06 | PLASTIKGEDANKEN.

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Οὔτε λέγει οὔτε κρύπτει, ἀλλὰ σημαίνει.
Er erklärt nicht, verbirgt nicht, sondern deutet an.

     Er erklärt nicht, verbirgt nicht, sondern deutet an

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MIR WIRD WARM und ich muss mich räuspern. Trotzdem kommen keine Worte heraus und ich starre einfach nur in sein Gesicht. Dieses verdammte, schöne Gesicht. Sein Blick wandert von meinen Händen, die in Emilians Handschuhen stecken, zu dem Helm auf meinem Kopf und den Reitstiefeln an meinen Füßen.

»Gehört alles nicht wirklich mir«, erkläre ich. Habe endlich meine Stimme wiedergefunden, aber merke selber, wie hastig die Sätze hinaussprudeln. »Hades ist das Pferd von einem Freund. Und manchmal schaue ich beim Training zu und reite dann die letzten Minuten. Damit er runterkommt.« Ich deute auf Hades, der noch immer neugierig die Schnauze vorstreckt und Toivo mustert. Würde mich am liebsten dafür ohrfeigen, dass ich im Zug kaum gesprochen habe und mich jetzt nicht stoppen kann.

»Hades?«, wiederholt Toivo jedoch nur und streicht mit der linken Hand vorsichtig über die Nase des Hengstes. Dieser verharrt ganz still in seiner Position, als wolle er den Schwarzhaarigen nicht verschrecken.

»Ist mehr oder weniger sein Zweitname«, erkläre ich rasch und muss vor Nervosität lachen. Es erinnert mich daran, wie ich Emilian vor einigen Jahren in den Ohren hing, dass Hades ein perfekter Name für sein erstes Pferd sei. Und irgendwann hatte ich ihn dann überzeugt. Oder vielleicht auch einfach nur zu Tode genervt. »Eigentlich heißt er Uzarro. Schrecklicher Name, nicht wahr?«

»Hades klingt interessanter«, stimmt Toivo mir schulterzuckend zu. Dann kneift er nachdenklich die Augen zusammen. »Hat der Name eine Bedeutung?«

Ich muss mich zusammenreißen, um ihn nicht mit einem empörten Blick zu durchbohren. Kaum einen Augenblick später schäme ich mich dafür. Woher sollte er es wissen? Nicht alle teilen meine Interessen. Das musste ich schon mehrmals schmerzhaft feststellen. Und eigentlich ist die Mühe umsonst. Er schaut gar nicht mehr zu mir, hat den Ausdruck in meinen Augen gar nicht bemerkt. »Mehr oder weniger. Hades ist eine Person aus der griechischen Mythologie. Ein Gott, um genau zu sein. Der Gott der Unterwelt. Einer der großen Drei.«

Toivos Stirn kräuselt sich verständnislos. Es macht ihn nicht weniger schön, eher im Gegenteil. Es lässt ein bisschen menschlicher wirken. Seine krausen Locken bewegen sich in der leichten Brise, die Sonne lässt sie dunkelbraun wirken. »Der großen Drei?«

»Hades, Poseidon und Zeus«, erwidere ich prompt, als wäre er mein Lehrer und das hier eine Leistungskontrolle in der Schule für die ich ausnahmsweise wirklich gelernt habe. »Sie sind Brüder und die mächtigsten aller Götter. Oder zumindest sind sie der Meinung.« Ich will noch mehr sagen, aber Toivo scheint mir kaum zuzuhören.

»Ah«, murmelt er gedankenverloren. Seine dunklen Augen huschen über den Platz und ich frage mich, ob Emilian uns neugierig mustert. Er hält nicht viel von anderen Menschen, hält sich zurück, bis es unausweichlich wird. In diesem Moment bin ich dafür mehr als dankbar.

DER FINNE UND DER GRIECHEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt