03 | SANDIGE FINGERSPITZEN.

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Θάλαττα, θάλαττα.
     Das Meer, das Meer.

EIN ENERGISCHES KLOPFEN reißt mich aus einem traumlosen Schlaf

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EIN ENERGISCHES KLOPFEN reißt mich aus einem traumlosen Schlaf. Meine Augenlider sind noch schwer und voller Müdigkeit, als ich in die Dunkelheit blinzle. Völlig orientierungslos und erschöpft, nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Gerade will ich mich einfach nur auf die andere Seite drehen, als wieder dieses Klopfen ertönt. Etwas langanhaltender und vorwurfsvoller als noch davor.

Umständlich stemme ich mich mit den Armen hoch. Das Prasseln des Regens ist nicht mehr ganz so laut, aber beständig. Im Zimmer ist es dunkel, aber ich trage noch immer meine Klamotten von gestern. Irgendjemand muss das Licht ausgemacht haben, als ich einfach auf dem Bett eingeschlafen bin. Stöhnend fahre ich mir mit den Händen über das Gesicht. Meine Augen brennen, mein Kopf brummt.

»Wird das heute noch was, Alter?«

Aprupt halte ich in meiner Bewegung inne. Nur ganz langsam lasse ich meine Finger sinken und starre zum Fenster, welches mittlerweile angeklappt ist. Wahrscheinlich war das Pa; er macht sich immer Sorgen, dass zu wenig Sauerstoff im Raum ist. Außerdem weiß er, dass ich nie mit geschlossenen Fenstern schlafe. Nicht einmal im tiefsten Winter. Lieber friere ich.

Draußen ist es stockdunkel, aber dennoch kann ich eine schmale Gestalt ausmachen, die ihre Hand gegen das Glas drückt. Und es gibt nur eine Person auf dieser Welt, die das mitten in der Nacht tun würde.

Für einen kurzen Moment wünsche ich mir, ich hätte ihn einfach ignoriert. Aber gleichzeitig kochen diese Dankbarkeit und Freude wieder in mir hoch. Das Gefühl, einfach alles zu vergessen, was vorher passiert ist. Einfach so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung. Als hätten wir uns nicht die letzten Monate ignoriert. Denn vielleicht kann es auch wieder wie früher sein.

»Lian?«, flüstere ich. Meine Finger suchen und finden mein Handy. Mit flinken Bewegungen betätige ich die Taschenlampe und lasse das Licht in die Nähe des Fensters wandern.

Ein breit grinsendes Gesicht strahlt zurück. »Na? Wie geht's dir, Großstadtkind?« Feuchte Strähnen des hellblonden Haares kleben an seiner Stirn, aber er macht sich nie die Mühe, sie zurückzustreichen.

Alles an ihm ist so schmerzhaft vertraut. Als wären das letzte Vierteljahr nie passiert. Vollkommen überfordert starre ich meinen Kindheitsfreund an, der es mal wieder geschafft hat, vor meinem Fenster im ersten Stock zu hocken. Und das sogar bei einem Gewitter. Dem Jungen ist bei besten Willen nicht mehr zu helfen.

»Was zur Hölle machst du da?«, frage ich, mittlerweile mehr amüsiert als fassungslos, und erhebe mich langsam von meinem Bett. »Bist du komplett verrückt geworden?«

Die Welt wird von einem fernen Donnergrollen erschüttert und der Regen drischt unaufhörlich auf alles ein, was ihm in die Quere kommt. Das Gewitter scheint zwar weitergezogen zu sein, doch seine Ausmaße sind noch immer gewaltig.

DER FINNE UND DER GRIECHEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt