„Ich wurde des heutigen Tages einmal zu oft mit der Vergangenheit konfrontiert.
Fabi war der Tropfen, welcher das Fass zum überlaufen brachte."Vivienne's Sicht:
„Hey! Wie war dein Tag in der Bank?", erkundigte sich Onkel Hadschi.
„Sehr schön", taumelte ich durch den großen Eingangsbereich.
Ich sah ziemlich zerzaust aus, knöpfte mir mein Hemd erstmalig richtig zu.
Hadschi sah mich mit geweiteten Augen an.
„Hat dich ein Traktor mitgenommen?".
Wie sehr ich seinen Humor in unpassenden Momenten liebte.
Ich stieg aus meinen Schuhen und blickte mit finsterem Blick zu ihm hinüber.
Der Traktor wäre wahrscheinlich die bessere Option gewesen.
Ich grummelte vor mir her, als ich erschöpft die Treppen zu meinem Zimmer hinauf erklimmen wollte.
„Wir müssen uns unterhalten!", schrie Hadschi hinterher.
„Ach müssen wir das?", versuchte ich ihn abzuwimmeln, denn zum jetzigen Augenblick, wollte ich einzig und allein mein Bett begrüßen.
Ich machte mir mittlerweile gar keine Gedanken mehr, über Gespräche welche Hadschi plante.
Der ganze Ärger, den Grünwald mit sich brachte, ließ mich entschlossen Kalt.
„Schnellstmöglich", brummte er.
Ich ging seelenruhig die Treppen hinauf, schnappte mir bequemere Anziehsachen und verschwand im Badezimmer der oberen Etage.
Warmes, fast schon kochendes Wasser prasselte an mir hinab.
Ich genoss diesen Moment.
Das heiße Wasser zog womöglich all meine Gedanken und Erinnerungen mit sich in den Abfluss.
Zurück in meinem Zimmer angekommen, hörte ich keinen nervenzehrenden Schrei, welcher nach mir verlangte.
Es war merkwürdig ruhig.
Zu ruhig.
Ich schlich mich nach unten, konnte so tun als würde mich das Abendessen im Moment interessieren.
„Luna?", kam es direkt von meiner Rechten.
Die Ruhe wäre mir doch lieber gewesen, stellte ich so eben fest.
„Ja?".
„Wir müssen etwas besprechen".
„Das sagtest du bereits", brachte ich hervor.
Ich drückte meine beiden Hände fest gegen den Küchentresen.
Wenn ich etwas an Hadschis kleinem bequemen Häuschen liebte, dann diese offene Küche mitten ins Wohnzimmer führend.
Es wirkte alles schlicht und einfach.
„Es kam ein Brief an", zögerte er.
Ich wurde direkt zwei Jahre zurück geschleudert.
Als Hadschi zuletzt mit mir dringend das Gespräch suchte, ging es um genau die Dinge, welche mich erst in diesen ganzen Schlamassel beförderten.
Ich hatte eine leise Vorahnung.
„Ich rede nicht lang drumherum. Deine Mutter hat sich gemeldet. Es geht explizit um die Schuleinführung deiner kleinen Schwester".
Das traf den Nagel volle Kanne auf den Kopf.
Ich versuchte alle aufkommenden Emotionen und Gefühle zu überspielen und zuckte schließlich erbarmungslos mit den Schultern.
Hadschi besaß ein großes Herz am rechten Fleck.
Er würde mich niemals ins kalte Wasser schubsen, sondern klärte lieber alles sorgfältig mit mir ab.
„Was sagst du dazu?", wollte er sich erkundigen,
„Wahnsinn dass diese Frau sich überhaupt noch traut sich zu melden", lachte ich auf.
Ich hatte nie eine besonders starke Bindung zu meiner Mutter.
Ich konnte nicht einmal behaupten, dass sie jemals da war.
Es lief alles fein strukturiert und Gnade Gott, jemand stellte sich gegen ihre kleine Heile Welt.
Ich ging diesen Schritt, entschied mich für den Jungen und gegen meine Mutter.
Ich war naiv und ahnte nicht dass mich genau diese beiden Personen gnadenlos ins offene Messer laufen ließen.
Ich war bereit mein Leben umzukrempeln für diesen einen Jungen, welcher mich mit seinem Charme um den Finger wickelte.
Zwei Jahre später, befand ich mich in dem Haus meines Onkels, stieß mein ganzes sich um mich sorgendes Umfeld ab und ließ mir auf einem Mädchen Internat den Kopf so richtig durch waschen.
Ich befand mich in einem Loch und es befand sich weit und breit kein Ausweg.
„Wäre Papa noch da, wäre das alles nie so weit gekommen", platzte es nun aus mir heraus.
„Er fehlt mir auch".
Hadschi war der ältere Bruder meines Vaters.
Beide waren immer unzertrennlich.
Bis zu dem Moment, als meine Mutter sich gegen Hadschi aufbäumte.
Ich hatte nie sonderlich viel über die Bindung zwischen meinem Onkel und meinem Vater erfahren können, las dennoch das Tagebuch welches mein Vater mir vermachte fein säuberlich durch.
An jenem Tag, wollte ich dieses Tagebuch loswerden, wollte alles vernichten was mir aus der Vergangenheit übrig blieb.
Dennoch wusste ich mein Onkel besaß dieses Buch noch.
Er würde es niemals einfach so wegschmeißen.
„Hast du Papa's Tagebuch aufgehoben?", wollte ich unterschwellig nachhaken.
„Selbstverständlich".
Ich atmete erleichtert aus, obwohl ich hätte Schwören können, dass es in
Hadschi's Besitz blieb.
„Du könntest ebenfalls anfangen Tagebucheinträge zu verfassen. Vielleicht hilft es dir genauso mit deinen Problemen umzugehen? Deinen Kindern könnte es später mal eine genauso große Hilfe sein", grinste er mich aus dem nichts an.
Natürlich! Das könnte die Idee sein!
Wie könnte ich am besten Anfangen?:
Liebes Tagebuch,
Der Tag begann mit einer meiner täglichen depressiven Episoden.
Ohne eine Überdosis an Koffein, hätte ich nicht aufrecht stehen können.
Ich begab mich auf den Weg um eine Strafarbeit zu erledigen, aufgrund unangemessenem Verhalten gegenüber meinem Ex-Freund.
Ich setzte gnadenlos Gewalt gegen ihn ein.
Ich hasste ihn weil er mich verließ, mittlerweile eine nervige neue Freundin hatte und ach ja!
Vor nicht einmal zwei Stunden hatte ich mit ihm ein heißes Techtelmechtel, während der Strafarbeit, in tiefsten Gedanken an seine neue Flamme und meinen mich nächtlich verfolgenden Racheplänen.
Ich hoffte Inständig dass meine Ratschläge niemals jemand befolgen würde.
Was in meinen Augen der absolut richtige Weg war, wäre für andere ein Skandal.
„Ich denke dass wäre kein guter Einfall", protestierte ich, lief auf das bequeme Sofa mitten in Hadschi's Wohnzimmer zu und ließ mich nieder.
Ich dachte nach, konnte nicht anders als alles was geschah noch einmal Revue laufen zu lassen.
Ich verstand die Welt nicht mehr.
Doch dass tat ich ohnehin schon nicht.
Auf diesem Planeten herrschte viel zu viel Ungerechtigkeit.
„Wir müssen irgendwie versuchen mit der Situation umgehen zu können", setzte sich Hadschi nun neben mich, faltete seine Hände in seinem Schoß zusammen und stieß freundschaftlich unsere Schultern zusammen.
Ich bewunderte ihn.
Er hatte nie das Glück eigene Kinder zu haben, Nein.
Er kümmerte sich stattdessen um seinen Nichte und seinen Neffen, welche laut meiner Mutter auf die schiefe Bahn gerieten.
Allein Onkel Hadschi steckte so unendlich viel Liebe und Aufmerksamkeit in seine Aufgabe, als er hätte tun müssen.
„Warum tust du das ?", platzte es Gedankenverloren aus mir heraus.
„Warum tue ich was ?".
„Für mich sorgen".
Er lachte einmal kurz auf, als hätte ich soeben den wohl schlechtesten Witz gerissen.
„Luna, für mich ist das selbstverständlich. Du hast das Recht ein lebenswertes Leben mit vielen Höhen und tiefen zu leben. Ich möchte das wieder geradebiegen was deine Mutter nie schaffen konnte. Zudem ich dich mindestens genauso sehr liebe, wie dein Vater es einst tat. Genauso sehr liebe ich deinen Bruder!".
Wären meine Emotionen nicht so abgestumpft, wäre sogar eine Träne geflossen.
Diese Aussage sorgte für so viel Wirbel in meinem Kopf.
Zuvor machte ich mir nie wirklich Gedanken darüber, wie ich auf andere Personen wirkte, oder besser gesagt: wie sehr ihr Verhalten auf mich wirkte.
Ich versuchte alles zu unterdrücken und ließ kaum etwas an mich heran.
Dennoch schaffte ich es nicht, Personen auszuschließen.
Hadschi verdiente nicht die kalte Schulter meinerseits, im Gegenteil. Er sammelte mich wieder auf und schaffte es diese kleinen Kaputten Scherben so gut wie wieder zusammenzufügen.
Ich brauchte ein offenes Ohr und wusste genau wem ich erreichen könnte.
„Darf ich nochmal rausgehen?", fragte ich meinen Onkel.
„Wohin denn?", wollte er berechtigt wissen.
„Zu Florentine. Sie wohnt nicht weit weg. Das kann ich locker Zu Fuß erreichen", entwarnte ich ihn und seine womöglich väterliche Sorge.
„Pass auf dich auf und komme nicht all zu spät".
Mit diesen Worten machte ich mich auf den Weg.
Mir war es egal, dass ich in einer Jogginghose und einem viel zu großen Pulli durch die Straßen Grünwalds lief.
Ich brauchte einzig und allein eine Person, die mich wirklich verstand. Eine Person, welche meine Sorgen und Verhaltensweisen kannte.
Natürlich hätte ich auch Lelia, schließlich kannte ich sie länger.
Jedoch hatte ich ihr noch einiges zu erklären. Insbesondere die Sache mit Markus.
Dazu hatte ich im Moment keine Nerven.
Ich brauchte eine Objektive Meinung und die bekam ich von Florentine.
-
„Hey", lief ich schnurstracks direkt auf sie zu.
„Hey, was machst du so plötzlich hier? Ich dachte du musst deine Strafarbeit ableisten?", musterte sie mich skeptisch.
Eigentlich war geplant, dass Florentine sich das ganze Wochenende bei meinem Onkel und mir aufhielt. Dennoch beglich ich die Rechnung ohne Hadschi's Durchsetzungsvermögen.
„War schon eher als Gedacht fertig", argumentierte ich.
„Schön dass du hier bist! Dann kann ich dir direkt meine erste eigene Wohnung zeigen!", verkündete sie sofort stolz.
Ich gönnte ihr das Glück von ganzem Herzen.
Immerhin sie hatte es verdient nach ihrer schwierigen Kindheit, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.
„Ein bisschen was muss ich noch besorgen zwecks der Dekoration und der Einrichtung aber das wichtigste ist da", ließ sie mich eintreten.
Ich wusste bereits wo sich ihr eigenes kleines Reich befand, schließlich erzählte sie mir zu aller erst davon.
Es war mir ein leichtes diesen Weg zu finden.
Denn es war ein vertrauter Weg.
Florentine bestand darauf sich eine Wohnung anzumieten, schließlich war sie alleine und brauchte ihrer Meinung nach kein riesiges Haus. Es würde ihr nur das Gefühl geben buchstäblich alleine in einem Riesigen Universum zu sein.
Es war ein hübscher Altbau, in welchem sich eine kleine Eisdiele befindet. Erst darüber befanden sich insgesamt Vier Wohnungen.
Florentine hatte das Glück, direkt beim ersten Anlauf diese zu ergattern.
Nur überquerte ich auf dem Weg dahin einen kleinen Hügel, welcher ziemlich viele Erinnerungen in mir auslöste.
Er führte inmitten dem Teufelstopf, den Hexenkessel aller Hexenkessel.
Es war der Fußballplatz, welcher der Mannschaft gehörte, welche einst als meine Freunde galten- Die wilden Kerle.
Es tat nach wie vor weh, schließlich war das der Ort an dem ich den Brief las, welcher mein Leben als einziges Chaos hinterließ.
Es war der Ort an dem Maxi und ich uns zuerst trafen und er mir den härtesten Bums der ganzen Welt präsentierte.
Ich saß an diesem Platz bei seinem Training und sah ihm wie ein verbittertes Hündchen hinterher.
„Schau dir diese wunderschöne Wandfarbe an", zog mich Florentine zurück in die Gegenwart.
Ich blickte auf und nahm erst jetzt diesen wirklich hübsch eingerichteten Flur war.
Er war schmal, wurde jedoch richtig toll in Szene gesetzt.
Rosa war die Farbe, welche die Wände zierte und zwei auf Hochglanz polierte Kommoden standen relativ mittig an der Wand.
Links führte eine Tür in einen anderen Raum, geradeaus blickend eine weiter Tür, welche das Schild „nicht besetzt" schmückte, weshalb ich ahnte es sei das Badezimmer.
Dennoch befand sich ebenfalls eine weitere Tür an der rechten Seite des Flures, direkt hinter den Enden der Kommode.
„Ich hoffe es stört dich nicht, aber mein Bruder ist noch da. Er hat mir beim Umzug geholfen", klang sie erleichtert.
Die Information, dass Florentine einen Bruder besaß war mir gänzlich neu.
Es freute mich, dass sie noch einen Teil ihrer einst zerbrochenen Familie, besitzen durfte.
Sie watete protzend vor Stolz ihren Flur entlang und deutete, ich solle ihr einfach folgen.
Ich stellte fest, dass es die Tür ins Wohnzimmer war, welche hinter den Kommoden lugte.
„Wir haben unseren ersten Gast!", sprang sie förmlich um die Ecke.
Ich trat über die Türschwelle, hatte jedoch keine Zeit mir staunend ihr Wohnzimmer anzuschauen, Nein.
Mein Blick ruhte einzig und allein auf ihrem Bruder, welcher entspannt auf dem kleinen grauen Sofa saß und seine Beine überkreuzt auf dem Couchtisch ablegte.
Seine mittlerweile Schulterlangen Erdbeerblonden Haare und seine Sommersprossen, machten es mir leichter ihn zu identifizieren.
Es war kein anderer als Fabi, mit welchem ich ebenfalls vor Zwei Jahren Bekanntschaft schloss.
Meine Knie wurden weicher und konnten mich kaum tragen.
Ich wurde des heutigen Tages einmal zu oft mit der Vergangenheit konfrontiert.
Fabi war der Tropfen, welcher das Fass zum überlaufen brachte.
Meine Gefühle überschlugen sich.
Ich besaß niemals Gefühle für Fabi, dennoch versuchte er damals mich und Maxi auseinander zu bringen und dies reichte mir.
Andererseits, war ich nicht mehr dieses trottelige, naive Mädchen von damals.
Maxi war kein Teil mehr meines Lebens, zumindest nicht auf romantischer Ebene.
Es gab also keinen Grund mehr, sauer auf ihn zu sein.
Realistisch betrachtete, sollte ich nach wie vor sauer auf ihn sein.
Dennoch war dass erneut ein Punkt, an dem ich und mein Mindset sich nicht einig waren.
Ich sah in allem eine Möglichkeit Maxi zu verletzen.
Selbst wenn es ihn nicht einmal interessieren würde.
Allein der Fakt dass es ihn einmal verletzt hätte, genügte mir.Heyho :)
Ich freue mich riesig über Feedback und lasst doch gerne einen Stern da ;)
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Mit jeder Sekunde meines Lebens
Fanfiction... „Erinnerst du dich, Maxi? Du meintest einst ich wäre dein Problem! Doch anstatt zu versuchen damit umzugehen, bist du ihm aus dem Weg gegangen. Du bist mir aus dem Weg gegangen. Also behaupte nicht, du hättest mich aufrichtig geliebt!" Zwei Jahr...