Die Zeit schritt voran, die Pferde auf den Straßen wurden durch die ersten Benzinkutschen ersetzt und doch blieb die Welt in mir stehen. Manchmal, Jahre später saß ich noch unter Perdixs Pflaumenbaum, nicht weit von der Stelle, an der ich nun wohnte und dann weinte ich, bis aus meinen Tränen neue Pflaumenbäume keimten. Meinen Glauben hatte ich abgelegt, nichts an mir war mehr brennend. Ich betrachtete die geschmolzene Welt, die ich noch immer in meiner Brust herumtrug und die manchmal aus ihr hervorbrach wie ein rebellierender Sturm. Manchmal hasste ich mich selbst in diesen Stunden und hin und wieder war es mir, als sei ich Dädalus gewesen, der Perdix von der Klippe gestoßen hatte, ohne ihm je das Fliegen beizubringen. Oft kam es mir vor, als ob ich immernoch im Ozean schwamm - nach ihm suchend, stetig Ausschau haltend, mit einem Herz so schwer wie Blei. Um mich herum rotteten die Pflaumen dieses Sommers, Abgasgeruch durchschnitt die Luft und die vorbeiziehenden Kinder musterten mich argwöhnisch und mitleidig.
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elfenbeinwachs
Short Storyeine erzählung über perdix; einen internatssommer in der nähe von wien; seelenfreundschaft und schmelzende flügel, die mit tödlichen stürzen einhergehen.