Kapitel 61

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Zwischen festen Umarmungen und vielen Tränen begrüße ich meine Schwester. Sie sind ganz aufgeregt und verstehen nicht warum ich voller Dreck und Blut bin. Aber ich kann sie befriedigen, in dem ich ihnen verspreche die ganze Fahrt bis zur Insel ihnen alles zu erklären. Luisa lässt es sich aber dennoch nicht nehmen nach unserem Vater zu fragen. Ein bekümmertes Gefühl lässt mich das Gesicht verziehen. "Er wird in England bleiben. Aber er freut sich uns besuchen zu dürfen." mischen sich Seb und Fletch ein. Anscheinend ist Fletch zu unserem Vater gegangen um ihn zu bitten mit uns zu kommen. Aber er hatte dankend abgelehnt. Er habe hier sein Leben, freut sich, aber wenn wir ihn besuchen kommen.

Diese Nachricht löste noch mehr Tränen und engere Umarmungen bei uns aus.

Erst als es ruhiger wird, das Schiff sich schon mitten auf dem Ozean befindet und ich endlich durchatmen kann, lässt das Adrenalin nach und ich spüre meine Verletzungen überall. Meine Schwestern haben sich soeben von mir verabschiedet. Luisa und Emma wollen in der Küche beim Abendessen helfen und Lilli war so müde das Seb sie in eine der Kajüten tragen musste.

Jetzt suche ich mich erschöpft nach einer Gelegenheit mich hinzusetzen und auszuruhen. "Komm mit." raunt mir da Jesper ins Ohr und führt mich sanft zu einer Kiste, auf die ich Platz nehmen soll. Erschöpft lasse ich mich darauf sinken und stütze die Arme auf den Knien ab. Der stechende Schmerz, der dabei durch meinen rechten Arm schießt ignoriere ich.

Jesper hingegen kniet sich vor mich hin und löst langsam meinen verletzten Arm von meinen Knien. Neben uns liegen Tücher, eine Schale Wasser und hochprozentiger Alkohol in einem Krug, der nach Whiskey stinkt. Naserümpfend sehe ich zu Jesper hoch. Doch er ist hoch konzentriert, indem er ein Tuch befeuchtet und mir das Blut behutsam von Arm wischt.

"Was tust du da?" frage ich das offensichtliche. "Ich kümmere mich um dich." murmelt er, während er vorsichtig die Blutkrusten auch von meinen Fingern wischt. "Ich kann das auch selbst." sage ich und gähne zeitgleich. Das bringt Jesper zum Schmunzeln. "Ich weiß das, aber ich mache es gerne für dich." erwidert er bloß und taucht anschließend ein neues Tuch in den Whiskey.

"Ahhh!" zische ich und reflexartig zuckt meine Hand zu seiner. Der Whiskey brennt höllisch in meiner offenen Wunde und treibt mir die Tränen in die Augen. "Ist gleich vorbei." verspricht Jesper und wartet bis ich meine Finger zaghaft von seinen löse, damit er weiter machen kann.

Wir sitzen in einvernehmliches Schweigen voreinander. Während Jesper jede einzelne Wunde und jeden einzelnen Schnitt von mir reinigt, beobachte ich ihn. Er sieht so konzentriert aus. Ab und zu kann ich es mir nicht verkneifen im über das wunderschöne Gesicht zu fahren oder seine Hand kurz zu halten. Seine Wärme spendet mir Geborgenheit. 

Als er alle meine Wunden versorgt hat und die Tücher beiseitelegt, schaut er stumm mir ins Gesicht. Inzwischen ist die Sonne schon fast untergegangen und flutet das Schiff in einen warmen orangefarbenen Ton. Die warmen Farben mischen sich mit Jespers blonden Haaren und geben ihm ein rötliches Schimmern. Ohne etwas zu sagen schnappe ich mir nun ein Tuch und den Whiskey. Stumm tauschen wir die Plätze, so, dass ich nun Jespers Wunden reinigen und versorgen kann. Er gibt keinen einzigen Mucks von sich, er schaut mich die ganze Zeit bloß an. Als ich fertig bin, lege ich alles beiseite und erwidere seinen Blick.  

In seinen Augen sehe ich nichts anderes als bloße Liebe zu mir. Er sieht mich mit so viel Zärtlichkeit an das ich den Blick abwenden muss und rot werde. "Geht es dir gut?" durchbricht er die Stille. Ich muss über diese Frage nachdenken, bevor ich sie beantworten kann.

Letztendlich atme ich einmal tief durch und rutsche weiter vor zu ihm. So nahe, bis er seine Arme locker um meine Hüften legt und ich meine Arme um seine Schultern. "Jetzt geht es mir gut." antworte ich und fahre mit den Fingern leichte Kreise in seinem Nacken.

Durchdringend schaut Jesper mir in die Augen. "Du warst heute sehr mutig." "Danke." Ein kleines Gewicht von Schuld und Unsicherheit legt sich auf mein Herz. "Du hast heute das richtige getan. Ich bin verdammt stolz auf dich." Jesper lehnt sich vor und küsst mein Kinn. "Und ich bin glücklich das du jetzt hier bei mir bist." murmelt er zwischen mehreren Küssen, die er alle auf mein Kinn und Hals drückt. Seine Arme wandern hoch zu meiner Taille und schieben mich näher zu ihm.

Sein warmer Atem und seine Bartstoppel kitzeln mich ein wenig und ich muss kichern. "Ich bin auch froh hier zu sein. Das hier fühlt sich richtig an." Vertraue ich ihm an. Das Blau seiner Augen beginnt, bei meinen Worten, zu strahlen.

"Heirate mich." nuschelt er zwischen zwei küssen. Plötzlich erstarrt alles in mir und ich senke den Blick zu ihm. Aber er scheint nichts davon mitbekommen zu haben. Unbeirrt küsst er mich weiter und schickt mit jedem einzelnen Kuss tausenden von kleinen Schmetterlingen durch meinen Körper. Ich gehe davon aus mich verhört zu haben. Aber mein Herz schlägt jetzt schneller und mein Magen verknotet sich vor lauter Aufregung.

"Heirate mich." murmelt er wieder und hebt diesmal den Kopf. Klares Blau sieht mich von untern heraus an. "Was...?" stottere ich und lasse meine Arme von seinen Schultern fallen.

Jesper weicht ein bisschen zurück, um mich besser anschauen zu können. "Heirate mich Rosalie." Mein Herzschlag gerät kurz außer Takt. Meine Finger beginnen zu schwitzen und Aufregung mischt sich in mein Blut. Noch immer bekomme ich kein Wort Zustande.

"Ich liebe dich Rosalie Burnett. Würdest du mir die Ehre erweisen mich zum glücklichsten Mann auf diesem Schiff zu machen und mich heiraten?"

Alle Anspannung fällt mit einem Mal von mir ab.

"Ja! Ja, ja, ja!" rufe ich aus und werfe mich in seine Arme. Damit scheint Jesper nicht gerechnet zu haben denn wir taumeln und fallen zurück. Ich lande auf Jesper, während er mit einem lauten Lachen auf dem Rücken landet. Immer wieder küsse ich ihn. Auf die Nase. Auf die Stirn. Auf den Mund. Überallhin. Ich bekomme gar nicht genug von ihm.

Jesper lacht laut auf und er grinst mich so breit an das ich seine Zähne sehen kann. Euphorie packt mich und ich werde ganz aufgeregt. "Ich liebe dich." sage ich ihm und küsse ihn auf den Hals.

"Ich liebe dich auch Rosalie." erwidert er zärtlich und legt die Arme um mich um uns herum zu drehen. Nun liege ich mit dem Rücken auf dem Boden, mitten an Deck, und Jesper schwebt über mir.

"Meine Schwestern müssen Blumenmädchen werden! Und wir müssen die ganze Insel einladen! Ich will draußen heiraten! Im grünen! Und ein großes Fest feiern und...!" "Alles! Du bekommst alles, was du dir wünschst, solange ich dir dieses scheußliche Kleid ausziehen darf." Jespers Blick wandert von meinem Gesicht hinunter zu meinem zerschlissenen Hochzeitskleid.

Ich lache auf. Hebe die Hände an sein Gesicht und küsse ihn. Lange und tief. "Und was soll ich stattdessen anziehen? Ich habe keine Klamotten dabei und in die von Emma passe ich bestimmt nicht hinein." "Du bekommst etwas von mir. Darin gefällst du mir am besten" gibt Jesper zu und küsst mich dann ebenso intensiv zurück.

Wir verlieren uns kurz in schwindelerregendes Küssen und Flammen entfachende Berührungen als hinter uns jemand sich räuspert.

Jesper löst sich murrend von mir und hebt den Blick. Augenblicklich versteift er sich. Verwundert über seine Reaktion drehe ich den Kopf, so dass ich ebenfalls sehen kann, was sich hinter uns abspielt. Doch als ich die ganze Crew inklusive meiner Schwestern erkenne werde ich feuerrot und drehe mich wieder zu Jesper um. "Oh Gott." murmle ich peinlich berührt und verstecke mein Gesicht an seinem Hals. Jesper hingegen lacht kehlig und voller Freude.  

Kiss of RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt