K A P I T E L | 3

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꧁𝗟𝗔̈𝗖𝗛𝗘𝗟𝗡 𝗪𝗜𝗘 𝗘𝗜𝗡 𝗘𝗡𝗚𝗘𝗟꧂

"Nachname?", fragte die Frau an der Rezeption, als ich mich auf den Stuhl, mit der Lederumrandung, niedergelassen hatte. "Rodriguez", schluchzte ich, in einer besonders leisen Lautstärke, damit mich niemand hörte. Ich kriegte mit, wie sie mit ihren Fingern auf ihren Laptop eintippte. "Sag mal Tony-" Sie zögerte. "Kann es sein, dass Tony die Abkürzung für Antony ist?" Langsam bewegte ich mein Kopf auf und ab. Ich mochte diesen Namen nicht. Deswegen sollte es auch niemand erfahren, doch die Frau an der Rezeption gab kein Kommentar dazu und tippte nur noch weiter auf ihr, elektronisches Gerät, ein.

Anders als Sarah war diese Frau schon relativ alt. Sie besaß lang, geglättetes Haar und blau, graue Augen. Man konnte schon ein Paar graue Haarsträhnen erkennen und ich sah, wie sie ihre, mit Muster geschmückten Bluse auszog und ein weißes T-Shirt zum Vorschein kam. Als sie aufhörte, zu tippen, nahm ich an, dass sie mich nicht fand, doch das Gegenteil war der Fall.

"Tatsächlich bist du hier eingetragen und das schon seit längerem." Meine Mundwinkel wanderten enttäuscht nach unten. Ich wusste es zwar schon, aber wieso konnte sie es mir nicht sagen? Was habe ich denn falsch gemacht? Schon wieder rollte mir eine kleine Träne meine Wange hinunter. Sie war so klein, dass sie niemand bemerkte, doch ich konnte sie dennoch spüren. Beim Aufstehen wäre ich fast zusammen gebrochen, aber ich tat so als wäre ich gestolpert, damit mich niemand beachtete. Allerdings kam die sympathische Frau angerannt, nahm meine Hand und ging mit mir nach draußen. Das Letzte, was ich hörte, war, wie die Alte irgendetwas murmelte:

"Wie konnte diese Welt nur so tief sinken..."

Keine Ahnung, dachte ich, und ging ohne ein Wort zu sagen weiter.

"Du kannst ruhig mit mir reden, falls du was brauchst", meinte Sarah gelassen und der schmale Strich wanderte hoch zu einem Lächeln. Ich nickte nur, ohne etwas zu sagen und wir gingen weiter.

Mit einer Handbewegung wollte sie mir klarmachen, dass das mein Zimmer war. Ich lief rein und schaute mich um. Anscheinend hatte ich wohl einen Mitbewohner, denn es standen genau zwei Betten hier. Fünf Minuten später, kam ein Arzt rein und testete mich noch, ob ich irgendwelche Krankheiten hatte, doch er sagte mir, dass alles gut sei, währenddessen er mir auf die Schulter klopfte. Nachdem er sich verabschiedet hatte, war es achtzehn Uhr und die Sonne stand schon deutlich tiefer, als vorhin. Ich konnte spüren, wie eine sanfte Brise meine Wange streifte. Sarah kam hinein und gab mir ein Tablett mit Essen. "Abendessen", rief sie mir, mit einem strahlenden Lächeln zu, fügte dann noch hinzu: "Keine Sorge, du wirst nicht jeden Tag dein Essen bekommen. Morgen wirst du, wie alle Anderen, in der Kantine essen. Nur heute ist eine Ausnahme." Sie zwinkerte und ging kurze Zeit später aus der Tür wieder hinaus. Doch ich zuckte nur mit der Schulter und obwohl ich keinen Appetit hatte, aß ich ein bisschen was davon.

Es war ein Stück Brot mit einem lauwarmen Omelett und daneben lag noch viel Gemüse. Ein Salatblatt, drei Paprikas, zwei Tomaten und Brotkrümel. Allerdings war ich etwas enttäuscht, als ich bemerkte, dass kein Ketchup auf dem Omelett war und ich liebe Omelett mit Ketchup. Ich finde es viel saftiger und genießbarer, doch das hielt mich nicht ab, reinzubeißen. Ein Glas Wasser war auch noch dabei, von dem ich mir ein paar Schlucke gönnte. Meine Gedanken drehten sich nur um meine Eltern und was ich falsch gemacht hatte, doch ich wusste es nicht.

Meinem Vater würde ich es ja noch zutrauen, aber Mum? Sie war die, die mich immer verteidigt hatte, aber gleichzeitig war sie auch die, die mich hier hergebracht und angelogen hatte. Ich hab dich lieb, war das Letzte, was sie zu mir sagte und Dad... Das Letzte, woran ich mich noch erinnern konnte war: "Du bist so dumm, du wirst nie was erreichen!" Danach ging er zur Arbeit, ohne noch einmal nach hinten zuschauen. Ich dachte, er kriegte sich wieder ein, aber jetzt hatte ich das Gefühl, dass er mich nie leiden konnte.

once upon a time ||  ✔️ (P A U S I E R T)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt