13 | HILFLOSIGKEIT.

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Ἐλέφαντα ἐκ μυίας ποιεῖς.
     Du machst einen Elefanten aus einer Fliege.

     Du machst einen Elefanten aus einer Fliege

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DIE STILLE BEIM Mittagessen ist unangenehm. Während ich gedankenverloren in meinem Kamillentee rühre, schlägt Pa die Zeitung heute etwas energischer um als sonst. Ma's leises Fluchen hallt durch die erdrückende Ruhe, weil sie sich die Finger an ihrem warmen Kaffee verbrannt hat. Ich will aufstehen, um ihr zu helfen, aber ihr sturer Blick lässt mich innehalten und zurück auf meinen Stuhl sinken.

     Heute ist alles bedrängend lauter: Das Kratzen der Stuhlbeine über den Holzboden, das Abstellen der Keramiktassen auf dem Tisch, das Rühren in den heißen Flüssigkeiten, das Schaben von Besteck über die Teller.

     Ich weiß, dass ich ihnen eine Entschuldigung schuldig bin. Aber die Worte wollen nicht herauskommen. Ich will nicht der Erste sein, der die Stille durchbricht. Nicht einmal in Angesicht der Tatsache, dass ich sie mir selbst zuzuschreiben habe. Also warte ich. Starre auf meinen Teller, den ich als kleines Kind mal bemalt habe. Ein kleines Haus, von meinem Brot verdeckt. Daneben drei Strichmännchen. Zwei sind groß, eins ganz klein. Irgendwas daneben, was vermutlich eine Gans sein soll. Auf einem Zaun ein Katzenwesen.

     »Du weißt, dass du jederzeit irgendwo übernachten kannst«, fängt Ma schließlich an und ich ziehe automatisch die Schultern hoch. Mache mich kleiner, drücke die unerklärliche Wut auf engsten Raum zusammen, halte den Blick gesenkt. »Du bist schließlich erwachsen. Trotzdem solltest du uns aber Bescheid sagen. Wir haben uns gestern ziemliche Sorgen gemacht.«

     Ich reagiere nicht. Kindisch, flüstert die Stimme in meinem Kopf.

     »Aithon!«, grollt Pa genervt. »Hast du zugehört?«

     Ein knappes Nicken.

     »Es wäre schön, wenn du uns zumindest ansehen würdest«, fährt er spitz fort. Ich hebe den Kopf, blicke ihn an. Vielleicht etwas provozierend. Vielleicht etwas ausdruckslos. Vielleicht etwas überfordert. Ich weiß es nicht.

     Mein Kopf tut weh, meine Gedanken schreien, hämmern gegen die Wände. Ich bin müde, lustlos. Wozu müssen wir diese Konversation führen? Ich will einfach nur schlafen, schlafen, schlafen. »Ich habe euch geschrieben.«

     Pa zieht die Augenbrauen zusammen, verschwindet wieder hinter der Zeitung. »Ja, um drei Uhr nachts.«

     »Hört auf, euch immer solche Sorgen zu machen«, sage ich und überrasche mich selbst, trinke den Tee. Mittlerweile ist er nur noch lauwarm. Vielleicht liegt es an der Situation, aber er schmeckt nicht.

     Heute ist irgendwas anders.

     Ich will zurück in Toivos Wohnung. Zurück in das Bett, das wir uns geteilt haben; peinlich genau darauf bedacht, genug Abstand zwischen uns zu halten. Den Rücken einander zugewandt und ich frage mich, ob auch er das Bedürfnis hatte, die Entfernung zu überbrücken. Ob auch er nicht mutig genug war.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 05, 2022 ⏰

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DER FINNE UND DER GRIECHEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt