4. Kapitel: Built For Two

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KAPITEL VIER

"It's better than I ever even knew
They say that the world was built for two
Only worth living if somebody is loving you
And baby, now you do"

(lana del rey – video games)

Frühjahr 2020

Während Tims Abendvorlesung hatten Stegi und Oskar das Küchenwohnzimmer bereits für die WG-Zeit vorbereitet, und als er endlich seinen Laptop schließen und in die Küche treten konnte (blinzelnd gegen das grelle Licht der Deckenlampe, nachdem sein Zimmer nur von dem Bildschirm erleuchtet gewesen war), saßen sie bereits mit je einer Flasche Bier am Küchentisch und waren in ein Gespräch vertieft.

„Ecuador?", fragte Stegi gerade und runzelte die Stirn. „Was macht man denn so in Ecuador?"

Oskar zuckte mit den Schultern. „Du kennst Paulina. Die findet überall was zu tun, wenn sie nur will."

Paulina war eine weitere von Stegis Schulfreundinnen. Tim wusste nicht viel über sie, außer, dass sie extrovertiert genug für fünf Leute war, immer über alles Bescheid wusste, und sich seit dem Abitur von Freiwilligendienst zu Freiwilligendienst und von Land zu Land hangelte. Das letzte Mal, als er von ihr gehört hatte (was zugegebenermaßen bereits einige Monate her war), war sie auf einer Pferdezucht in Island gewesen. Dagegen war Ecuador sicherlich schön warm.

Tim griff sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ließ sich gegenüber von Stegi an den Tisch fallen.

„Vorlesung überstanden?", fragte Oskar.

„So gut's eben geht, ne?"

„Worum ging's?", fragte Stegi.

Tim zuckte mit den Schultern. „Nichts, das du verstehen würdest."

Stegi zeigte ihm den Mittelfinger und lachte. Er lehnte sich in seinem Stuhl nach hinten und legte die Beine hoch – so, dass seine Füße auf Tims Knien ruhten. Tim wollte protestieren und sich umsetzen, aber um ihren Küchentisch herum standen nur drei Stühle; hätten sie einen vierten hinzugestellt, würde er die Tür blockieren.

Also fügte Tim sich seinem Schicksal. Er prostete den beiden zu, ehe er einen großen Schluck Bier trank. „Ecuador?", sagte er dann. „Und sie durfte noch hinreisen?"

„Sie ist schon seit Februar da. Wahrscheinlich dürfte sie gar nicht mehr zurück."

„Aber sie ist bestimmt glücklich", warf Stegi ein. „Also ist das gar nicht so schlimm."

Tim würde einiges dafür geben, nicht in seinem Supermarktjob im selbst im April kalten Deutschland festzustecken – sicherlich war Paulina in Ecuador glücklicher. Es war ja schwer, Nieselregen und 14 Grad zu unterbieten.

„Die viel wichtigere Frage", sagte Oskar, und seine Stimme wurde so nachdenklich, als hätte er bereits fünf Bier und zwei Shot intus, „Ist doch, ob wir glücklich sind."

Stegi verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich wäre glücklich, wenn mir jemand Snacks bringen würde", sagte er, einen Mundwinkel nach oben gezogen. Dabei ruhten seine Augen auf Oskar – Tim war schließlich als Stegis Fußablage gefangen.

Oskar zuckte mit den Schultern und erhob sich. „Chips?", fragte er. „Ich bringe uns Vodka und ein Spiel mit." Damit hatte er sich erhoben und quetschte sich an Tims Stuhl vorbei aus der Küchentür heraus – ein Regal mit Vorräten hatten sie im Flur untergebracht, der mehr Quadratmeter als die Küchenzeile des Zimmers hatte.

Stegi beäugte die halb angelehnte Tür, dann lehnte er sich nach vorne Richtung Tim. „Es ist gut, ihn wiederzusehen", flüsterte er. „Ist lange her."

Punkt Nemo [Stexpert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt