2.

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Das Radio auf voller Lautstärke, schiefes Mitsingen und komisches Herumtanzen während des Kochens ist bei uns kein Einzelfall. So sieht es so gut wie jeden Sonntag bei uns aus, weil es der einzige Tag ist, an dem wir beide definitiv zu Hause sind und uns auf jeden Fall Zeit füreinander nehmen.
Ich mache grundsätzlich keine Pläne mit anderen an Sonntagen, weil meine Mama und ich beide kaum zu Hause sind wegen der Schule oder der Arbeit, dass wir uns nur abends sehen.

"Wenn uns jetzt jemand so sehen würde!", lacht meine Mutter, während sie Gemüse kleinschneidet.

Ungefähr eine Stunde später klingelt die Haustür. Da ich im Wohnzimmer sitze und mich nichts im Fernsehen wirklich interessiert, rufe ich meiner Mutter zu:" Ich geh schon!"

Ich knicke im Flur fast um, weil ich grundlos gerannt bin, obwohl ich ganz normal zur Tür gehen konnte.

"Hallo.", sage ich dann doch schließlich, sobald ich die Tür öffne. Frank und David stehen nebeneinander vor mir. Diese beiden Männer sehen sich wirklich sehr ähnlich und wenn David so alt ist wie sein Vater jetzt, wird er wahrscheinlich genau so aussehen. "Kommt doch rein."

Es ist nichts außergewöhnliches, dass David und sein Papa zu uns zum Essen kommen. Die beiden Männer leben alleine und Mama und ich leben auch alleine und als die beiden hergezogen sind, haben nicht nur David und ich uns angefreundet, sondern auch Mama und Frank.

David und Frank hängen ihre Jacken auf und ziehen ihre Schuhe aus, bevor sie in die Küche gehen. Den Tisch hatte ich schon gedeckt und sie setzen sich dann auch hin, nachdem beide meine Mama umarmen. Immerhin sind Frank und Mama ziemlich gute Freunde.

Als wir schließlich alle zusammen am Tisch sitzen, gibt es kaum Stille. Wenn niemand redet, reden Mama und ich. Ich rede gerne und meistens zu viel, aber die meisten Leute sagen mir dann einfach, dass ich schon wieder zu viel rede und ich höre auf. So klappt es seit Jahren am besten, weil ich selbst manchmal gar nicht merke wie viel ich rede.

"Achja, kannst du mir vielleicht ein paar Bilder aus meiner Kindheit raussuchen, auf die du irgendwie verzichten könntest?", frage ich meine Mama, nachdem mir das Projekt für Pädagogik einfällt, damit ich es später nicht vergesse.

Mama sieht mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Sie hasst es Bilder wegzugeben. Sie sagt immer, wenn wir irgendwann alt und vergesslich werden, haben wir noch Bilder, die uns an vieles erinnern. Deswegen macht sie ständig Bilder. "Muss das sein?", fragt sie mich hoffnungsvoll, woraufhin Frank lacht und David schmunzelt.

"Ja. Mama, komm schon. Ich brauch nur ein paar Bilder für ein Projekt. Du gibst ja nicht alle Bilderalben weg.", sage ich und versuche mir dabei mein Lachen zu unterdrücken. Sie hängt wirklich an diesen ganzen Bildern. Ist ja nicht so als hätte sie so viele Fotoalben mit meinen Kindheitsbildern voll, wie andere Familien für die ganze Familie.

"Okay, wir können uns später welche raussuchen.", gibt sie schnell nach und Frank dreht sich zu seinem Sohn, der neben mir sitzt und meint:" Wir sollten uns auch mal wieder ein paar Bilder von früher ansehen. Haben wir schon lange nicht mehr getan."

Auch Mama und ich sehen zu David. Meine Mutter sitzt mir und Frank seinem Sohn gegenüber. David lächelt nur ganz leicht und sagt dann schulterzuckend:"Okay."

Ich kenne ihn jetzt schon ein paar Jahre und er hat sich kaum verändert. Er ist immer noch so ruhig und redeten meistens nur, wenn er muss. Selbst mit Freunden und Familie. Klar, er hat sich äußerlich verändert, aber da es so etwas wie die Pubertät gibt, ist das kein Wunder.

Frank kennt seinen Sohn sehr gut und die beiden haben eine recht gute Beziehung zueinander und Frank weiß, dass David nicht mehr viel dazu sagen würde. Deswegen spricht er ein anderes Thema an und spricht dabei mit mir. "Und, Ella, bist du dieses Jahr zufrieden mit deinen Kursen?" Das Schuljahr geht jetzt schon ein paar Wochen, aber die Herbstferien kommen auch schon bald. Sie sind dieses Jahr ziemlich früh. Jedenfalls antworte ich Frank dann erst einmal:" Ja, zumindest weitgehend. Auf jeden Fall hab ich dieses Jahr mehr Freunde in meinen Kursen und meine Lehrer sind nicht all zu schlimm. Ein paar Lehrer haben die Schule verlassen, deswegen haben sich auch im letzten Schuljahr einige Kurse geändert." Im letzten Jahr waren die meisten meiner Lehrer wirklich grauenvoll.

Freunde.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt