10.

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Jungkook's PoV.:
 
„Du sagtest vorhin, dass es Unruhen im Land gibt, oder? Was hat es damit auf sich?“, fragte ich, als wir zur Pause in einer Bucht zwischen zwei Pferdeboxen saßen. Hier stand ein alter Tisch in der Mitte, mit jeweils einer Bank auf der Seite. Jimin saß neben mir und wickelte ein Stück Heu auf seinen Finger. Er sah zu Taehyung rüber, der auf der anderen Seite des Tisches seine Beine lang gemacht hatte. Dieser erwiderte den Blick kurz, ehe er wieder in seinen Schoß herabschaute. Ich schien ein empfindliches Thema angesprochen zu haben.
 
„Es gibt Unruhen, weil ein Spion aus unserem Land herausgefunden hat, dass sich Goguryeo und Baekje miteinander verbündet haben. Der König von Silla hat Angst, dass die beiden uns angreifen und unterwerfen wollen“, erklärte Jimin. „Warte kurz“, bat ich ihn und versuchte meine Gedanken zu sortieren, „Das hier ist ein Dorf im östlichen Teil von Gyeongju, richtig?“.
„Richtig“, nickte Jimin.
„Und Gyeongju gehört zu Silla, richtig?“, hakte ich nach.
„Richtig. Genaugenommen ist Gyeongju die Hauptstadt von Silla“, antwortete er.
„Dann ist Silla das Land, in dem wir leben. Und Goguryeo und Baekje sind Länder, die sich gegen Silla verbündet haben“, fasste ich zusammen. „Du hast es erfasst“, grinste Jimin und klatschte Beifall. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Taehyung schmunzelte.
 
„Tut mir leid, aber das ist alles echt kompliziert“, gestand ich und verfluchte mich für all die Tage, die ich im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst hatte. „Schon okay. Dafür sind wir ja da“, erwiderte Jimin mit einem beschwichtigenden Lächeln. Doch dann wurde er wieder ernst und sagte: „Wir haben ein richtiges Problem, wenn die beiden Länder uns angreifen. Baekje hat eine starke Streitmacht und von Goguryeo möchte ich gar nicht erst anfangen – die sind riesig! Die werden uns in wenigen Tagen einnehmen“.
„Außer der König von Silla nutzt den Überraschungseffekt und greift zuerst an“, funkte Taehyung dazwischen. Ich sah neugierig zu ihm rüber. Er hatte den Blick immer noch in seinen Schoß gerichtet und schien dort auch irgendetwas zu machen, aber ich konnte nicht erkennen was. Die staubige Tischplatte versperrte mir die Sicht.
 
„Das wäre ziemlich riskant“, sprach Jimin. „Wieso wäre es riskant?“, wollte ich wissen. „Weil die Streitmacht von Silla nicht ansatzweise so groß und stark ist, wie die von Baekje oder Goguryeo“, antwortete Taehyung. „Der König von Silla müsste all seine Dörfer mobilisieren. Auch uns. Wir müssten kämpfen“, den letzten Satz murmelte Jimin gedankenverloren vor sich hin. „Aber auch das würde dem König nicht viel nützen. Wir sind unerfahrene Bauern, die noch nie in ihrem Leben ein Schwert gehalten, geschweige denn eine Rüstung getragen haben. Man würde uns wahrscheinlich an die vorderste Front schicken, damit die Gegner sich an uns austoben können, bis sie müde werden. Und erst dann würden man die erfahrenen Soldaten losschicken, um den Rest zu erledigen“, sagte Taehyung und er klang dabei wirklich wütend. „Sag sowas nicht“, brummte Jimin, „Ich will darüber nicht nachdenken. Lass uns lieber über etwas anderes reden. Vielleicht kann Jungkook uns mal erzählen, wo er herkommt und was er dort gemacht hat?“. 
 
In Taehyung's Augen tobte ein Sturm. Ich konnte es sehen, obwohl er seinen Blick immer noch herabgerichtet hatte. Sein Kiefer mahlte und es schien ihn wirklich alle Willenskraft zu kosten, um nicht zu explodieren. Insgeheim fragte ich mich, woher seine Wut gegenüber dem König von Silla stammte. Ob es wohl schonmal Krieg gegeben und er jemanden verloren hatte?
 
„Jungkook? Erzähl schon“, forderte Jimin mich auf und stupste immer wieder mit dem Ellbogen gegen meinen Oberarm. Ich konnte mich bloß schwer von Taehyung's gequälter Miene losreißen. „Ich… Ich komme aus…“, stammelte ich und mir wurde plötzlich ganz heiß, als ich realisierte, dass mir kein Name einfiel, „Ich komme von weit weg“.
„Von weit weg?“, wiederholte Jimin skeptisch. „Ja, ich bin weit gelaufen. Ich weiß nicht wie der Ort heißt, von dem ich gekommen bin“, sagte ich. „Das heißt du bist alleine gereist? Wo ist deine Familie?“, hakte Jimin nach. Ich schluckte trocken und sah auf meine ineinander gefalteten Hände herab.
 
„Die sind noch bei mir zu Hause“, antwortete ich zögerlich. „Dann bist du wohl doch nicht weggelaufen“, stellte Jimin fest und wechselte einen kurzen Blick mit Taehyung. Ein Blick der wohl aussagen sollte, dass Taehyung sich geirrt hatte. „Nein, ich… Das würde ich niemals tun. Ich liebe meine Eltern“, gestand ich. „Aber warum bist du dann von ihnen fort?“, wollte Jimin wissen. Er sah wahrhaftig verwirrt aus. Als könne er sich keinen Reim aus mir machen. Und ich wusste das er weiter fragen, wenn ich ihm keine vernünftige Antwort geben würde. Mein Gehirn begann zu arbeiten, während ich mir eine Mischung aus Lüge und Wahrheit zusammenreimte. „Ich war eine lange Zeit schwer krank“, brachte ich schließlich heraus. Jimin runzelte die Stirn. Er pflückte ein weiteres Stück Heu von seiner Hose und knotete es mit dem anderen zusammen. „Ich war so krank, dass ich weder laufen, noch richtig essen konnte. Ich konnte nicht einmal mehr sprechen, ohne danach fünf Stunden zu schlafen. Selbst das Atmen hat mir Kraft geraubt“, erklärte ich. „Deswegen bist du so dürr wie eine Vogelscheuche“, murmelte Jimin nachdenklich. Ich ignorierte ihn und fuhr fort: „Meine Eltern haben sich jeden Tag um mich gekümmert. Sie haben ihr ganzes Geld in Ärzte investiert, die mir helfen könnten. Aber nichts schlug an. Aber dann, eines Tages…“.
 
„…wurdest du geheilt!“, platzte Jimin mir ins Wort. Seine vorlaute Art war echt anstrengend, aber ich nickte mit einem kleinen Lächeln. „Ich wurde geheilt. Jetzt kann ich wieder laufen und essen. Ich kann sogar wieder über die Wiesen rennen“, selbst in meinen eigenen Ohren klang es wie ein Wunder. Mein Lächeln wurde breiter und ich klopfte mir zufrieden auf die Oberschenkel. „Keine Ahnung, was mit mir los war. Aber ich bin einfach nur froh wieder leben zu können. Deswegen bin ich hierhergekommen; um leben zu können. Und auch, weil ich meine Schuld begleichen muss. Ich möchte arbeiten und Geld verdienen, damit ich meinen Eltern ein hübsches neues Haus kaufen kann“, ein strahlendes Lächeln hatte sich auf meinem Gesicht ausgebreitet. Ich konnte es einfach nicht unterdrücken. Jimin fasste sich an die Brust und zog seine Unterlippe hervor, als würde er gleich anfangen zu weinen. „Das ist die schönste Geschichte, die ich jemals in meinem Leben gehört habe“, schmollte er. „Na hoffentlich ist diese Krankheit nicht ansteckend“, brummte Taehyung daraufhin. Seine Stimme klang so tief, dass es mir einen Schauer über den Rücken jagte.
 
„Nein, die Krankheit ist nicht ansteckend“, versicherte ich ihm. „Was lässt dich da so sicher sein?“, fragte er und hob den Kopf zu mir hoch. Er schaute mich erwartungsvoll aus seinen dunklen Augen an. „Das meinte mein Arzt. Außerdem wären meine Eltern schon längst infiziert, wenn es ansteckend wäre“, ich hielt seinem durchdringlichen Blick stand. So lange, bis Jimin einmal in die Hände klatschte. Das Geräusch war so laut, dass ich mich erschrocken von Taehyung's Antlitz losriss und den jungen Mann zu meiner linken anstarrte. Er trug ein selbstgefälliges Grinsen im Gesicht. „Ich habe eine Idee“, sagte er. „Eine Idee?“, wiederholte ich, denn aus seinem Mund klang es irgendwie gruselig. „Tae?“, sprach er seinen Freund an. Dieser blickte ihn unbeeindruckt an. „Wie wäre es, wenn wir Jungkook heute Abend ausführen? Der arme Junge lag tagelang im Bett und hat nichts von der Welt gesehen. Ein bisschen Spaß tut ihm bestimmt gut. Und mir auch“, Jimin wackelte albern mit den Augenbrauen. „Wegen mir“, erwiderte Taehyung gleichgültig. „Perfekt. Gehen wir zu Wolsook?“, hakte er nach. „Was ist Wolsook?“, funkte ich dazwischen. „Nein, nein, nein. Die Frage ist: Wer ist Wolsook“, berichtigte Jimin mich. „Okay, und wer ist Wolsook?“, ich schaute ihn verwirrt an. Doch da sprach Taehyung schon weiter. „Klingt gut. Dann kann ich Karten spielen und du kannst dich in irgendeine dunkle Ecke verziehen und eine Orgie starten“, sagte er, woraufhin ich nur noch Bahnhof verstand.

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Fun fact: Die drei Reiche Goguryeo, Baekje und Silla waren damals wirklich verfeindet. Und es stimmt auch, dass Goguryeo und Baekje sich gegen Silla verbündet haben.

So und jetzt soll nochmal jemand sagen, dass man durch Fanfictions nichts dazu lernt xD

My Time // TaeKookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt