Kapitel 13. Alex

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Diese Nachricht war ein echter Schlag in den Bauch. Es war mir zwar klar gewesen, dass die Reise möglicherweise gefährlich werden könnte, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich mich für diese Sache so weit von meiner Familie entfernen musste. Alle anderen schienen mit der Sache ganz gut klar zu kommen. Victoria war es anscheinend egal wie weit sie reisen musste. Sie schien sogar ein klein bisschen erleichtert, dass die Reise weitergehen würde. Meyra schien zwar etwas verunsichert, aber da sie eine Kriegerin war, war sie das Reisen wohl gewöhnt und sie schien auch keine Angst zu haben. Rubinia war es vermutlich ziemlich egal, wie weit sie reisen musste. Klar, für sie führte dieser Weg ja auch nach Hause. Die einzige, die fast genauso nervös war wie ich, war Summer. Das wunderte mich. Sie hatte doch nichts zu verlieren. Ich hatte mich schon immer gefragt, was sie hier hielt. Sie hatte hier keine Familie und Hexen waren eigentlich von Natur aus Wanderer. Trotzdem schien sie nervös ihre kleine Hütte verlassen zu müssen. Während die anderen schon Reisepläne machten, saß sie still in der Ecke. Ich ging zu ihr hinüber. “Hey, alles okay? Du musst nicht mitkommen. Das weißt du, oder? Niemand wird dich dazu zwingen.” Aus ihren Gedanken gerissen blickte sie auf. “Nein ich will mitkommen, ehrlich. Aber ich mache mir sorgen. Weißt du, es ist nicht so, dass ich von einen Tag auf den anderen weggehen könnte, ohne dass das Folgen hätte.”, antwortete sie. Sie musste meinen verdutzten Gesichtsausdruck bemerkt haben, den sie nahm meine Hand und zog mich mit sich. “Komm mit. Ich will dir etwas zeigen.” Schon führte sie mich um die Hütte herum. Vorbei an der Regenbogeneiche, zu einem kleinen Holzverschlag. Endlich standen wir vor einer Tür, die mit mehreren Schlössern versiegelt war. Summer zog eine Kette unter ihrem Kleid hervor an der viele kleine Schlüssel hingen, mit denen sie jedes Schloss öffnete. Die Tür schwang knarzend auf. Ein seltsamer Geruch schlug mir entgegen. Das erste was ich dachte war Fisch. Fauliger, stinkender Fisch. Aber da war noch etwas anderes. Ein Geruch, den ich kannte. Ich hatte ihn schon mehrmals gerochen. Eine Erinnerung blitzte in meinem Kopf auf. Meine Tante June, die mein Vater und ich öfters im Nachbardorf besucht hatten, bis sie leider schwer erkrankt und schließlich verstorben war. Ihr gesamter Besitz war an ihre Kinder gegangen, bis auf eines. Ihre Katze. Tante June hatte in ihrem Leben viele Katzen besessen, doch Murle hatte sie besonders geliebt. Murle, ja das war es. Hier roch es definitiv nach Murle. Ich hatte den Geruch von Murles Fell immer gern gemocht, selbst wenn die Katze selbst mich nicht leiden konnte. Tante June meinte das läge am Fluch, doch ich wusste, dass es daran lag, dass Murle einfach niemanden außer Tante June mochte. Selbst die netten Nachbarskinder, die ihm immer Fisch gebracht hatten, hatte er angefaucht. Als ich nun seinen typischen Katzenduft roch, stürmten tausend Erinnerungen auf mich ein. “Eine Katze.”, rief ich aus. Summer sah mich verdutzt an. “Woher weißt du das?” “Der Geruch.”, antwortete ich, als wäre es das natürlichste auf der Welt, dass ich wusste wie Katzen rochen. Summer blinzelte nur ein paar Mal irritiert. “Na ja, was auch immer. Komm rein.”, sagte sie und hielt mir die Tür auf. Als ich den Raum betrat, wollte ich sofort umdrehen und rausrennen. Der Fischgestank war einfach schrecklich. Doch als ich weiter hineinging wurde es besser. Der Katzengeruch wurde immer stärker und obwohl ich fast nichts sehen konnte, blieb ich nach ein paar Metern stehen in dem Wissen, dass sich die Katze nun genau vor mir befand. Der Duft war nun nahezu überwältigend. “Summer, züchtest du hier etwa eine ganze Farm Katzen?”, stieß ich halb erstaunt, halb schockiert aus. “Nein, nur eine große.”, antworte Summer und ihrer Stimme konnte ich entnehmen, dass sie lächelte. Ein Licht flammte neben mir auf. Anscheinend ein Zauber von Summer und als ich aufblickte, verstand ich, was sie mir hatte zeigen wollen. Vor mir war nicht wie erwartet eine kleine, süße Katze zu sehen. Um ehrlich zu sein, sah ich fast nichts. Das einzige, was ich sehen konnte, war eine riesige Fellwand. Automatisch trat ich einen Schritt zurück und nun konnte ich auch erkennen, wem das Fell gehörte. Unmittelbar vor mir lag eine riesige lilane Katze. Allein die Ohren des Tieres waren dreimal so groß wie mein Kopf. “Summer…”, stieß ich hervor, “Was ist das?” “Das ist Alwis. Ich hab ihn vor ein paar Jahren als kleines Kätzchen auf der Straße gefunden. Er hat mir leid getan und deshalb habe ich ihn mitgenommen. Damals war er nicht so groß. Er ist erst so geworden als ich einen Zauber an ihm ausprobiert habe, der eigentlich nur dafür sorgen sollte, dass er nicht so schnell altert. Aber irgendetwas muss schief gelaufen sein. Er altert zwar tatsächlich langsamer, aber der Zauber hat auch seine Größe verändert wie man sieht. Verstehst du nun warum ich nicht mitkommen kann? Ich kann Awis doch unmöglich alleine lassen.” Summer sah mich verzweifelt an. “Beruhige dich Summer. Ganz sicher, dass es keine Möglichkeit gibt Awis irgendwie mitzunehmen? Kannst du ihn vielleicht irgendwie schrupmfen?”, fragte ich, unsicher ob ich überhaupt wollte, dass Awis mitkommt. “Natürlich bin ich mir sicher. Ich habe ja schon alles versucht. Aber selbst wenn ich eine Möglichkeit gefunden hätte, wären die anderen bestimmt nicht allzu begeistert eine Katze auf unseren kleinen Ausflug mitzunehmen.”, sagte Summer verzweifelt. “Blödsinn, die anderen würden Awis lieben. Ich glaube, dass du ihn ja vielleicht sogar mitnehmen kannst. Auch in seiner jetzigen Größe. Was soll schon passieren? Klar, die Leute werden uns anglotzen, aber was solls. Das würden sie sowieso.”, sagte ich in möglichst zuversichtlichem Tonfall. Ich hatte ja schon erwähnt, dass mir etwas unwohl bei unserem Vorhaben war, aber ohne Summer würde ich das garantiert nicht durchstehen. Sie musste einfach mitkommen. Summer war so ziemlich meine beste Freundin, obwohl ich sie nur selten sah. Ich brauchte sie einfach, deshalb musste ich dafür sorgen, dass Alwis mitkam. Egal wie schwierig es werden würde. Plötzlich ertönten Stimmen hinter uns. “Und du bist dir ganz sicher, dass sie im Garten sind, Victoria?” Das war eindeutig Meyras Stimme. “Natürlich bin ich mir sicher. Da siehst du. Bei dem Schuppen da drüben steht die Tür offen. Glaubst du mir nun?”, fauchte Victorias Stimme zurück. “Nun beruhigt euch doch. Ehrlich, ihr zwei sei schlimmer als mein Dad und König Koray.”, versuchte Rubinias Stimme die zwei anderen zu beschwichtigen. “Ach ja, Mondkönig Koray und dein Vater führen seit Jahrtausenden Krieg und mit denen vergleichst du uns?!”, schoss Meyra zurück. “Okay, war ein blöder Vergleich. Aber trotzdem, reißt euch mal zusammen.” Und schon kamen die drei durch die Tür. “Da seid ihr ja. Wir haben schon nach euch gesucht. Es ist schon spät. Wir sollten schlafen gehen, damit wir morgen früh aufbrechen können.”, sagte Rubinia. “ Was macht ihr überhaupt hier”, fragte Meyra. “Ach, wir haben bloß was besprochen.” Ich trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Anscheinend war es zu dunkel, so das die drei Awis für die Wand hielten. Auch Summer war sichtlich nervös angesichts der Katze, die da hinter uns lag. Sie hüpfte nervös von einem Bein auf das andere und da geschah das Unglück. Als sie stolperte um sich abzufangen, griffen ihre Hände nach Awis und bekamen das Fell zu fassen. Tatsächlich konnte sie ihren Sturz abfangen, doch dabei zog sie ziemlich heftig an Awis’ Fell. Wir hielten beide kurz die Luft an. Würde Awis aufwachen. Nachdem 20 Sekunden nichts geschah, traute ich mich aufzuatmen. “Alles okay, Summer? Bist du hingefallen?”, fragt Rubinia besorgt. “Alles okay. Ich…” Summer wurde mitten im Satz von Meyras Kriegerschrei unterbrochen. Sie stürzte nach vorn, während Rubinia schrie: “Achtung! Da ist ein Auge hinter euch!” Auch Victoria stürzte nun vorwärts auf Awis zu und ich befürchtete das Schlimmste.

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