Kapitel 1

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„In der Vergangenheit zeigte ich zu viel Stärke und es hat mich zu nichts geführt."

Vivienne's Sicht :

Man sagt:
Die schönste Zeit im Leben sind die kleinen Momente, in denen du spürst, du bist zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Vor ungefähr zwei Jahren, machte ich diesen Spruch zu meinem Lebensmotto.
Ich fühlte mich Geborgen, geliebt und am aller wichtigsten, endlich im Leben angekommen.
Mein Leben war trotz der schwierigen Vergangenheit, mit welcher ich täglich rang perfekt und sollte es auch bleiben.
Doch da beglich ich die Rechnung ohne zu wissen, was das Leben noch mit mir vorhatte.

Befreie dich von allen Ballast und unnötiger emotionaler Last, sei frei und bereit für einen Neubeginn.
Das waren die letzten Worte, welche meine Psychotherapeutin mir mit auf den Weg gab.
Doch die Kraft für einen Neuanfang fehlte mir.
Es erinnerte mich an die Worte, welche meine Mutter einst tätigte, bevor wir beschlossen in Grünwald von neuen anzufangen.
Sie war der Mensch der mir das Leben schenkte und es mir meiner Meinung nach auch wieder nahm.
Zwei Jahre, zogen an mir vorbei, in denen ich völlig auf mich gestellt war.

Veränderungen.
Ein wesentlicher Punkt meines Lebens.
Es würde der Beginn von etwas Neuem sein und dem Loslassen von altem.
Veränderungen bringen neue Dinge mit sich. Dinge, mit welchen man den Umgang erst üben sollte um sie im Endeffekt positiv zu nutzen.
Dieser Prozess braucht Zeit und wird viele gute aber auch schmerzhafte Dinge mit sich bringen.
Zu viele schmerzhafte Dinge.

Es kam mir so vor, als wäre es erst ein paar mickrige Tage her.
Wie ein Film zog es in jeder erdenklichen Sekunde, welche mein Kopf einen Moment frei schien, an mir vorbei. 
Ihre schreie, ihre Entscheidungen und vor allem ihre Taten. Meine Mutter ließ mich hängen in einem Moment, als ich sie brauchte.
Stattdessen schickte sie mich auf eine Schule voller Prinzessinnen, welche mir regelrecht auf den Senkel gingen.
Anfangs versteckte ich mich, doch dies änderte sich als eine neue Person in mein Leben trat.
Florentine ging es ähnlich wie mir, jedoch besaß sie keine Familie mehr.
Sie wurde von ihren Eltern, welche den Alkohol und die Drogen vor sie zogen, abgestoßen und beizeiten in eine Pflegefamilie gesteckt.
Allerdings konnte sie nie mit dem Gedanken umgehen in einer fremden Familie zu stecken und war der Meinung, dass diese Menschen ihr nie zeigen konnten wie sich Liebe anfühlen würde.
Dies prägte ihre psychische Laufbahn und ließ sie Stück für Stück immer mehr in die Tiefe stürzen.
Somit lernte ich Florentine kennen und verbrachte mit ihr die restliche Zeit zusammen auf engstem Raum.
An manchen Tagen lagen wir uns weinend in den Armen und verstanden nicht, weshalb ausgerechnet wir in solch einer Situation steckten.
Jedoch lachten wir auch gemeinsam über Dinge, welche uns in einem bestimmten Moment komisch vorkamen.
Doch am wichtigsten, wir beeinflussten uns gegenseitig.
Wir beide wussten, dass wir uns brauchten um die grässlichen zwei Jahre überhaupt durchstehen zu können.
Sie verurteilte mich nicht für all meine Entscheidungen und vor allem nicht für meine Vergangenheit.
Sie stand hinter mir und meinen Veränderungen und hinterfragte es nicht bis ins kleinste Detail.

Nun liefen die zwei Jahre allerdings ab und unsere Wege würden sich ab dem heutigen Tage kreuzen. Aber nicht für Immer.
Florentine war bereits neunzehn Jahre alt und durfte nach ihrer Entlassung alleine wohnen. Sie versprach, mit mir nach Grünwald zu ziehen und mir Rückenwind zu bieten. Wir beide waren derzeit unser gegensätzlicher Halt und brauchten uns besonders in der kommenden Zeit.
Es dauerte nur noch ein Weilchen bis sie ihrem Versprechen wirklich nachkommen konnte, denn sie kam ursprünglich aus Köln, was ein ganzes Stück entfernt von hier war. Doch ich war guter Dinge ihr vertrauen zu können.
...

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