Schwarze Dokumententasche

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Als Romina nach der Arbeit nach Hause kam, hatte sie es fast eilig, sich für das Date mit Tarik fertig zu machen. Trotz der guten Nachrichten ihrer Eltern, hatte sie das Verlangen mehr von Tarik zu erfahren. Jetzt wo sie sich nicht mehr auf ihren Plan konzentrieren musste, war es vielleicht eine gute Chance, ihn als Menschen besser kennenzulernen.

Nach einer schnellen Dusche stand sie mit Lockenwicklern in den Haaren und nur in ihrer teuren, schwarzen Spitzenunterwäsche vor ihrem Kleiderschrank. Khalessi lag auf dem Bett und beobachtete sie. Am liebsten hätte sie sich in gemütlichen Klamotten zu ihr gelegt und mit ihr gekuschelt.
„Wenn ich wieder zuhause bin, kuscheln wir, versprochen", sagte sie, als hätte ihre Katze sie tatsächlich dazu überreden wollen.

Tarik lud sie in ein sehr nobles und angesagtes Restaurant ein, daher suchte sie ihr Outfit für den Abend besonders sorgfältig aus.
Ihre Wahl fiel auf ein enges, dunkelgraues Kleid. Ein Schlitz an der Seite, der bis zum Oberschenkel hoch ging, verlieh mit dem Kleid ein bisschen Verruchtheit, ohne billig zu wirken.
In ihrem Schrank fand sie hohe Sandaletten, die sie bisher nur getragen hatte, um sie anzuprobieren. Sie waren mit kleinen Strasssteinchen besetzt und hatten den selben Farbton wie ihr Kleid. Es passte einfach perfekt zusammen. Außerdem hatte sie zu den Sandaletten die dazugehörige Handtasche, womit das Outfit vollständig gewesen war.

Pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt stand sie vor dem Restaurant. Tarik hatte ihr angeboten sie abzuholen, aber ihr war es lieber gewesen, selbst zu fahren, so konnte sie flüchten, wenn der Abend sich als Disaster herausstellen würde.
"Da bist du ja schon", begrüßte sie Tarik und musterte sie von oben bis unten.
"Wow...du siehst atemberaubend aus." Er zog sie in seine Arme und hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Wange.
"Dankeschön", antwortete Romina etwas verhalten.
"Komm, wir gehen was essen. Die Küche hier ist ausgezeichnet und der Ausblick ist ein Traum", sagte Tarik und nahm sie an der Hand. In der anderen Hand trug er eine schwarze Dokumententasche. Romina war neugierig, warum er diese mit sich trug, sie fragte ihn aber nicht danach, sondern folgte ihm wortlos ins Innere des Restaurants.
Und Tarik hatte nicht gelogen, was den Ausblick anging. Leicht am Hang, oberhalb der Elbe gelegen, hatte man über eine breite Fensterfront den kompletten Blick auf den Fluss. Es war wunderschön und Romina konnte sich kaum sattsehen. Wie auch immer Tarik es geschafft hatte, einen der begehrtesten Tische im Restaurant zu bekommen, sie genoss es.
Als der Kellner kam, bestellte Tarik, ohne sie zu fragen, eine Flasche Champagner und das vom Küchenchef empfohlene 5-Gänge Menü.
Es störte sie nicht, das er die Wahl alleine getroffen hatte, denn sie war nie besonders wählerisch gewesen, was Essen anging. Außerdem war sie sich sicher, dass es hier hervorragend schmecken musste, ansonsten hätte das Restaurant nicht gleich zwei der begehrten Michelin-Sterne.

Nachdem sie mit dem Champagner angestoßen hatten und sich über belangloses unterhielten, brannte ihr wieder die Frage auf der Zunge, warum er eine Dokumententasche mit sich trug.
"Nimmst du deine Arbeit immer überall mit hin?", schossen die Worte aus ihr heraus.
Tarik lachte und legte die Hand auf die Tasche.
"Das sind wichtige Unterlagen, über die ich noch drüber schauen muss, bevor ich sie in die Bearbeitung gebe. Ein Geschäftsmann wie ich, arbeitet immer und überall", zwinkerte er ihr zu und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
Auch Romina hatte sich zurück gelehnt, die Arme verschränkt, Tarik streng und mit erhobener Augenbraue angeschaut.
"Was hast du denn für ein Geschäft?"
Er lehnte sich über den Tisch, hatte dabei seine Arme leicht überkreuzt und grinste.
"Ein Geschäft? Viele Geschäfte, Sunshine. Bei diesem...", nickte er zur Tasche und widmete sich dann wieder ihr.
"...geht es um eine Immobilie."
"Du handelst also auch mit Immobilien?", fragte Romina neugierig, auch wenn sie Tarik gerne darauf hingewiesen hätte, wie sehr sie Kosenamen hasste.
"Ich berate, informiere und handele."
"Es melden sich Leute bei dir, die etwas verkaufen wollen und du kümmerst dich darum. Versteh ich das richtig? Du bist also sowas wie ein Investmentmananger?"
Romina wusste genau, warum sie es so sehr interessierte, was dieser Mann tat. Nicht, weil sie es noch immer auf sein Geld abgesehen hatte, sondern weil sie gerne mehr darüber erfahren wollte, was Ihre Eltern mit der Investmentfirma für Vorteile hatten und ob es wirklich sinnvoll war, eine solche Firma zu beauftragen.
"Ich bin Investmentmanager, richtig." Gerade als Romina weitere Fragen stellen wollte, klingelte Tarik's Handy.
"Entschuldige mich kurz, Engel. Da muss ich ran gehen." Er stand auf und ging nach draußen. Romina verdrehte die Augen.
Schon wieder hatte er einen dieser blöden Kosenamen benutzt.
Und wie automatisch schoss ihr plötzlich Marten in den Kopf.
Sweetheart hatte er sie genannt und es hatte sie überhaupt nicht gestört. Schmunzelnd legte sie ihren Kopf auf ihrem abgestützten Arm ab.
Dann fiel ihr ein, das sie Tarik fragen sollte, woher die beiden Männer sich kannten. Doch als erstes reizte sie, ein Blick in die Unterlagen von Tarik zu werfen. Sie drehte ihren Kopf Richtung Ausgang und sah, das er noch immer telefonierte.
Sie hatte ihn nicht aus den Augen gelassen und währenddessen die Dokumententasche mit ihrer Hand geöffnet.
Langsam zog sie eins, der losen Blätter heraus und schielte darauf.
Sie konnte nicht glauben wessen Anschrift sie auf dem Briefkopf las.
Peter und Iris Krüger.
Tarik beriet ihre Eltern?

Sie zog das Schreiben weiter heraus, vergewisserte sich mit einem erneuten Blick nach draußen, davon, dass Tarik noch immer telefonierte und las dann eine Geldsumme, bei der ihr sofort schlecht wurde.
"Oh, Engelchen, sowas seh ich überhaupt nicht gerne", erklang plötzlich die Stimme von Tarik. Sie sah ihm erschrocken ins Gesicht.
Er umklammerte ihr Handgelenk so fest, das es schmerzte.
Sie spürte den Schmerz, doch noch mehr spürte sie die Wut, die in ihr kochte.
"Wusstest du, das sie meine Eltern sind?", fragte sie fassungslos.
Ein leichte Lächeln umspielte Tarik's Lippen.
"Erst als mir deine Mutter stolz von ihrer Tochter erzählte und mir süße Kinderbilder von dir gezeigt hat. Ach Gott, du warst als kleines Mädchen wirklich süß."
Romina atmete tief durch, als die Erkenntnis endgültig in ihrem Hirn ankam.
"Ihr Hotel und das Haus sind mindestens das doppelte wert. Ich werde nicht zulassen, dass du meine Eltern so über den Tisch ziehst."
"So funktionieren die Geschäfte nunmal." Bei seinen Worten wurde Romina nur noch schlechter. Tarik's Griff um ihr Handgelenk wurde fester und er beugte sich zu ihrem Gesicht runter.
"Schätzchen, ich würde dir raten die Füße still zu halten. Ich werde sonst sehr ungemütlich."
"Und ich werde ungemütlich wenn man meine Eltern willkürlich betrügt und belügt." Die Wut auf diesen berechnenden Mann ballte sich in ihrem Magen zusammen. Sie riss ihre Hand aus seinem Griff und starrte ihn wütend an. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien oder ihm den Champagner über den Kopf geschüttet, doch ihre gute Erziehung siegte. Äußerlich gefasst trank sie den letzten Schluck aus ihrem Glas, nahm ihre Handtasche und stand auf.
Sie sah ihm noch einmal tief in die Augen.
"Das werde ich nicht zulassen, koste es was es wolle."
Tarik lachte dreckig und trat einen Schritt zurück. "Ich bin auf alles vorbereitet, Schätzchen." Sie streckte ihm ihren Mittelfinger entgegen und steuerte den Ausgang des Restaurants an. Tarik war ihr nicht gefolgt, doch sie wusste, das er mit Sicherheit längst einen Plan geschmiedet hatte, wie er sie aufhalten konnte.
Sie musste sich schnellstmöglich überlegen, wie sie diesem egozentrischen Arschloch einen Strich durch die Rechnung machen konnte und sie hatte da auch schon eine Idee.

Only one millionnaire (Marten Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt