𝕂𝔸ℙ𝕀𝕋𝔼𝕃 𝕏𝕏𝕏𝕀 - ᴛʜᴇᴏ

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Ich hatte kein Ahnung wie lange ich schon da saß. Mein Hals fühlte sich kratzig und ganz ausgetrocknet vom schreien an. Mein ganzer Körper zitterte noch immer von innen heraus und ein unausstehlicher Druck des seelischen Schmerzes lag auf meiner Brust und erschwerte mir das Atmen. Durch die Tränen verschwommene Sicht sah ich, wie eine Plastikfolie über den Leichnam meines Vaters gelegt wurde. Ich nahm wahr, dass er weggetragen wurde, doch rührte mich nicht vom Fleck. Mein Zeitgefühl war komplett weg, aber nach einer Zeit hörte ich Stimmen. Stimmen die nach mir riefen. Ich reagierte nicht. Ich kniete noch genau an der Stelle, an der ich eben die Hand meines Vaters gehalten hatte. Einem der gefürchteten Mafiosos des Landes. Einem Mafioso, der sich vor nichts gefürchtete hatte und tapfer seine Reviere verteidigt hatte. Ein Mafioso der unschlagbar war. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich einen Fehler machte. Als mein Fehler ihn in den Tod stieß und ein Loch in meinem Herzen hinterließ. Er hatte einen so großen Platz eingenommen, ohne das ich es überhaupt wusste. Ich war jahrelang so damit beschäftigt nur das negative in ihm zu sehen, dass ich vergessen hatte warum er so war. Für wen er so kaltherzig war. Ich hatte vergessen, dass er alles für Chole, Mum und mich getan hatte. Für uns, damit wir sicher in dieser grausamen Welt waren. Für uns, damit wir wussten, was auf uns zukommen wird. 

Starke Arme legten dich um meine Schultern. Ein zittern durchfuhr meinen Körper, als ich spürte wie noch mehr dazu kahmen. Ich musste nicht hinsehen um zu wissen, dass es meine Freunde waren. Zum ersten mal war ich mir bewusst, dass ich etwas hatte, was viele nicht hatten. Freunde. Freunde die mich verstanden ohne das ich etwas sagen musste. Etwas nasses tropfte auf meine Wange und ich wusste, dass sie stumm mit mir weinten. Wir waren eine Einheit, ein Team, eine Freundesgruppe und eine Familie zugleich. Wir durchlebten alles gemeinsam. Alles gute, schlechte. Alle Niederlagen und Erfolge. Alle Verluste und Gewinne. 

Ich lies los, ich lies alle Dämme in mir brechen und lies meinen Tränen freien lauf. Ich lies mich in die Arme fallen, die sich um mich legten. Ich nahm die Hilfe meiner Freunde an und lies mich von ihnen Halten. Ein Zittern durchfuhr uns alle und eine Hand schloss sich um meine eiskalten Finger. Ich erwiderte den Druck und hielt mich daran fest, während ich in einen dunklen und unschönen Teil meiner Seele abdriftete. Ein Meter tiefes Loch in dem das herauskommen unmöglich aussah. Ein Loch, was die schlimmsten Gedanken in mir hervor rief. 

Warum war ich nicht an seiner Stelle getroffen worden? Warum hat er sich davor geworfen? Ich war doch das Ziel, von Anfang an sollte mich diese Kugel treffen. Ich war wiedermal Schuld. Schuld an dem Tod einer geliebten Person. An meiner eigenen Familie. Ich war bei Chole schon nicht schnell genug an seiner Seite um ihn zu retten. Und jetzt war ich unachtsam gewesenen und hab dadurch für gesorgt, dass mein Vater sein Leben für meines opferte. Und das Schlimmste ist, dass er heute nicht der Einzige war der gestorben ist. Aiden Lena's Vater, wurde ermordetet inklusive ein komplettes Team von mir. Ein Team, was mir sehr nahe stand und das ganze 7 Jahre lang. 

Ein Schauer durchfuhr mich, als ich nochmal einen Gedankengang zurück sprang. Lena! Mein Kopf schnellte hoch und ich stieß die anderen unsanft von mir weg. "Wo ist sie?!", entfuhr es mir und ein zitterndes Knurren durchfuhr meine Stimme. Als ich in die verständnislosen Gesichter meine Freunde blickte, wurde mein Körper eiskalt. "Wo ist Lena?!", wiederholte ich meine Frage. Mein Ton zerschnitt die Luft und Panik stieg wieder in mir auf. Wie konnte ich sie nur vergessen? Wie konnte ich nicht dran denken, dass sie vielleicht nicht in Sicherheit war und zu den Toten gehörte. Als ich immer noch keine Antwort meiner Freunde erhielt sprintete ich los. Los zu dem explodierten  Truck in dem ihr Vater ums Leben gekommen war. 

Hastig rannte ich durch die Reihen von Toten und sah mir jedes zerschundene und verbrannte Gesicht an. Mir war so egal wie ekelhaft der Anblick und Geruch von verbrannten Körpern war. In meinem Kopf war nur sie. Das Mädchen was ich liebte und auf das ich nicht aufgepasst hatte. Ich fand sie nicht. Ich fand ihr wunderschönes Gesicht nicht zwischen den Toten. Kurz erfasste mich die Erleichterung darüber, dass sie noch am Leben war. nur, wenn sie hier nicht war, wo dann?! Unter den Toten, welche im Kampf umgekommen sind war sie nicht, sonst hätte mir jemand Bescheid gegeben, da diese Leichen schon alle weggeräumt wurden. 

Mein Kopf flog zu der Person herum, welche eine schwere Hand auf meine Schulter legte. "Sie ist nicht hier Theo. Ich hab schon nach ihr gesehen, wir konnten sie nicht finden", in Alex Stimme, welche sonst monoton und kalt war, schwang Mitleid und Bedauern mit. Mein gesamter Körper versteifte sich bei dieser Nachricht. Sie hatten sie. Sie mussten gemerkt haben, dass mein Vater an meiner Stelle gestorben ist und haben sie mitgenommen. Mir war klar, dass einige Leute unserer Mafia über uns bescheid wussten, aber mir war nicht klar, wie schnell mir das zum Verhängnis werden konnte. 

ohne ein weiteres Wort rannte ich los. Ich rannte so schnell ich konnte zu den angrenzenden Waldstücken. Vielleicht waren sie noch hier. Vielleicht konnten wir sie noch einholen und befreien. Mir war klar wie absurd diese Vorstellung war. Aber ich konnte sie nicht aufgeben, nicht ohne den Versuch sie zu retten. Meine Beine trugen mich immer schneller in das Waldgebiet vor mir. Ich hörte, dass mir Alex und die anderen folgten, aber es war mir egal. Immer schneller trugen mich meine Beine fort und ich rief nach ihr. Meine Stimme durchschnitt die Stille der Nacht. Die Rufe der anderen vermischten sich mit meinem. Wir alle riefen nach ihr, während wir uns in dem Wald verstreuten. Es war stockdunkel und ich hatte kein Licht dabei. Nur das kleine taktische Licht unter meiner Waffe bewahrte mich davor, über Wurzeln auf dem Boden zu stolpern. Das Licht unserer Trucks reichte nicht bis in den Schutz der Bäume.  Um mich herum zuckten die Lichter der zwischen den Bäumen herum. 

Unsere Rufe halfen nichts. Wir bekamen keine Antwort und zwischen unseren eigenen Schritten waren keine fremden zu erkennen. Vermutlich waren sie schon längst über alle Berge. Ich spürte erneut Tränen in mir aufkommen, doch eine Eiseskälte erstickte sie. Meine Miene war wie versteinert und meine Gefühle ließen nach. Ich hatte schon einmal gesehen, wie die Dunkelheit sich über die Seele einer Person gelegt hatte. Ich hatte gesehen, wie diese Person emotionslos geworden ist und nur in den seltensten Momenten ihr wahres ich nochmal aufblitzen lies. Diese Person war der beste Freund meines Bruders gewesen. Ich hatte nie verstanden, wie man es so weit kommen lassen konnte. Doch jetzt tat ich es. Jetzt als diese Dunkelheit ebenfalls überhand nahm, verstand ich ihn. Ich verstand Alex was ihn dazu veranlasst hatte diese Dunkelheit zuzulassen. Sie erstickte die Schmerzen. Sie lies alles leichter aussehen. Sie schütze einen vor weitern Verletzungen. Sie war eine undurchdringbare Rüstung. Eine Rüstung die nur ich durch meinen eigenen Willen durchbrechen konnte. Eine Rüstung die zu einhundert Prozent mir gehorchte und sich nicht klein machen lies. 

Mein Blick traf Alex. Er war mir die ganze Zeit nicht von der Seite gewichen. Ich erkannte keine Verachtung in seinen Augen nur Verständnis. Verständnis darüber, warum ich es zuließ. Er verurteilte mich nicht. Er gab mir nicht die Schuld für den Tod der Beiden und das verschwinden von Lena. in seinen Augen spiegelte sich zusätzlich purer Mitleid. Mitleid,den ich nicht verdient hatte. 

Er nickte mir zu und drehte sich um. Ich folgte ihm ohne widerrede. Ich wusste da es vergebens war Lena jetzt noch zu finden und irgendetwas vom heutigen Tage rückgängig zu machen. Ich musste stark bleiben. Die Dunkelheit in meinem Herzen unterdrückte jegliche Gefühle, welche meiner Stärke im weg stehen könnten. Die Stärke eines Mafioso, welcher ab heute ungewollt die vollste Verantwortung über sein Land und seine Familie bekommen hatte. Die Verantwortung, welche sein Vater ihm jahrelang abgenommen hatte. 

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Ich habe diese Kapitel komplett mitgefühlt. Wusste nicht, dass dieses Buch mich so beanspruchen kann!

Wie fandet ihre es?
Eure Emi <3

ℂℝ𝕀𝕄𝕀ℕ𝔸𝕃 𝕃𝕆𝕍𝔼  (𝐵𝑎𝑛𝑑 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt