Otayuri Ein Winter zum Verlieben

Kapitel 10

Otabek's POV:

"Hey, Beka, kannst du mir den Reißverschluss zuziehen?" fragt mich mein Freund. Ich drehe mich um und lege meine Hände an seinen Rücken "Du könntest auch so fahren" flüstere ich ihm zu.

Zufrieden beobachte ich, wie sich Gänsehaut auf seinem Körper und ein leichter Rotschimmer auf seinen Wangen bildet. Hach, er ist ja so süß. Freundlicherweise ziehe ich ihm den Reißverschluss dann doch hoch, lasse allerdings meine Hände auf seinen Hüften liegen und küsse seinen Hals bis zum Schlüsselbein hinunter.

Etwas erschrocken dreht Yurio sich zu mir um. Er hat inzwischen die Farbe einer überreifen Tomate angenommen. Grinsend sehe ich ihn an, gestern war er ja auch nicht so zurückhaltend.

Zum wiederholten Male an diesem Tag mustere ich ihn. Er trägt einen eng anliegenden, silbernen Anzug. Dieser betont seine Figur perfekt. Oben an den Schultern sind weiße Puschel befestigt, weiter unten an der Brust glänzen, ebenfalls silberfarbene, Pailletten um die Wette. Seine Haare hat Yura offen gelassen.

Kurz gesagt, er ist einfach zum Anbeißen. Ich streiche ihm eine widerspenstige Strähne hinter sein Ohr. "Bereit?" frage ich ihn liebevoll. "Ja, machen wir sie fertig" antwortet er mir hochmotiviert.

Zusammen gehen wir die Zuschauerplätze hinunter. "Da sind sie ja" lachend hopste Victor auf uns zu und umarmte jeden überschwänglich. "Ich hoffe ihr habt ein gutes Programm, mal gucken ob ihr an uns vorbei kommt" lächelt er uns zwinkernd an.

"Wenn wir fertig sind, kannst du dich gleich begraben gehen" gibt der Blonde neben mir selbstbewusst zurück. "It's JJ Style!" brüllt mittendrin ein uns leider allzubekannter Typ. Wer weiß denn noch alles davon?!

JJ bewegt sich auf uns zu und meine gute Laune sinkt von 100 auf 0. Der Kerl hat wie immer seine Freundin Isabella Yang dabei und offensichtlich mag er es Yurio zu verärgern. Seine blöden Kommentare nehmen gar kein Ende. "Ach, Klappe auf den billigen Plätzen" schnauzt Yura ihn, sichtlich genervt, an.

Während die Beiden sich noch streiten sehe ich mich nach weiteren bekannten Gesichtern um. Ein alter Mann, noch einer, Halt Stopp, dass ist Yakorov. Neben ihm steht Lilia. Als ob die jetzt von Russland nach Kasachstan geflogen sind. Ich lasse meinen Blick weiter in der Halle herum schweifen.

Gefühlt sind fast alle Eiskunstläufer die es gibt sind hier. Pichit, Seung, Kenjiro, Christophe, Emil und noch weitere. Haben die keine Hobby's? Was machen die alle hier? Ist doch nur ein Wettkampf.

Gut, vielleicht kommt es darauf an, wer gegeneinander antritt. Eine Durchsage ertönt und Victor, wie auch Yuuri, beschreiten das Eis. JJ verschwindet auf einen Zuschauerplatz, hoffentlich bleibt der da auch. Ich muss zugeben, die Beiden haben schon ordentlich was auf dem Kasten, aber gewinnen werden wir trotzdem. Mit Yura an meiner Seite ist das Verlieren unmöglich beziehungsweise sowieso keine Option.

Nach ihrem Lauf erfüllte tosender Applaus die Halle. "Wie waren wir?" keuchte Victor. Er hat wirklich alles gegeben, meinen Respekt hatte er schon immer. Trotzdem Hut ab. Yuuri war natürlich auch überragend. "Nah, geht so" grinste Yurio und nahm seine Jacke ab, darunter war sein Kostüm verborgen.

In diesem Moment sah er einem Engel ziemlich ähnlich. Offensichtlich dachte ich das nicht als Einzelner, die tellergroßen Augen unserer Kollegen kleben an ihm. Er sieht so unschuldig aus, nicht wie die Anderen ihn kennen, aufbrausend und ein bisschen aggressiv.

Hehe, und seit gestern gehört er nur mir. Gentlemanmäßig reiche ich ihm meine Hand und führe ihn auf das Eis. Die Musik fängt an zu spielen und sofort verlieren wir uns in unserer Agape. Wie in Trance meistern wir unsere Sprünge. Ich bin völlig auf Yura fixiert.

Als wir wieder zum Stehen kommen prasselt uns ein ohrenbetäubender Applaus entgegen. Ich nehme die Hand meines Partners und zusammen verbeugen wir uns lächelnd vor der Jury und der Zuschauermenge.

Gespannt warten wir auf unsere Punkteanzahl. Wir haben 6 Preisrichter, die uns einmal für Fehler, dann technische Ausführung und Schwierigkeit bewerten.

Victor und Yuuri hatten jeweils 6 Punke für Fehlerfreiheit, 6 Punkte für die technische Ausführung, aber bei der Schwierigkeit hat ein Preisrichter nur 5 Punkte gegeben.

Insgesamt: 107 Punkte

So lange haben wir noch nie gewartet. Yurio drückt aufgeregt meine Hand. Beruhigend lege ich einen Arm um ihn und streiche seinen Rücken auf und ab.

Dann erschien sie, auf dem digitalen Board über uns, unsere Punktzahl.

108

Ein Punkt mehr, aber immerhin. Überglücklich fällt mir Yurio um den Hals und küsst mich auf die Lippen. "Ich hab's dir doch gesagt, dass die Beiden schneller zusammenkommen. 10 Euro bitte" höre ich Victor mit Christophe reden.

Schmunzelnd vertiefe ich den Kuss mit meinem Freund. Nach ein paar Minuten lösen wir uns wiederwillig, denn atmen müssen wir leider trotzdem noch.

Lachend nehmen wir eine goldene Medaille entgegen. Eigentlich wollten wir danach sofort zu mir nach Hause, Victor hat allerdings eine Party organisiert und uns natürlich mitgeschleppt. Wir durften uns nur kurz umziehen, dann ist es auch schon losgegangen.

Im Moment tanzen Yurio und ich ausgelassen zusammen auf der Tanzfläche eines beliebten Nachtclubs. Ich war schon mal hier, mit Yura macht es auf jeden Fall mehr Spaß. Er scheint gerade sehr ausgeglichen zu sein, das freut mich.

Er motzt nicht mal JJ an, der neben uns eng umschlungen mit seiner Isabella tanzt. Eventuell haben auch die paar Gläser mit Sekt dazu beigetragen.

"Yuratchka" der alte Mann, der mir schon vorher in der Eishalle aufgefallen ist, umarmt Yurio plötzlich. Etwas verwirrt bleibe ich stehen. Wer ist das? Warum fasst er Yura einfach so an?

"Opa? Du bist hier? Wie?" fröhlich lachend erwiedert mein Blondschopf die Umarmung. Opa? Stimmt, von dem hat mir Yurio schon einiges erzählt.

Nachdem er ausführlich erklärt hat wie er hergekommen ist, nimmt er mich mit Adleraugen unter die Lupe "Und du bist der Freund von meinem Yuratchka?" fragt er mit russischem Akzent.

"Äh, ja" vorsichtig lege ich Yurio meinen Arm um die Schultern, er gibt mir einen Kuss auf die Wange.

Der Mann vor uns beobachtet das Ganze mit einem sehr kritischen Gesichtsausdruck, dann lächelt er und umarmt mich mit den Worten "Willkommen in der Familie!"