Kapitel 11. Victoria

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Ich fühlte mich irgendwie schuldig daran das Summer umgekippt war. Sie war schließlich in Ohnmacht gefallen, nachdem sie mich gesehen hatte. Alex hatte zwar gesagt, dass Summer bestimmt nur erschöpft von ihrem Zauber gewesen war, doch irgendwie glaubte ich ihr das nicht so recht. Da Summer nun, wie Alex sagte sich ausschlief und in diesem Zustand natürlich nicht ansprechbar war und uns so auch nicht bei unserem Problem weiterhelfen konnte, saßen wir hier fest bis Summer aufwachte. Da ich nach all der Aufregung ziemlich hungrig gewesen war und heute noch nichts gegessen hatte, hatte ich den anderen gesagt, das ich auf die Jagd ging. Sie hatten nicht nachgefragt. Vermutlich um ihre Mägen zu schützen. Deshalb streifte ich nun durch das Unterholz des Verwunschenen Waldes und schnupperte immer mal wieder in der Luft. Endlich, nach einer gefühllten Ewigkeit, nahm ich den Geruch von Reh wahr. Der Geruch war ziemlich frisch. Sofort schalteten sich meine Jagdinstinkte ein und langsam bewegte ich mich durch den Wald. Immer auf der Hut vor Angreifern. Der Verwunschene Wald war zwar deutlich sicherer als der Finsterwald, doch auch hier wimmelte es von zwielichtigen Gestalten, wie Zwergen und Kobolden. Schließlich kam ich bei einer Lichtung an. Der Rehduft war nun so kräftig, das selbst ein Mensch ihn vermutlich wahrgenommen hätte, hätte er nur genau danach gesucht. Und da stand es auch schon. Es war ein sehr junges Reh. Keine Artgenossen in Sicht. Seltsam. Ich hätte vermutlich misstrauischer sein sollen, doch der Anblick war einfach zu verlockend und mein Magen knurrte  einfach zu laut. Nun gab es zwei Möglichkeiten. Entweder schlich ich mich an, wartede bis ich nur noch ein paar Meter entfernt war und stürzte mich dann auf das Tier oder aber ich nutzte meine Schnelligkeit und stürzte mich sofort auf die Beute. Da ich ungeduldig war und das Tier sowieso keine Chance bei einer Verfolgungsjagd gehabt hätte, wählte ich die zweite Möglichkeit. Ich brauchte nicht eine Sekunde, schon stand ich bei dem Reh und schlug meine Zähne in den Hals des Tieres, welches augenblicklich zusammensackte. Das Blut schmeckte so süß und köstlich, das ich das Surren in der Luft fast zu spät entdeckt hätte. Schnell verwandelte ich mich in eine Fledermaus und die Kugel schlug wirkungslos auf den Boden auf. Hätte ich das Geräusch zu spät entdeckt, würde nun eine Kugel in meiner Brust stecken. Ein Fluchen lenkte meine Aufmerksamkeit auf eine großen Felsen, der etwas abseits der Lichtung stand. Die Stimme, die ich gerade vernommen hatte, gehörte eindeutig einem Mann und eben dieser versuchte gerade ziemlich ungelenk rückwärt vom Felsen wegzurobben. Es war ein Jäger, der sich anscheinend auf die Lauer gelegt hatt um das Reh zu töten. Er musste es auch gewesen sein, der das Tier irgendwie von seinen Artgenossen getrennt hatte. Ich war ihm Wohl in die Quere gekommen und deshalb hatte er versucht mich umzubringen. Mein Blut begann zu kochen. Manchmal konnte ich einfach nichts anderes als die Menschen zu verabscheuen. Dieser Mann hatte doch kein Recht mich umzubringen, nur weil ich aus Versehen seine Beute umgebracht hatte.  Ich war kurz davor mich auf ihn zu stürzen. Zum Glück konnte ich mich gerade noch zurück halten. Sollte er doch Fliehen. Hauptsache ich durfte das Reh behalten. Ich schmunzelte, so gut es eben in meine Fledermaus-Gestalt ging. Schnell verwandelte ich mich zurück, schnappte mir das Reh und trug es zum Hexenhaus zurück. Die anderen waren nirgends zu sehen, weshalb ich vermutete, dass sie im Haus bei Summer waren. Ich legte das Reh im Garten ab und machte mich darüber her. Das Blut füllte langsam meinen Magen. Ich musste wieder an vorhin denken, als die anderen alle so beeindruckt von Summers Zauberkräften beeindruckt gewesen waren. Ich sah so etwas jeden Tag auf den Grabhügel. Da war es natürlich klar, dass ich es nicht so beeindruckend fand. Doch noch etwas anderes störte mich. Die anderen hatten alle von einem Gefühl von Geborgenheit gesprochen. Ich hatte so etwas noch nie bei Dunkelmagie verspürt. Überhaupt fühlte ich rein gar nichts wenn jemand anderes Dunkelmagie gebrauchte. Warum? Was war an mir anders als an allen anderen? Selbst die anderen Vampire von den Grabhügeln meinten immer das Dunkelmagie sich einfach toll anfühlte. Warum hatte ich das noch nie bemerkt. War ich vielleicht unfähig zu fühlen? Eine kleine Träne lieft meine Wange hinunter und tropfte auf das Fell des Rehs.” Nein. Du wirst jetzt nicht losheulen, Victoria.”. sagte ich mir. Schnell wischte ich mir die Wange ab und stand auf. Sollte ich das Reh vergraben? Summer würde bestimmt nicht erfreut sein, wenn sie eine Rehleiche in ihrem Garten auffand. Sie war ja ohnehin schon nicht gut auf mich zu sprechen. Ein spitzer Schrei riss mich aus meinen Gedanken. Zu spät. Als ich mich umdrehte stand dort Summer und sah so aus als wolle sie gleich wieder in Ohnmacht fallen. “Das hast du ja toll gemacht, Victoria. Du willst wohl unbedingt das dich alle hassen.”, sagte eine kleine nervtötende Stimme in meinem Hinterkopf. Ich biss mir auf die Lippe, was bei meinen Zähnen ziemlich weh tat. “Ähm, tschuldige. Ich werde das natürlich sofort wegräumen, wenn du willst.”, stotterte ich verlegen. “Wie kommst du hier rein?”, fragte Summer mit einem hysterischen Unterton. Ich stutzte. “Durch die Gartentür, schätze ich. Sie war nicht abgeschlossen.”, antwortete ich wahrheitsgemäß. “Das ist unmöglich. Du dürftest eigentlich gar nicht hier sein.”, sagte Summer, während sie unruhig hin- und hertigerte. Ihr Worte verletzten mich definitiv. Ich hatte Summer eigentlich für sehr freundlich gehalten. Und ich hatte gedacht, dass sie als Hexe mich doch eigentlich verstehen müsste. Bis jetzt hatte ihr Verhalten allerdings das genau Gegenteil bewiesen. Warum fanden mich alle Menschen sobald sie mich sahen abstoßend? Als Summer meinen Gesichtsausdruck bemerkte, riss sie erschrocken die Augen auf. “Warum siehst du denn so beleidigt aus? Oh, du dachtest doch nicht etwa, das ich dich rausschmeißen will, oder?”,  fragte sie. “Was willst du denn sonst damit sagen?”, fragte ich entnervt. “Ich wollte dich ehrlich nicht beleidigen. Es ist nur so, dass ich vor kurzem einen Schutzzauber gegen Vampire über dieses Haus gelegt habe. Und nun frage ich mich, wie du hier hereingekommen bist.”,  sagte sie entschuldigend. Ich entspannte mich etwas. Also lag es nicht nur an mir. Hinter Summer tauchten die anderen Mädchen auf. Sie schienen etwas weniger überrascht bei dem Anblick des Rehs. Ich hatte ihnen ja schließlich gesagt, dass ich auf die Jagd gehen wollte. Rubinia trat vor. “Victoria, räumst du bitte deine Essensreste weg.”, sagte sie ohne die Miene zu verziehen. “Und dann kommt ihr beide rein. Wir haben so einiges zu besprechen.”

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