte sie zu sich erschrocken und war zugleich etwas erleichtert. „Das muss ein Mensch sein".

„Aber wenn es das Ungeheuer ist", fragte sie sich, „wie kann ich ihm entrinnen, wenn es mich entdeckt?" Jetzt sprach sie laut, als wenn sie mit jemandem reden würde: „Egal, es ist meine einzige Chance!", und ihre Neugier trieb sie in die Richtung, aus der das Geräusch zu hören war.

Es war mit jedem Meter, den sie zurücklegte, immer lauter zu hören. Jetzt musste es direkt vor ihr sein. Julia versteckte sich hinter einen Busch und suchte mit ihren Augen die vor sich liegende Gegend ab. Sogleich fiel ihr eine aufsteigende Rauchwolke ins Auge, doch woher kam diese? Ja, ohne Zweifel, es war eine Hütte aus deren Schornstein der Rauch quoll. Es war ein typisches kleines Blockhaus aus Baustämmen. Das Dach ist mit Baumrinde und Gras bedeckt, welches von flachen Steinen gehalten wurde. Hinter der Hütte befand sich ein weiterer kleiner Schuppen mit einem Vordach, worunter kleingehacktes Brennholz lagerte. Auf der anderen Seite befand sich eine mit einem Holzzaun umrandete Wiese. Dort grasten zwei Ziegen, und einige Hühner liefen dort umher.

Julia schaute sich aus der Ferne alles genau an und suchte nach der Herkunft des Klopfgeräusches. War es vielleicht die kleine Holztür am Haus, welche vom Wind auf und zugeschlagen wird? Nein, das konnte es nicht sein. Ihr Blick wanderte weiter über das Areal und fixierte schließlich einen Holzstumpf um dem viele frisch gehackte Holzstücke lagen. „Verdammt," denkt sich Julia, „da musste doch irgendwo jemand sein?" Aber sie konnte keine Person ausmachen. Doch dann bewegte sich etwas an dem Schuppen hinter der Hütte. Vielleicht war dort das gesuchte Wesen? Oder vielleicht eine Person? Nein... Ein Wolf! Aber der war nicht besonders wild. Er hielt sich stets in der Nähe der Hütte auf und war völlig ruhig. Ein wildes Tier würde doch immer wachsam sein, besonders in der Nähe von Gebäuden, die auf Menschen schließen lassen.?

Weil Julia noch immer keine Person oder gar das Wesen entdecken konnte, wurde sie nun deutlich nervöser. Sie versuchte sich sehr leise zu verhalten, aber es gelang ihr nur sehr schwer. Ihre Aufregung und ihre Angst waren so stark, dass man ihren schweren Atem in der Stille wahrnehmen konnte. Ihre Hände waren kalt und zitterten. Julias Angst wuchs mehr und mehr an, bis sie wie gelähmt dasaß und Geschehnisse um ihr herum kaum noch wahrnehmen konnte.

Sie hörte, wie hinter ihr das dünne Unterholz knisterte, als wenn sich jemand auf sie zugbewegte. Aber sie traute sich nicht, einen Blick nach hinten zu wagen. Dann war Stille... Julia versteckte ihren Kopf zwischen ihren Knien. Noch eine Weile lang war nichts zu hören, nur Julias Herz schlug so laut, dass sie selbst nur das als einziges Geräusch wahrnehmen konnte.

„Wasmachst du hier!?", ertönte plötzlich eine laute, rauhe Stimme aufJulia herab. Und im selben Moment zuckte Julia zusammen, und sie verlorsogleich ihr Bewusstsein


Der AußenseiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt