IV.

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Nimmer hätte ich geglaubt, in Perdix einen Seelenfreund zu finden; nie daran gedacht, sein Lächeln mit all seinen versteckten Geheimnissen eines Tages zu verstehen. Doch begab es sich immer öfter, dass ich ihn bei meinen abendlichen Spaziergängen nach dem Unterricht im Garten zwischen den Feigenbäumen oder morgens in der Kapelle neben mir auf der Bank antraf, ein Buch auf dem Schoß. Erst verunsicherte mich sein stetes, zufälliges und häufiges Auftreten. Mit der Zeit jedoch, beruhigte mich die stille und doch eindringliche Anwesenheit eines anderen Menschen, die begann, meinen Kopf in einer Stimulierung hübscher Worte festzuhalten. Schon bald bemerkte ich die ersten zarten Sätze zwischen meinen Lippen hervorsprudeln - zaghaft noch, wie erste Bäche, die bald zu großen Strömen aufquellen und Perdix quittierte sie stets mit einem Lächeln, süß und leicht wie Milch, warm wie das schmelzende Elfenbeinwachs an den Flügeln des Ikarus. Ich wünschte manchmal, ich hätte den tödlichen Sturz vorhersehen können. Aber damals begannen wir gerade erst mit dem Fliegen.

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