Blindlings stürzte ich hinter Jayden her, rannte so schnell ich konnte immer weiter ins Territorium hinein. Er jagte in hohem Tempo zwischen den Bäumen hindurch und vergewisserte sich mit einem kurzen Blick über die Schulter, ob ich folgen konnte. „Denk' nicht daran, dich ihnen zu stellen.", warnte er mich mit einem neckischen Grinsen. Ich schüttelte den Kopf, konzentrierte mich darauf, rhythmisch ein- und auszuatmen um Ausdauer zu sparen.
Ob man Jäger oder Opfer war spielte keine Rolle, das Ende einer Jagd wurde unter anderem durch die körperlichen Fähigkeiten bestimmt. Damit war nicht nur die Schnelligkeit und Geschicklichkeit ausschlaggebend, sondern vor allem, wie ausdauernd man war. Sollte einem von uns die Lungen brennen, weil wir im falschen Rhythmus nach Luft geschnappt hatten, konnte uns dies den Sieg des Laufs kosten - oder das Leben.
Trotz dessen, dass ich für Rache brannte, dafür was meinem Rudel angetan worden war, fürchtete ich die weitaus überlegende Kraft unserer Verfolger um einiges mehr und beschleunigte meine Flucht aufs Äußerste. Die Bäume zogen wie schemenhafte Schatten an mir vorbei und der Boden unter mir schien zu einer braunschwarzen Masse zu verschwimmen, so schnell fegte ich darüber hinweg. Wir nutzten moosverhangene Steine und aus der Erde ragende Wurzeln aus, um die Streuner abzubremsen, doch ohne wirklichen Erfolg.
Castor hatte die Führung der Gruppe übernommen und lief in großen Schritten auf uns zu. Masons Blick traf den meinen einige Sekunden lang und ein hämisches Lachen zog sich über seine Lippen. Ich blickte nach vorn und konzentrierte mich weiterhin auf meine Atmung, stellte fest, dass mein Körper mit der Schnelligkeit gut klarkam. Die Strapazen der letzten Monate, die ich alleine in der Wildnis verbracht hatte, hatten zwar ihren Tribut abverlangt, doch sie waren vermutlich das beste Training gewesen, dass ich je hätte erhalten können.
Jayden, der mich durch den mir fremden Wald führte, wandte den Kopf ruckartig zur Seite und auch ich vernahm das Geräusch von fließendem Wasser. Zeitgleich bogen wir scharf nach links ab und rannten weiter, bis ich das Flussufer erkennen konnten.
„Schaffst du das?", rief er mir zu. Seine Brust hob und senkte sich rasend, ich hörte das Pochen seines laut schlagenden Herzens. Mein Blick glitt über das dunkle, tiefe Wasser und ich versuchte, die Entfernung bis zum anderen Ufer einzuschätzen. Ebenso gut wusste ich, dass wir keine andere Wahl hatten. Der Sprung über den Fluss würde die Darkblood-Jäger hoffentlich für ein paar Sekunden aufhalten und diese paar Sekunden konnten darüber entscheiden, ob wir lebend im Lager ankamen oder nicht.
Entschlossen rannte ich auf das Wasser zu, verbannte die Erinnerungsfetzen der tosenden Wellen, die mich in der Schlucht in ihre Gewalt gebracht hatten. Ich war den Streunern schon einmal entkommen - ich würde es wieder können. Ich trat auf den Ufersand, an dem ich mich abstieß und unter mir das dunkle Wasser vorbeirauschen sah. Ich hatte die Entfernung richtig eingeschätzt und kam etwa einen Meter vom Fluss entfernt auf der anderen Seite auf.
Ein Schatten huschte neben mir auf und erleichtert dachte ich, dass Jayden und ich nun eine Spur sicherer waren. Bis der beißende Geruch mich einholte und ich mich erschrocken umdrehte. Es war nicht Jayden, sondern Dan, der knapp hinter mir über den Fluss gesprungen war. Sogleich packte er mich und drückte mich mit aller Kraft zu Boden.
Triumph leuchtete in seinen bernsteinfarbenen Augen auf, da er genauso gut wie ich wusste, dass er stärker war als ich. „Castor, ich hab die Kleine!", rief er seinem Gefährten lachend zu, wobei sein Griff um meine Schultern ein wenig lockerer wurde. Wütend stemmte ich mich hoch und schlug meine Nägel in seinen Arm, bis sich kleine, dunkelrote Tropfen bildeten. Abfällig schnaubte er und ließ die Faust nieder. Ich duckte mich unter ihr hinweg und spürte einen dumpfen Schmerz an der Schulter, die er getroffen hatte.
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Wolves - Silberblut
Fantasia~ Wir sollten keine Angst haben etwas zu riskieren, wenn wir die beschützen wollen, die uns wichtig sind ~ Mein Name ist Alexa Haze und vor drei Monaten war ich noch eine Jägerin in einem der mächtigsten Werwolfsrudel in Shadow Hills. Bis mir in ein...